Glücksfall
konvertieren. Sie und John Joseph hatten sogar ihre Flitterwochen in Rom verbracht, um ihre guten Absichten zu demonstrieren.
Jedenfalls war Zeezah in Ägypten und anderen Ländern ein Riesenstar, und John Joseph hatte vor, sie auch in Irland, England und dem Rest der Welt ganz groß rauszubringen.
»Kann es sein«, sagte Jay gedehnt und deutete einen Themenwechsel an, »dass du zurzeit einen neuen Lover hast?«
Ich verschloss meinen Mund zu einer schmalen Linie. Woher wusste er das? Und was ging es ihn an?
»Gar nicht so neu«, sagte ich. »Es sind schon fast sechs Monate.«
»Sechs Monate«, sagte Jay mit gespielter Ehrfurcht. »Meine Güte.«
Ich sah ihn an. »Du hast es nicht gewusst, oder? Das war ein Schuss ins Blaue.«
»Doch, ich wusste es«, beharrte er.
Aber er hatte es nicht gewusst. Ich hatte mich von ihm linken lassen. Mal wieder.
»Wir könnten sein Haus von den Mobilfunkmasten aus überwachen lassen«, sagte Jay.
»Wessen Haus? Arties? Ich könnte ihn einfach anrufen, wenn du ihn unbedingt kennenlernen willst.«
»Quatsch, ich meine natürlich Waynes.«
»Du hast zu viele Filme gesehen.«
»Wieso?«
»Dafür braucht man eine Genehmigung. Von den Männern in blauer Uniform.«
»Können wir rausbekommen, wo er in den letzten sechsunddreißig Stunden seine Kreditkarte oder einen Geldautomaten benutzt hat?«
»Schon möglich.« Ich überlegte. Ich wusste noch nicht, ob ich diesen Auftrag annehmen würde. Je weniger ich sagte, desto besser. »Dazu musst du in seinen Computer reinkommen. Weißt du zufällig sein Passwort?«
»Nein.«
»Na, überleg mal.« Vielleicht war Wayne einer von den vertrauensseligen Menschen, die ihr Passwort auf einem gelben Post-it neben der Tastatur kleben hatten. Vielleicht aber auch nicht.
»Kennst du keinen Hacker?«, fragte Jay. »So einen jungen Typen, ein Genie in Skater-Klamotten, der irgendwo in einem versteckten Keller mit achtzehn Rechnern haust und die Computeranlage im Pentagon knackt, einfach nur so zum Spaß?«
»Wie schon gesagt, du hast zu viele Filme gesehen.«
5
W enn Leute erfahren, dass ich Privatdetektivin bin, sind sie gewöhnlich beeindruckt, manche finden es sogar aufregend, aber sie haben keine Ahnung. Es kommt nur selten vor, dass jemand versucht, mich zu erschießen. In Wirklichkeit ist es erst zweimal vorgekommen, und ehrlich gesagt ist es nicht halb so lustig, wie es klingt.
Dass eine Frau diesen Beruf ausübt, finden die Leute doppelt aufregend. Jeder erwartet, dass ein Schnüffler ein Mann ist, gut aussehend, ein bisschen verlottert, mit einem Alkoholproblem und drei Exfrauen, gewöhnlich ein pensionierter Polizist, der unter eher undurchsichtigen – aber eindeutig ungerechten – Umständen aus dem Dienst ausgeschieden ist.
Aber während es viel zu wenig gut aussehende und leicht verlotterte Privatdetektive gibt, laufen mehr als genug ehemalige Polizisten herum, viel zu viele, um ehrlich zu sein. Anscheinend ist es der natürliche Gang der Dinge, wenn sie den Polizeidienst verlassen: Sie sind es gewöhnt, überall ihre Nase reinzustecken, und wenn sie zu ihren alten Kollegen noch guten Kontakt pflegen, haben sie Zugang zu allen möglichen Informationen, an die Leute wie ich nicht rankommen. Wenn ich wissen will, ob jemand aktenkundig geworden ist, muss ich mich auf Vermutungen und Spekulationen stützen, aber die Burschen rufen einfach ihren alten Kumpel Paudie O’Flatfoot an, der den Computer anschaltet und ihnen genaue Auskunft gibt.
Doch in jeder anderen Hinsicht sind ehemalige Polizisten hoffnungslos als Privatdetektive. Das Allerletzte. Ich glaube, das liegt daran, dass sie es gewohnt sind, die volle Macht des Gesetzes hinter sich zu haben und nur ihre Plakette zu zeigen, und schon tun die Leute, was sie ihnen sagen.
Sie tun sich schwer mit dem Übergang ins normale Leben, wo die Menschen ihnen keinerlei Auskunft schuldig sind. Wenn man möchte, dass Leute einem etwas erzählen, und man dafür weder einen Durchsuchungsbefehl noch eine Polizeiplakette vorweisen kann, dann braucht man Charme. Dann muss man Feingefühl beweisen. Dann muss man raffiniert sein. Dann kann man sich nicht in Schuhen Größe achtundvierzig vor den Menschen aufbauen, ein Schinkensandwich in der Tasche, und sie mit Fragen bombardieren.
Und wenn es darum geht, jemandem nachzuspüren, sind ehemalige Polizisten gänzlich untauglich. Sie steigen einfach nicht aus dem Auto – zu dick? zu faul? –, aber manchmal muss man das, besonders außerhalb
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