Glücksboten
mehr als das.«
»Haben Sie einen Termin beim Pfarrer vereinbart?«
Perdita nickte. »Ich bin deswegen ein wenig nervös. Kitty war nicht auf konventionelle Weise fromm. Und obwohl sie den Garten immer wieder für Gemeindefeste geöffnet hatte, war das zu einer Zeit, als dieser Pfarrer noch nicht hier war. Er kommt zum Tee rüber.« Sie sah auf ihre Uhr. »Was bedeutet, dass ich das hier aufessen und mich schleunigst wieder ans Werk machen muss.«
Thomas schnalzte mit der Zunge. »Sie werden jetzt hübsch ihr Mittagessen verzehren. Sie tun sich nichts Gutes, wenn Sie es einfach herunterschlingen. Am Ende ziehen Sie sich noch einen Zwerchfellbruch zu, und das wollen Sie in Ihrem Alter bestimmt nicht.«
»Das will ich in keinem Alter, da bin ich mir ganz sicher«, antwortete sie mit vollem Mund.
»O doch, ich habe Mrs Anson einmal kennen gelernt«, bemerkte der Pfarrer, der jung und unordentlich war und Perdita bat, ihn John zu nennen. »Es war bei einem Gemeindefrühstück im Dorf. Sie war wunderbar - ungeheuer charmant.«
»Ihr Glaube war nicht direkt konventionell, fürchte ich.«
»Da gibt es nichts zu fürchten. Wir haben lange über ihren Glauben geredet, und ich muss zugeben, das Gespräch hat mir großen Spaß gemacht, obwohl Mrs Anson mich in vielen Dingen herausgefordert hat, die ich gerade für meine Stärken hielt.«
Perdita kicherte. »Ich hoffe, sie hat Sie nicht vor den Kopf gestoßen. Sie hat viel über spirituelle Dinge nachgedacht, aber ihre Vorstellungen passten nicht in die gute alte Kirche von England.«
»Nein, aber Sie waren mir vertraut genug, um mich in die Lage zu versetzen, Mrs Anson ohne allzu große Bedenken zu beerdigen. Sie hat eine Grabparzelle, sagen Sie?«
»Ja. Als ihr Mann starb, hat sie ein ›Plätzchen für zwei‹ gekauft, wie sie es ausdrückte. Wenn Sie wollen, zeige ich Ihnen die Stelle.«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht nötig, ich kann das in den Unterlagen nachsehen. Also, haben Sie über Lieder, Musik, Lesungen und solcherlei Dinge nachgedacht? Vielleicht haben Sie sogar mit Mrs Anson darüber gesprochen.«
»Versucht hab ich es, aber sie wollte eigentlich nicht darüber nachdenken. Ich glaube, sie hatte das Gefühl, Beerdigungen seien etwas für die, die zurückbleiben, und es sei an Ihnen, die diesbezüglichen Entscheidungen zu treffen.« Perdita seufzte. »Es ist wirklich ein Jammer. Es hätte mir so viel Mühe gespart.«
»Möchten Sie etwas vorlesen? Oder eine Rede halten? Sie könnten sich ein paar Sätze über Mrs Ansons Leben aufschreiben und denen, die sie nur im Alter kannten, erzählen, was sie in jüngeren Jahren getan hat. Ich wette, das war interessant.«
»Das war es natürlich auch, und es würde mir nichts ausmachen, etwas zu schreiben, aber ich kann das unmöglich in der Kirche laut vorlesen. Ich würde hysterisch schluchzen, und Kitty wäre dann so enttäuscht von mir. Sie würde sagen - sie hätte gesagt -, dass es besser sei, es jemand anderen vorlesen zu lassen.«
»Das ist kein Problem. Dann lassen Sie es von jemand anderem vorlesen.«
»Aber von wem? Wer würde das übernehmen?«
»Es wäre natürlich besser, wenn es jemand täte, der sie gut kannte. Warum sprechen wir nicht erst einmal über die Musik, und vielleicht fällt Ihnen dann noch jemand ein, oder irgendjemand meldet sich freiwillig?«
»Ich muss zugeben, Sie machen das alles so schmerzlos wie möglich, aber ich bin mir nicht sicher ...« Dann hellte sich ihre Miene auf. »Sie mochte das Lied ›Ich weiß, dass mein Erlöser lebt‹ besonders gern.«
»Sehr passend. Hatte sie eine Lieblingsaufnahme davon, die Sie vielleicht gern benutzen würden? Wenn Sie wollen, gäbe es auch eine Frau in unserem Chor mit einer wunderbaren Sopranstimme, die letztes Jahr mit einem anderen Chor den Messias gesungen hat. Sie wäre sicher überglücklich, einspringen zu können.«
»Das wäre schön. Ich halte nicht allzu viel von Musikkonserven in der Kirche. Was ist mit den Liedern? Ich möchte auf keinen Fall ›Ewiger Vater ...‹ haben.«
Der Pfarrer übertrug Perdita die Aufgabe, einen Text über Kitty zu schreiben und, schlimmer noch, jemanden zu finden, der ihn vorlesen konnte. Sollte sie jemanden aus Kittys eigener Generation darum bitten? Oder vielleicht Lucas, der sich in der Kirche Gehör verschaffen und kaum in Tränen ausbrechen würde, und den Kitty sehr, sehr gern gehabt hatte?
»Ich nehme nicht an, dass Sie es übernehmen würden, Thomas?«, fragte sie den Pfleger beim
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