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Glücksgriff

Glücksgriff

Titel: Glücksgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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erkannt, dachte Miranda. Er verbringt sein Leben auf seinem Hintern und sieht zu, wie die Welt vorüberzieht. Großer Gott, erkennt er mich denn nicht?
    Außer sich, schob sie eine Haarsträhne aus ihren Augen. Das orangefarbene Beret, das schon auf ihrem Hinterkopf saß, fiel prompt herunter.
    Als ihr stacheliges Haar mit den blau-grünen Spitzen zum Vorschein kam, fiel der Groschen. Der Drachen war erst mal vergessen.
    Der Drachen nutzte diesen Konzentrationsabfall und schoss wie eine Schwalbe zu Boden.
    »Du hast ihn abstürzen lassen!«, jammerte der Junge und lief hinterher. »Du musst die Schnur straff halten. Komm schon, pass auf, lass ihn wieder fliegen!«
    Florence schreckte aus ihrem Dösen hoch. Miranda kämpfte sich neben ihr auf die Füße und benutzte dabei die Lehne des Rollstuhls zum Abstützen. Florence hörte sie mit leiser, vor Wut bebender Stimme sagen: »Du Betrüger, du verdammter, erbärmlicher Lügner, wie kannst du nur in den Spiegel sehen?«
    Florence wurde sofort munter. So, so, das war ja eine echte Sternstunde. Sie hatte noch nie gehört, dass Miranda jemanden beleidigte.
    Florence spähte an Mirandas zitternder Gestalt vorbei und beäugte interessiert den Gegenstand ihrer Wut. Groß, dunkelhaarig und ziemlich gut aussehend – wenn auch im Moment etwas geschockt – hmm, gar nicht übel. Außerdem in ausgezeichneter Verfassung, soweit sie sehen konnte.
    Einer von Mirandas unseligen Exfreunden, vermutete Florence. Wahrscheinlich einer, der sie mies behandelt hatte. Nun ja, kein Wunder, dass sie sich aufregte.
    »Ich kann das erklären …«, begann er, doch Miranda hob beide Hände, um ihm das Wort abzuschneiden.
    »Oh, bitte nicht, wir wissen schon, was Sie für ein großartiger Schauspieler sind.« Sie spuckte die Worte verächtlich aus. »Sagen Sie, haben Sie und ihre Frau sich deshalb getrennt? Hat sie herausgefunden, wie Sie Ihre Tage verbringen, und Sie rausgeworfen? Weiß Ihr Sohn, dass er einen Schwindler zum Vater hat?« Sie sehnte sich danach, die Anschuldigungen lautstark herauszubrüllen, doch der Junge stand nur ein paar Meter entfernt. Um seinetwillen schaffte es Miranda, sich zu beherrschen.
    Der Mann sah verschreckt aus und folgte ihrem Blick. Als er sich wieder Miranda zuwandte, sagte er mit einem beruhigenden halben Lächeln: »Ich sage Ihnen doch, ich kann es wirklich erklären. Erst einmal bin ich nicht verheiratet. Und Eddy ist nicht mein Sohn, er ist …«
    »Daddy, komm und hilf mir!«, brüllte der Junge, der sich nun völlig in der Schnur des Drachens verheddert hatte. »Du verschwendest deine Zeit – Mum hat gesagt, wir sollen um vier zu Hause sein.«
    »Sie haben verdammt Recht, dass Sie es erklären können«, zischte Miranda, löste die Bremsen von Florence’ Stuhl und zerrte ihn in Richtung Straße. »Sie können erklären, warum Sie mein Geld nehmen und meine Krabbensandwiches essen, wenn Sie doch eindeutig mehr verdienen als ich.« Sie warf ihm die Worte über die Schulter zu, während sie den Rollstuhl über den unebenen Rasen poltern ließ. »Und Sie können erklären, warum Sie einen BMW fahren«, bellte sie. »Sie machen mich krank!«
    »Warten Sie«, rief er ihr nach, doch weiter oben schrie sein Sohn nach ihm, und Miranda schoss inzwischen mit dem Rollstuhl den Hügel hinab.
    Florence, die erleichtert war, heil unten angekommen zu sein, sagte mitleidig: »Die Attraktivsten sind immer die größten Schweine.«
    Sie tätschelte Mirandas Arm und hielt es für das Beste, nicht die beiden ziemlich guten Waterford-Kristallgläser zu erwähnen, die sie oben gelassen hatten. »Was ist passiert, hat er vergessen zu erwähnen, dass er verheiratet ist?«
    Arme, spontane Miranda, sie hatte etwas Besseres verdient. Trotzdem, wenn sie einen Mann beeindrucken wollte, sollte sie besser kochen lernen, fand Florence im Stillen. Wenn man jemanden zum Abendessen einlud, konnte man nicht erwarten, dass er von einem Krabbensandwich beeindruckt sein würde.

6
    Chloe, die um zehn vor neun am Montagmorgen ohne große Begeisterung im Wartezimmer eine Zeitschrift durchblätterte, stieß auf einen Artikel, der im Detail das Zerbrechen der Ehe einer minderen Berühmtheit schilderte.
    Auf dem Foto daneben sah die Frau – eine Schauspielerin Ende dreißig – passend niedergeschlagen aus, mit vollem Make-up und in einem kurzen, engen Kleid, das … nun ja, praktisch alles zeigte.
    Über dem Artikel stand: JEDE NACHT WEINE ICH MICH IN DEN SCHLAF .
    Du Glückliche, dachte

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