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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nicht dauernd mit mir selbst beschäftigen musste.
    »Wie sieht es aus?«, fragte Jay und sah mich direkt an.
    »Erst das Geld.«
    »Okay.« Er gab mir ein Bündel Scheine, und ich zählte nach. Er hatte mir das Geld für zehn Stunden zum doppelten Tarif gegeben, wie er versprochen hatte.
    »Fahren wir jetzt zu Waynes Haus?«
    »Einbruch ist nicht mein Ding.« Na ja, manchmal schon. Es ist gegen das Gesetz, aber was wäre das Leben ohne den einen oder anderen kleinen Adrenalinstoß?
    »Keine Angst, ich habe den Schlüssel.«

4
    W ir fuhren in Jays Auto, einem dreißig Jahre alten Jaguar, wie sich herausstellte. Hätte ich mir auch denken können. Einen Jaguar-Oldtimer fahren »Geschäftsleute«, die immer irgendwelche obskuren Pläne schmieden und gelegentlich kleine Unstimmigkeiten mit dem Finanzamt haben.
    Ich schaltete mein Handy wieder an, dann feuerte ich einen Haufen Fragen auf Jay ab.
    »Hatte Wayne Feinde?«
    »Die Friseurinnung war hinter ihm her wegen Verbrechen gegen das Haar.«
    »Nimmt er Drogen?«
    »Soweit ich weiß, nicht.«
    »Hatte er sich Geld von unabhängigen Finanzexperten geliehen?«
    »Meinst du von Kredithaien? Keine Ahnung.«
    »Woher weißt du, dass er freiwillig abgehauen ist?«
    »Wer würde ihn denn entführen wollen? Ich bitte dich.«
    »Du bist wohl nicht besonders begeistert von ihm.«
    »Ach, so schlecht ist er nicht. Ein bisschen zu intensiv vielleicht.«
    »Wann hat das letzte Mal jemand von euch mit ihm gesprochen?«
    »Gestern Abend. Ich habe ihn um acht Uhr gesehen, und John Joseph hat um zehn mit ihm telefoniert.«
    »Und heute Morgen ist er nicht zur Probe gekommen?«
    »Genau. Und als ich heute Abend bei ihm vorbeigefahren bin, war er nicht zu Hause.«
    »Woher weißt du das? Bist du ins Haus gegangen? Du bist in das Haus eines anderen gegangen, als der nicht da war? Meine Güte, du bist wirklich dreist.«
    »Du bist doch diejenige, die beruflich bei anderen Leuten einbricht.«
    »Nicht bei meinen Freunden.«
    »Das habe ich doch nur gemacht, weil ich besorgt war.«
    »Wieso hast du einen Schlüssel?«
    »Musiker. Muss man an der kurzen Leine halten. Ich habe von allen Laddz die Schlüssel. Und den Code für ihre Alarmanlagen.«
    »Was meinst du, wo Wayne hin ist?«
    »Keine Ahnung, aber ich konnte seinen Pass nicht finden.«
    »Ist er bei Twitter?«
    »Nein. Er hält sich lieber zurück.« Jays Stimme war voller Verachtung.
    »Facebook?«
    »Schon. Aber seit Dienstag hat er nichts mehr gepostet. Er ist allerdings auch nicht einer von denen, die jeden Tag was reinstellen.« Wieder mit Verachtung.
    »Wenn er irgendwas, egal was, postet, sag mir sofort Bescheid. Ach, und ich brauche ein möglichst neues Foto von ihm.«
    »Kein Problem.« Jay warf mir eins in den Schoß.
    Ich blickte nur kurz darauf und warf es ihm zurück.
    »Was soll ich denn mit seinem Pressefoto? Wenn du willst, dass ich ihn finde, dann muss ich wissen, wie er aussieht.«
    Jay warf mir das Bild wieder zu. »So sieht er aus.«
    »Kunstbräune? Grundierung? Föhnfrisur? Eingerastetes Grinsen? Kein Wunder, dass er weggelaufen ist.«
    »Vielleicht ist im Haus eins«, sagte Jay. »Eins, das realistischer ist.«
    »Was hat er in den letzten Jahren gemacht? Seit seine Neuerfindung gescheitert ist?« Darüber habe ich mir oft Gedanken gemacht – was wird aus Boygroups, wenn ihre Zeit vorbei ist?
    »John Joseph hat ihm immer mal wieder Arbeit zugeschoben. Als Produzent.«
    John Joseph Hartley, der Süße. Keiner weiß, wie er es geschafft hat, aber in den letzten Jahren hatte er die Schande, einst Mitglied in einer Boygroup gewesen zu sein, abgeschüttelt und sich eine neue Karriere als Produzent gezimmert. Allerdings Produzent für niemanden, von dem man schon mal gehört hatte – auf einen Anruf von Kylie konnte er lange warten –, und die meisten seiner Aufträge kamen aus dem Nahen Osten, wo sie vielleicht nicht so wählerisch waren.
    Aber anscheinend fuhr er damit nicht schlecht. Erst kürzlich hatte er unter enormem Blitzlichtgewitter seitens der Presse eine der Künstlerinnen, die bei ihm unter Vertrag waren, eine Sängerin aus dem Libanon – oder war es Jordanien? Jedenfalls irgendwo da in der Gegend – geheiratet. Eine dunkeläugige Schönheit namens Zeezah. Einfach nur der eine Name, wie Madonna. Oder, wie meine Mutter sagen würde, Hitler. Meine Mutter hatte es hart getroffen, dass ein irisches Mädchen nicht gut genug für John Joseph war, obwohl Zeezah vorhatte, vom Islam zum Katholizismus zu

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