Glücksfall
muss vom Laufen und von den ganzen Sit-ups kommen. Ich kann alles genau fühlen.« Eine Linie Haare, die dunkler waren als sein übriges Haar, verlief vom Bauchnabel zu seinen Schamhaaren, und ich strich langsam an ihr entlang, fast ein wenig verwundert.
Ich ließ mich auf ihn herab, er hielt meinen Po in den Händen, ich bewegte mich auf ihm. Wir sahen uns an, und ich kam damit klar, ich konnte die Intimität aushalten, wenigstens solange ich voller Leidenschaft war, und es ging mir ein bisschen besser, weil ich wusste, dass ich kein totaler Freak war.
Er wartete, bis ich ein zweites Mal kam, dann gab er alle Zurückhaltung auf, bebte und stöhnte, schrie beinahe. Nor malerweise war er ein so beherrschter Mann, so diskret in seinem Beruf, so umsichtig mit seinen Kindern, und ihn so wild und losgelöst von allem zu sehen war aufregend.
Er zog mich an sich und war im nächsten Moment eingeschlafen. Als er zehn Minuten später aufwachte, war er ein bisschen verwirrt und benommen.
»Kaffee?«, fragte ich. »Ich würde sogar nach unten gehen und dir einen machen, so sehr mag ich dich.«
»Obwohl du warme Getränke nicht magst.« Er gähnte.
»Was?«
»Das war mit das Erste, was du zu mir gesagt hast, damals in meinem Büro. ›Ich halte nicht viel von warmen Getränken.‹«
»Und was hast du da gedacht?« Wir hatten dieses Gespräch schon unzählige Male geführt, aber ich mochte es immer wieder.
»Ich dachte, du bist die interessanteste Frau, die ich bisher kennengelernt hatte.«
»Und? Möchtest du, dass ich dir einen Kaffee mache? Mein Angebot steht.«
»Nein, ich mache später einen, ich will dich jetzt noch nicht gehen lassen.«
»Kannst du deinen Laptop holen? Er steht auf dem Fußboden.«
Er streckte sich danach und wäre fast aus dem Bett gefallen, brachte aber den Laptop triumphierend hoch. Ich musste gar nicht sagen, was ich wollte. Ich wollte den Booker-Preis-Gewinner mit seinen Frauenhaaren auf YouTube sehen.
Schläfrig und entspannt sahen wir uns mehrere Interviews mit dem Mann an und lachten über seine Haare. Dann sahen wir uns Hunde an, die einen Tanz vorführten, und Katzen, die »Stille Nacht, Heilige Nacht« miauten, dann Pferde, die eine Szene aus Goodfellas nachspielten, schließlich noch einmal den Schriftsteller mit den irren Haaren.
Mir schien es, als wären wir lange nicht mehr so entspannt zusammen gewesen. Wegen seiner Arbeit und seiner Kinder war es bestimmt zwei Wochen her, und in einem plötzlichen Aufflackern von Verärgerung sagte ich: »Wenn wir das doch nur immer machen könnten, wenn wir wollen.«
Nach einer langen Pause sagte Artie: »Ja …«
Ich wartete auf mehr, aber als nichts weiter kam, fragte ich: »Mehr hast du dazu nicht zu sagen? ›Ja …‹?«
»Ja. Ich habe ›Ja …‹ gesagt, weil ich damit meinte, ja, es wäre schön, wenn wir das immer machen könnten.«
Irgendwie fand ich die Antwort unbefriedigend.
Lange lagen wir schweigend nebeneinander, und es war nicht mehr ganz so harmonisch.
Dann sagte er: »Also.« Er klang plötzlich ganz anders, geschäftlich. »Wer ist Jay Parker?«
»Der Manager der Laddz.«
»Wer ist er?«
Ein Schuldgefühl – vielleicht war es auch Angst – durchfuhr mich, es war, als könnte Artie mir in die Seele blicken, als wüsste er, dass Jay Parker mich vor ein paar Stunden geküsst hatte, dass ich mir das einen Moment lang sogar gewünscht hatte. Ich drehte mich so, dass ich Artie ins Gesicht sehen konnte. »Er ist niemand.«
»Er ist nicht niemand.« Arties Ton war fast kalt, und ich schämte mich und kam mir dumm vor, weil ich versucht hatte, ihn zum Narren zu halten.
Ich wartete einen Moment, bevor ich sprach. »Ich hatte eine Affäre mit ihm. Nur kurz, drei Monate. Das ging vor einem Jahr zu Ende, und es war kein gutes Ende. Irgendwann erzähle ich es dir, aber nicht jetzt.«
»Wann dann?«
»Weiß ich noch nicht.«
»Gut.«
»Was heißt gut?«
»Heißt das, du willst auch nicht darüber sprechen, dass du deine Wohnung verloren hast?«
Darüber wollte ich ganz bestimmt nicht sprechen.
»Hör zu, Helen, vielleicht sollten wir …«, sagte Artie.
In dem Moment klingelte es an der Tür. Artie erstarrte. »Wir beachten es gar nicht«, sagte er. »Wahrscheinlich sind das irgendwelche armen Kerle, die uns einen neuen Vertrag fürs Kabelfernsehen andrehen wollen.«
»Vielleicht sollten wir was?«, fragte ich.
Dann hörten wir, wie die Haustür geöffnet wurde und jemand – wahrscheinlich Bella –
Weitere Kostenlose Bücher