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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gemeint. Bei mir tickt es manchmal nicht richtig.«
    Sie neigte den Kopf in königlicher Geste. Ich stand so weit unter ihr.
    »Ich muss jetzt tatsächlich gehen.« Plötzlich hielt sie ihre Autoschlüssel in der Hand und ließ sie klimpern.
    »Waren Sie gestern Morgen zufällig zu Hause?«, fragte ich. »Oder am Mittwochabend?« Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass Wayne bis gestern Morgen zu Hause war, schadete es nicht herauszufinden, ob sich am Mittwoch irgendetwas Außergewöhnliches ereignet hatte.
    Jetzt warf sie sich die Tasche über die Schulter und schaltete die Alarmanlage an. »Mittwochs gehe ich zu meinem Weinclub, und donnerstagmorgens spiele ich Golf.«
    Genau das habe ich gemeint. Kann einen richtig zur Weißglut bringen, oder?
    »Sie haben also nicht gesehen, ob Wayne Diffney von einem Taxi abgeholt wurde?«
    Sie zog die Haustür hinter sich zu und glitt an mir vorbei zu ihrem Auto, einem Yaris, sehr passend. Sie fahren alle einen Yaris. Ich glaube, die Autos werden von der Regierung zugeteilt. Ich meine, wer würde schon freiwillig Geld für einen Yaris ausgeben? »Nein«, sagte sie.
    »Sind Ihnen irgendwelche seltsamen Frauen aufgefallen, die zu Wayne Diffneys Haus gekommen sind? Vielleicht darunter eine, die auf den Namen Gloria hört?«
    »Keine seltsamen Frauen.« Und als sie munteren Schrittes den schmalen Pfad entlangging, sagte sie, mit einem Blick über die Schulter: »Außer Ihnen, meine Gute.«

26
    I ch ging nach nebenan, zur Nummer elf. Eine Frau mittleren Alters, die irgendwie niedergeschlagen aussah, kam zur Tür. Hinter ihr schienen gleich mehrere Fernsehapparate zu laufen. Ich ahnte drangvolle Enge, genervte Teenager und einen großen Bedarf an Haarglätter. Ich fing mit meinen Fragen an, aber sie fiel mir sofort ins Wort. »Wir waren in Urlaub. Wir sind erst vor zehn Minuten wiedergekommen.«
    »Urlaub?«, fragte ich. »Wir befinden uns in einer Rezession. Niemand macht Urlaub.«
    Sie sah mich an, als hätte ich sie des Verrats bezichtigt – wie konnten sie und ihre Familie es wagen, Urlaub zu machen, wenn das Land am Rande des Ruins stand? »Wir haben einen Wohnwagen in Tramore«, sagte sie beschämt. »Er ist vierzehn Jahre alt und sehr klein.«
    »Trotzdem«, sagte ich. »Sie müssen doch Platzmiete bezahlen und …«
    »Wir haben versucht, ihn zu verkaufen. Niemand wollte ihn haben. Außerdem, falls es Ihnen dann besser geht, wir hatten einen furchtbaren Urlaub. Ich habe drei Kinder, drei Teenager, die wollen nach Thailand. Wir sind früher als geplant zurückgekommen, eigentlich wollten wir bis morgen bleiben, aber wir haben es nicht mehr ausgehalten.« Plötzlich hielt sie inne. »Ach, hauen Sie doch ab, ich brauche Ihnen gar nichts zu erzählen.« Und sie schlug mir die Tür vor der Nase zu.
    Einen Moment dauerte es, bis ich mich wieder gefangen hatte – ich musste wirklich etwas feinfühliger auftreten –, dann warf ich die Schultern zurück und marschierte auf das nächste Haus zu. Ein Mann um die fünfzig, etwas grau und eingesunken, mit Haarbüscheln, die ihm aus den Ohren wuchsen, machte auf.
    »Gestern Morgen habe ich gearbeitet«, sagte er.
    »Und am Mittwochabend?«
    »Montags, mittwochs und freitags schlafe ich bei meiner Freundin.«
    »Sie haben eine Freundin? «
    Bei ihm war es kein einfaches Zuschlagen, er warf die Tür mit voller Wucht ins Schloss. Er holte richtig aus und – krach! Die Fensterscheiben klirrten.
    Mir reichte es. Ich stellte die Nachbarbefragung ein. Ich war nicht in der richtigen Verfassung dafür und richtete nur Schaden an. Ich würde weitermachen, sobald – ja, sobald , nicht falls (ich musste unbedingt an einer positiven Einstellung festhalten) – es mir besser ging. Jetzt würde ich mich in Waynes Haus zurückziehen und auf dem Fußboden in seinem Wohnzimmer ausstrecken. Ich würde an die Decke starren und so tun, als wäre das Haus meins. Vielleicht würde mir etwas einfallen.
    Mit matten Schritten ging ich über die Straße auf Waynes Haus zu, als ich hörte, wie jemand »He!« rief.
    Überrascht blickte ich auf. Die Stimme kam von Nummer sechs, dem letzten Haus auf Waynes Seite der Straße.
    »Was ist mit uns?«
    Ein »junges Paar« – eine blonde Frau und ein blonder Mann, beide in den Zwanzigern – winkte mich zu sich.
    »Wir haben gesehen, wie Sie bei den anderen geklopft haben«, sagte die Frau fröhlich.
    »Wir haben gewartet, dass Sie zu uns kommen!«
    »Wir haben gesehen, wie Sie überall rumschnüffeln.«
    »Gestern

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