Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
sicherlich am Morgen kommen.
    Dann bearbeitete ich das Foto von Wayne und Birdie, retuschierte Birdie weg und machte Wayne eine Glatze. Es wäre sinnvoll, ein Foto von Wayne zu haben, auf dem er aussah wie jetzt, mit kahl rasiertem Schädel. Leider war das Resultat nicht sehr befriedigend (sein Kopf hatte sich bei der Aktion etwas verformt), aber es müsste reichen. Ich würde es ausdrucken, sobald ich meinen Drucker angeschlossen hatte.
    Mit Birdie Salaman hatte ich mehr Glück – sie war bei Facebook. Sie hielt sich ziemlich bedeckt, aber es gab ein Foto, und sie war deutlich zu erkennen. Ich überlegte, ob ich eine Freundschaftsanfrage senden sollte. Oder sollte ich lieber warten, bis John Joseph mir ihre Nummer gab? Vielleicht könnte er mich ihr vorstellen. Aber Geduld ist wirklich nicht meine starke Seite, sodass ich lieber eine Anfrage abschickte – ich konnte mich einfach nicht bremsen.
    Wo ich schon dabei war, überprüfte ich auch gleich Wayne auf Facebook. Er war noch verschlossener als Birdie, nicht einmal ein Foto gab es von ihm. Ich schickte ihm auch eine Anfrage. Man konnte ja nie wissen.
    Dann wählte ich seine Handynummer. Es war nicht sehr wahrscheinlich, dass er zu dieser frühen Stunde drangehen würde, aber man konnte auch in diesem Fall nie wissen. Das Handy war abgeschaltet, und ich hinterließ keine Nachricht.
    Ich hätte gern Birdies Adresse gehabt – eine echte Adresse, keine virtuelle – für den Fall, dass John Joseph sich nicht mit ihrer Telefonnummer meldete. Es gab ein paar Möglichkeiten, die ich versuchen konnte. Dann hatte ich einen genialen Einfall: Ich würde einfach im Telefonbuch nachsehen! Die einfachsten Ideen sind immer die besten. Mein Telefonbuch lag zuunterst in einem der Kartons, in die ich mein Leben verstaut hatte, aber im Haus musste es auch irgendwo eins geben. Ich entdeckte es neben mehreren Dutzend Konservendosen mit Birnen und mindestens zweihundert Packungen von Club-Milk-Keksen – offenbar horteten Mum und Dad Vorräte für den Weltuntergang – und hatte Birdie innerhalb weniger Sekunden gefunden – eine Adresse und einen Festnetzanschluss. Sie lebte in Skerries, in North County Dublin, am Meer, nett, vielleicht war da das Abercrombie-&-Fitch-artige Foto gemacht worden. Am liebsten hätte ich sie sofort angerufen, aber die sicherste Methode, jemanden für immer zu vergraulen, bestand darin, ihn morgens um vier aus dem Bett zu klingeln.
    Noch eine letzte Suche. Ich durchforstete – was völlig legal war – die Grundbucheinträge, und sofern Wayne sich nicht hinter einer Gesellschaft verbarg, besaß er kein weiteres Eigentum, wenigstens nicht in Irland oder im Vereinigten Königreich, und konnte sich auch da nicht verstecken.
    Mehr konnte ich wirklich nicht tun, ich musste schlafen gehen. Ich stöpselte mein Handy ins Ladegerät, legte es neben mich – seine freundliche Präsenz war sehr angenehm – und machte die Augen zu.

12
    A lso. Artie Devlin. Unsere erste Begegnung lag schon eine Weile zurück, gut achtzehn Monate. Ich war in einer Ehegeschichte engagiert und versuchte, die komplizierten finan ziellen Manöver des untreuen Gatten zu entwirren, als mir jemand vorschlug, ich könnte mich an Artie Devlin wenden. »Er arbeitet im Bereich Finanzbetrug und Steuerhinterziehung, der versteht was von dieser multiplen Kontenführung.«
    Aber ich war nicht sonderlich interessiert, weil ich meine Sachen lieber allein rauskriegte – welchen Sinn hatte es, mein eigener Boss zu sein, wenn ich dauernd andere Leute um Hilfe bitten musste?
    Wenige Tage später wurde sein Name erneut erwähnt, und auch diesmal ignorierte ich ihn, denn ich glaubte nicht an Zufälle, ich glaubte nicht an Schicksal, und ich glaubte nicht an ein wohlwollendes Universum mit einem allumfassenden Plan.
    Dann fiel sein Name ein drittes Mal, und ich sagte: »Wer, um Himmels willen, ist dieser Artie Devlin, den mir alle aufdrängen wollen?« Anscheinend war er bei der Polizei, aber – wie mir jeder eiligst versicherte – keiner von den fettigen Schinkenspeck futternden Streifenpolizisten. Er arbeitete in einer Elitegruppe für Betrugsbekämpfung, und der banale Name der Einheit strafte die Gewichtigkeit der Aufgaben Lügen. Sein Gebiet war Steuerhinterziehung, Betrug und Vorteilsnahme großen Stils, er brachte Großbetrüger in Industrie und Wirtschaft zur Strecke.
    Artie Devlin trug keine Uniform und hatte auch keinen Schlagstock. Stattdessen verfolgte er Spuren auf dem Papier, er konnte

Weitere Kostenlose Bücher