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Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Titel: Glückskekssommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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sind ein paar Chaoten! Es sieht lustig aus, was sie da veranstalten. Aber mir bleibt trotzdem das Lachen im Halse stecken. Was, wenn Omas edles Villeroy-&-Boch-Service in den Kisten ist? Wild entschlossen, dem Treiben ein Ende zu bereiten, will ich Purple am Halsband packen, um sie rauszuschleppen. Aber das macht sie nur noch wilder. Sie schnappt nach mir.
    »Aus, verdammt noch mal«, schreie ich.
    In dem Moment springt Pinkie im hohen Bogen vom Regal. Und reißt prompt eine der Kisten mit sich. Es kracht heftig. Die beiden Unglücksraben fliehen jaulend aus dem Kellerraum. Feige Biester! Erst Schaden anrichten und dann kneifen.
    Ich bleibe im Chaos zurück. Zum Glück ist es weniger schlimm, als ich befürchtet habe, denn in der Kiste ist nichts Zerbrechliches. Nur eine Menge Papierkram.
    Ich werde alles wieder einräumen und nachher Basti bitten, den Karton wieder an seinen Platz zu stellen.
    Gesagt. Getan. Ich trage die herumliegenden Sachen auf einen Haufen und fange an, sie zurückzupacken. Es sind allerlei alte Papiere und vor allem jede Menge Fotos, ordentlich in Briefumschläge gepackt und beschriftet. Ich schaue mir gern alte Bilder an. Das habe ich schon als Kind geliebt. Meine Großeltern haben mir dabei Geschichten von früher erzählt.
    Ehe ich mich versehe, schiebe ich meine aktuellen Probleme auf die Reservebank und tauche ab in alte Zeiten. Ich hoffe nur, jetzt kommt keiner und stört mich. Bloß ein paar Minuten gucken, dann werde ich ja gehen.
    Dann versöhnen sich eben alle ein bisschen später. Na und?
    Oma hatte als Mädchen auch so blonde Haare wie ich. Und so entzückende Kleider und hübsche geflochtene Frisuren. Ich weiß, es war keine gute Zeit, in der sie aufgewachsen ist, aber auf den Fotos, da lächelt sie immer. Sie war wohl schon damals ein durch und durch lebensbejahender Mensch.
    Bei ihren Hochzeitsfotos muss ich beinahe weinen. Oma und Opa haben blutjung Ende der 40er-Jahre geheiratet. Da waren sie als Flüchtlinge bettelarm und Luisa konnte sich kein weißes, rauschendes Brautkleid leisten. Sie trug ein schlichtes, dunkles Kostüm mit einer hellen Bluse und Opa einen geborgten Anzug mit einer kleinen Blume am Revers. Trotz der Not sehen sie glücklich aus.
    Ich arbeite mich durch die Familiengeschichte in Bildern und würde am liebsten ignorieren, wie die Zeit vergeht. Irgendwann werden sie mich oben vermissen. Ich sollte jetzt wirklich gehen. Vielleicht kratzen sich Lila und Vicki ja schon die Augen aus.
    Nur noch zwei oder drei Umschläge!
    Bei den Kinderfotos von Thorsten und Thomas muss ich herzlich lachen. Ein paar süße Lausbuben! Später kommen Paaraufnahmen mit Susanne und Simone dazu. Die vier waren immer zusammen unterwegs.
    Einer der Umschläge mit der Aufschrift ›Die Enkel‹ ist zugeklebt. Ich will ihn wegpacken, denn die Fotos von mir und Lila kenne ich ja alle. Aber dann macht es mich neugierig, dass dieser Umschlag als einziger von allen verschlossen ist. Ich öffne ihn vorsichtig.
    Das macht man aber nicht. Es sind schließlich nicht deine Sachen.
    Ach Quatsch. Man kann es auch übertreiben mit dem Datenschutz und all diesem Kram. Ist doch überhaupt nichts dabei. Die beiden Enkel sind Lila und ich. Wir dürfen ja wohl unsere eigenen Fotos anschauen! Bestimmt hat Oma den Umschlag nur aus Versehen zugeklebt.
    Na also! Es sind ein paar Babyfotos drin. Die hängen im Haus meiner Eltern an jeder Wand.
    Ich will den Umschlag gerade weglegen, da entdecke ich ein Bild von meiner Mutter, das ich vorher noch nie gesehen habe. Sie ist hochschwanger und Papa legt seine Hände um ihren riesigen Kugelbauch. Süß, die zwei!
    Jetzt fällt mir auf, dass ich kein einziges Bild von Mamas und Susannes Schwangerschaften kenne. Na gut, dass sie nicht im Wohnzimmer ausgestellt sind, kann ich verstehen. Aber auch in unseren Fotoalben zu Hause sind keine. Das wundert mich. Wie ich Simone und Susanne so kenne, haben sie ihre gemeinsame Schwangerschaft bestimmt in jeder freien Minute zusammen verbracht und sich pausenlos gegenseitig bewundert und fotografiert. Neugierig geworden schaue ich weiter. Endlich kommt ein Bild, auf dem alle vier werdenden Eltern zu sehen sind. Sie strahlen um die Wette. Mamas Bauch füllt das halbe Bild. Tante Susanne steht daneben. Sie lacht nicht ganz so selbstbewusst wie Mama und … Sie ist schlank wie eine Tanne.
    Ich muss zum Augenarzt und zwar dringend.
    Wo. Ist. Tante. Susannes. Babybauch?
    Ich sehe beim besten Willen nur einen schwangeren Bauch. Und

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