Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
nur vom Erzählen! Dann hat er noch eine ›Hütte‹, so nennt er es, irgendwo auf einem Berg in den Cairngorms. Ein Zimmer, kein Strom, kein fließend Wasser. Da ist er, wenn er seinen ›Kopf auslüften‹ will.«
    »Und das alles weißt du aus deinen Zeitschriften?«
    »Ich lese sie sehr gründlich, und ich habe ein fotografisches Gedächtnis.«
    »Das stimmt nicht.«
    Nach einer kurzen Pause sagte sie: »Du hast recht, das stimmt nicht. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. Es fühlte sich einfach gut an. Soll ich weitererzählen? Er hat eine Wellblechhütte mit zwei Zimmern in Soweto – seine Lieblingswohnung, sagt er, na dann gute Nacht, sage ich. Dann sein Domizil in Los Angeles mit neunundvierzig Zimmern, ein Bauernmarkt gehört auch dazu, sollte ihn mal der Wunsch überkommen, einen wurmstichigen Apfel zu kaufen …«
    Herr im Himmel, Wayne könnte in jedem dieser Häuser versteckt sein. Ihn zu finden war aussichtslos.
    »… und dann sein Haus in County Leitrim.«
    »Moment mal! Was war das? Er hat ein Haus in County Leitrim?«
    »Aber ja!« Sie klang überrascht, dass ich das nicht wusste. »Es liegt am Lough Conn. Er hat es vor sechs oder sieben Jahren gekauft. Hat aber nie dort gewohnt. Kannst du dir das vorstellen? Ganz schön protzig. Manche von uns – und ich spreche mit einer, die es gerade am eigenen Leibe erfährt – haben nicht mal ein Dach über dem Kopf. Also, natürlich hast du ein Dach über dem Kopf, du hast mein Dach über dem Kopf, aber es ist nicht dein eigenes Dach, und Docker besitzt so viele Dächer, dass er gar nicht unter allen gewohnt haben kann.« Sie klang ziemlich bitter und verstummte.
    »Ich dachte, du magst ihn.« Ich musste das Gespräch schnell beenden und mich umgehend beim Grundbuchamt einloggen.
    »Das dachte ich auch«, sagte sie. »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
    »Mum, danke für deine Auskünfte, aber ich muss jetzt Schluss machen.«
    Mit zitternden Fingern schaltete ich den Computer ein und fand es wenige Minuten später: Vor sieben Jahren war ein Haus auf einem ein Hektar großen Seegrundstück von einer Gesellschaft mit Sitz in Kalifornien erworben worden. Docker war der einzige Inhaber der Firma.
    Ich starrte auf den Bildschirm und versuchte, diese unerwartete Information zu verdauen.
    County Leitrim – seltsame Gegend für das Haus eines Weltstars. Oder nicht? Ich wusste es nicht, denn obwohl es von Dublin nicht weit entfernt war – vielleicht zwei Stunden mit dem Auto –, war ich nie dort gewesen. Kannte auch niemanden, der von dort kam. Vielleicht kam ja auch niemand von dort, vielleicht war die Gegend völlig unbewohnt. Wie der Mars.
    Seen. Das war auch schon alles, was ich über Leitrim wusste. Angeblich gab es dort viele Seen. Sehr, sehr viele Seen.
    Der nächste Schritt war, Dockers Haus über Google Earth zu lokalisieren, aber ich benutzte das Programm sehr widerstrebend, weil ich immer noch zutiefst gekränkt war.
    Als ich das erste Mal von Google Earth hörte, dachte ich, es sei live . Ich dachte, man könnte es anschalten und jedes Haus auf der Welt ausspionieren und sehen, was dort passierte, in Echtzeit . Ich dachte, man würde Menschen rein- und rausgehen und Autos ankommen und wegfahren sehen. Ich hatte nicht begriffen, dass es Fotos waren. Und das wäre ja nicht weiter schlimm gewesen, wenn ich nicht einer Klientin von meiner Vorstellung erzählt hätte.
    »Ja, natürlich«, hatte ich zuversichtlich gesagt. »Geben Sie mir einfach die GPS-Nummer für das Haus in Schottland, dann können wir gleich auf meinem Laptop sehen, ob das Auto Ihres Mannes da ist. Vielleicht erwischen wir ihn sogar, wie er aus dem Liebesnest seiner Freundin eilt, dieser schmierige Ehebrecher.«
    »Meinen Sie wirklich?« Sie klang zweifelnd.
    »Absolut«, sagte ich und zog sie näher an den Bildschirm heran. »Sehen Sie doch, da ist das Haus und das ist … aber das bewegt sich ja gar nicht.« Ich drückte auf alle mög lichen Tasten. »Der Bildschirm reagiert nicht. Einen Moment, ich fahre den Laptop runter und starte ihn neu, dauert nur ein paar Sekunden.«
    Zum Glück war es eine Frau. Man kann mich ruhig sexis tisch nennen, aber es ist eine Tatsache, dass Frauen viel nachsichtiger sind als Männer, wenn es um technologische Pannen geht.
    Die Scham von damals war noch ganz lebendig, aber ich fand ein Bild von Dockers Haus. Ein verschwommenes Recht eck als Dach, drum herum jede Menge Grün, außer auf einer Seite, wo alles schwarz war, vermutlich

Weitere Kostenlose Bücher