Glücksfall
die die Rechtmäßigkeit von Forderungen überprüfen wollten – wie bei dem Mann mit dem »gelähmten« Bein, der trotzdem mühelos eine Badewanne auf einer Leiter ins Haus befördern konnte. Rückenprobleme kamen in diesen Fällen häufig vor. Beispielsweise wurden Forderungen eingereicht, dass jemand sechs Monate Bettruhe brauchte, nicht arbeiten konnte und verlangte, dass die Krankenversicherung die Kosten dafür übernahm. Also wurde ich losgeschickt, damit ich mich mit einer Videokamera in einer Hecke versteckte, in der Hoffnung, den Patienten bei lebhaftem Fußballspiel mit seinem Enkel und im Vollbesitz seiner Kräfte filmen zu können.
Dann ging einer meiner größten Auftraggeber pleite, und ich bekam es richtig mit der Angst zu tun. Ich musste als Bittsteller zu den Versicherungskonzernen gehen, die ich in meinen glorreichen Zeiten, als ich mich vor Aufträgen nicht retten konnte, abgewiesen hatte. Und da wir hier in Irland sind, erinnerten sich diese Firmen nur zu gut an die erfahrene Zurückweisung und genossen die Gelegenheit, mir in meiner schwierigen Situation die Tür vor der Nase zuzuknallen.
Nachforschungen für Versicherungen waren, um ehrlich zu sein, das, was ich an meiner Arbeit am wenigsten mochte. Ich mochte es, wenn ich ein Ergebnis vorlegen konnte, aber bei den Aufträgen der Versicherungen hatte ich mittlerweile ein ungutes Gefühl. Versicherungskonzerne sind böse, das weiß jeder. Sie zahlen nie, und wenn sie, was selten genug der Fall ist, nicht umhinkommen, eine winzig kleine Zahlung zu leisten, reicht es einfach nicht. Leute, die ihr Leben lang eine Hausratversicherung bezahlt haben in der Annahme, dass sie Hilfe erhalten, wenn sie in eine Notlage geraten, stellen in einem solchen Fall fest, dass sie sich schwer geirrt haben. Wird ihr Haus bei einer Sturmflut unter Wasser gesetzt, gehen die Besitzer zu ihrer Versicherung, und die findet wunderbarerweise eine Klausel im Vertrag, in der steht, dass die Versicherung, ja, stimmt, für Wasserschäden haftet, aber nur, wenn das Wasser nicht nass ist . Oder ähnlichen Unsinn.
(Douglas Adams sagt, Versicherungsforderungen seien der Beweis, dass Zeitreisen möglich sind, ja, dass sie sogar ständig vorkommen. Und so funktioniert es, sagt er: Man reicht seine Schadensersatzforderung ein, eine stinknormale Forderung wie etwa, weil einem das Fahrrad – das, nebenbei bemerkt, schwarz ist – gestohlen wurde, worauf die Versicherungsgesellschaft in der Zeit zurückreist und die ursprüngliche Police so ändert, dass sie die Haftung für den Diebstahl von Fahrrädern übernimmt, ausgenommen von schwarzen . Dann kommt die Firma zurück in die Gegenwart und schickt dem Versicherten einen schnippischen Brief, in dem es heißt: »Wir weisen Sie auf Klausel Nr. soundso in Ihrer Police hin, die uns von der Haftung für den Diebstahl von solchen Fahrrädern, die schwarz sind, enthebt, und angesichts der Tatsache, dass Ihr Fahrrad so schwarz ist wie unser Herz, brauchen wir Ihnen keinen müden Penny zu bezahlen. Wir verbleiben mit besten Wünschen.« Und man steht da und wird wahnsinnig und sucht die Police nach dieser Klausel ab und fragt sich: Wie kommt es, dass ich mich an diese verrückte Klausel über schwarze Fahrräder nicht erinnere? Ich hätte den Vertrag doch niemals unterschrieben, wenn ich das bemerkt hätte.)
Wie gesagt, sie sind böse , und es gab Momente, da hatte ich den Wunsch, mich auf die Seite des Klienten zu schlagen, der sorglos mit seinem Enkel Fußball spielte. Ich wollte mich davonschleichen und der bösartigen Versicherung berichten, dass besagter Klient bettlägrig war und nach Morphium verlangte. Nur, wenn man zu viele Berichte einreicht, die zugunsten des Klienten ausgehen, bekommt man keine Aufträge mehr – sie wollen ja nur Beweise dafür, dass sie betrogen werden –, und auch ich muss meine Rechnungen bezahlen. Vor die Wahl gestellt zwischen Mitgefühl und Cola light im Kühlschrank, blieb mir nichts anderes übrig, als mich für Cola light zu entscheiden. Nichts, worauf ich stolz wäre, aber was kann man tun?
Freitag
14
I ch schlief drei Stunden; länger konnte ich schon seit einiger Zeit nicht mehr schlafen. Was mich weckte, war ein Schmerz, der sich quer über meinen Brustkorb zog. Das war schon einmal passiert – ein Gefühl schrecklicher Enge in meiner Brust, so schlimm, dass ich eine Weile lang keinen BH getragen hatte. Dann fiel mir mein missglücktes Lachen am Abend zuvor bei John Joseph ein, und ich
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