Glücksfall
weinte.
»Mist«, zischte ich, sprang aus dem Bett und suchte meine Sachen zusammen. »Das ist Bella.«
Wenn Bella vermutete, dass wir manchmal nachts zusammen schliefen, war das eine Sache, aber uns mitten am Tag zusammen im Bett zu entdecken, war eine ganz andere.
»Dad«, weinte Bella.
»Mr. Devlin«, rief eine Männerstimme. »Sind Sie zu Hause?«
Artie zog sich an, und auf sein Gesicht trat eine gewisse Härte. Überdruss. Als fragte er sich, ob es das alles wert sei.
Bella war vom Baum gefallen. Der Vater ihrer Freundin hatte sie nach Hause gebracht. »Es ist nichts passiert«, sagte er. »Nichts ist gebrochen. Vielleicht hat sie morgen ein paar blaue Flecken, aber sie hat sich sehr erschrocken.«
Ich blieb oben und lauschte. Ich wollte nicht runtergehen und vorgestellt werden. Mit meinem geschundenen Gesicht wäre das nicht gut. Überhaupt war es nicht gut: Ich war nicht Bellas Mutter, ich war nicht Arties Frau. Wie würde Artie mich und meine unordentliche Bekleidung einem völlig Fremden erklären? Es wäre nur zu offensichtlich, was wir getrieben hatten.
Ich beschloss, nicht zu bleiben. Außerdem hatte ich zu tun. Ich war mir nicht ganz im Klaren, was genau ich tun sollte, aber es fühlte sich nicht richtig an hierzubleiben. Ich sagte Bella schnell Hallo, verabschiedete mich knapp von Artie, dann setzte ich mich in mein Auto und fuhr los.
52
I ch wollte nicht wieder zu Waynes Haus fahren, falls Walter Wolcott noch da war, also fuhr ich eine Weile ziellos umher. Bis mir auffiel, dass meine vermeintliche Ziellosigkeit doch ein Ziel hatte: Ich fuhr Richtung Norden, nach Skerries, zu Birdie Salaman.
Von Zeezah kam eine Nachricht. Jay hatte ihr von dem Überfall auf mich erzählt. Sie äußerte ihr Mitgefühl und drückte ihre Sorge in dem Vorschlag aus, dass ich mit der Suche nach Wayne aufhören solle, wenn ich mich dadurch in Gefahr brächte. Mein Misstrauen war sofort geweckt.
Dank der sprechenden Landkarte fand ich Birdies Haus mit Leichtigkeit. Es war ein kleines neues schachtelartiges Haus in einer Siedlung von kleinen neuen schachtelartigen Häusern, aber irgendwie wirkte das von Birdie hübsch und freundlich. Die gelbe Haustür schien frisch gestrichen, und rechts und links davon hingen zwei Ampeln mit üppig blühenden Sommerpflanzen.
Noch bevor ich das Auto abgestellt hatte, sagte mir mein Instinkt, dass sie nicht da sein würde. Ihr Auto war nirgendwo zu sehen. (Über eine nur ganz geringfügig illegale Fahrzeug-Registrierungssuche hatte ich herausbekommen, dass sie einen gelben Mini fuhr. Ein Auto, das meine Zu stimmung fand, obwohl es streng genommen nicht schwarz war.)
Ich stieg trotzdem aus und klingelte an ihrer Tür. Wie erwartet machte niemand auf; das Haus strahlte Stille aus. Ich wagte einen raschen Blick durch das Fenster in ihr Wohnzimmer. Sehr schöner Holzfußboden, sehr schön. Eine Sitzgarnitur, nicht von derselben hohen Qualität wie der Fuß boden. Nicht schrecklich oder so, einfach nur na ja . Offenbar war ihr ganzes Budget für den Fußboden draufgegangen. Trotzdem, der allgemeine Eindruck war angenehm. Eine Lichterkette war um einen Spiegel drapiert, und im Zimmer verteilt standen strotzende Grünpflanzen in hübschen gepunkteten Übertöpfen.
Möglichst unauffällig und in der Hoffnung, nicht die Aufmerksamkeit von Birdies Nachbarn zu wecken, ging ich am Haus entlang nach hinten. Die Küchenfenster waren hoch, wie das oft der Fall ist, und ich musste in die Luft springen, um hineinsehen zu können. Alles von Ikea. Weiße Einbauschränke. Nicht über die Maßen schön, aber keine Katastrophe.
Ich machte wieder einen Satz und erspähte einen ovalen Esstisch mit Holzfurnier und vier gelbe Stühle – offensichtlich war Gelb eine von Birdies Lieblingsfarben, und im Farbenspektrum gesehen war Gelb keine schlechte Farbe –, und über einem hing eine gepunktete Schürze.
Bei einem dritten Luftsprung sah ich ein Keramikgefäß für Kekse auf einem Bord und an der Wand ein Ölbild von einem Muffin. Nicht mein Geschmack, aber ich hatte schon Schlimmeres in Häusern gesehen, viel Schlimmeres.
Ich fand, ich hatte genug Luftsprünge gemacht. Mein verletztes Knie vertrug nicht mehr, außerdem gab es nichts Interessantes zu sehen.
Ich hätte gern gewusst, wie es oben im Haus war. Hatte sie den mädchenhaften Stil noch weiter vorangetrieben? Hatte ihr Bett einen rosa Musselinhimmel? Oder schätzte ich sie ganz falsch ein? War ihr Schlafzimmer kühl und elegant und
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