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Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Titel: Glückskekssommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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überaus geheimnisvoll.
    L. H. und S. T., M. H.?
    Können die hier keine ganzen Namen an die Türen schreiben? Oder sind das römische Zahlen? Nein, das ergibt ja noch weniger Sinn.
    H. v. L. kommt dem, was ich suche, noch am nächsten. Da stimmt wenigstens ein Buchstabe. Aber was soll das für ein kleines V sein. Doch nicht etwa ein ›von‹, wie bei der Namensschwindlerin Frau Senner, oder? Nein, das passt nicht zu Vicki. Außerdem heißt sie Viktoria und nicht Hictoria.
    Ich traue mich nicht, den Schlüssel auszuprobieren. Nachher bin ich an der falschen Tür, und die Bewohner holen gleich die Polizei, weil sie einen Einbrecher vermuten. Wer nicht mal seinen Namen ans Klingelschild schreibt, reagiert bestimmt total hysterisch, wenn irgendetwas an der Tür rappelt.
    Ich muss also warten. Aber das ist nicht schlimm, denn Vicki wird jeden Augenblick da sein. Als ich meine Koffer in die erste Etage mit dem H. v. L.-Namensschild geschleppt habe, ist sie noch immer nicht angekommen. Ich bin müde und geschafft. Jetzt rächt es sich, dass ich schon am Nachmittag Alkohol getrunken und außer Pfannkuchen nichts gegessen habe.
    Gähnend setze ich mich auf die Treppenstufen und lehne meinen Kopf gegen die Wand. Ich bin traurig und fühle mich einsam. Vielleicht hätte ich Basti doch nicht wegschicken sollen. Was wohl Lila jetzt macht? Und Rob? Ob die überhaupt noch an mich denken? Bevor der Katzenjammer endgültig von mir Besitz ergreift, zwinge ich mich (ja, neuerdings muss ich mich dazu zwingen!) an etwas Schönes zu denken.
    Lila und ich haben so viel Lustiges zusammen erlebt.
    Ich krame meinen iPod aus der Handtasche und suche so lange, bis ich den ›Earth Song‹ von Michael Jackson gefunden habe. Das ist mein absolutes Lieblingstagtraumlied. Seufzend schließe ich die Augen und gebe mich der Musik hin.
    Alles wird gut, oder?
     
    *
     
    »Rosa?«
    Jemand packt mich an der Schulter und rüttelt mich. »Rosa!«
    »Was?« Ich schrecke hoch. »Was ist denn los?«
    Gerade bin ich mit Lila und unserem Hund Benny über die Felder getollt. Wir sind wieder sechs Jahre alt und haben einen Riesenspaß …
    »Warum bist du nicht reingegangen?«
    Ich reibe mir verwundert die Augen und starre in Vickis blasses Gesicht. Sie sieht müde aus. Ihre Katzenaugen hinter der schwarz gerahmten Brille sind dunkel gerändert, ihr rotbraunes Haar ist zerwühlt und nicht wie sonst sorgsam glatt gekämmt.
    Ich schaue auf meine Armbanduhr. Es ist drei Uhr nachts. Moment mal! Wir sind vor vier Stunden bei meiner Großmutter losgefahren. Berlin ist groß, aber so groß nun auch wieder nicht. Wo hat Vicki so lange gesteckt?
    »Ich muss eingeschlafen sein«, sage ich und stehe auf, so schnell ich kann. Mein Kopf tut weh.
    »Zwei Schritte weiter und du hättest ein Bett dafür benutzen können«, sagt Vicki und grinst. »Dass du bei mir wohnen kannst, war durchaus ernst gemeint.«
    »Ja, aber ich wusste nicht, welche Tür!«, verteidige ich meinen Treppenhausaufenthalt. »Da stehen lauter so komische Kürzel dran. Und außerdem ahnte ich ja nicht, dass du ewig nicht kommst.«
    »Oh Mann, Rosa«, stöhnt Vicki und unterdrückt ein Gähnen. »Ich wusste ja nicht, dass du dich nicht traust, einen Schlüssel auszuprobieren. Sonst wäre ich selbstverständlich eher gekommen.«
    Der Spott in ihrer Stimme ist nicht zu überhören.
    »Wo warst du überhaupt so lange?«
    Sie guckt mich belustigt an. »Das hat mich das letzte Mal jemand gefragt, als ich 15 war«, antwortet sie. » … und das war meine Mutter.«
    Aha! Sie will es mir nicht sagen.
    Vicki öffnet nun genau die Tür, vor der ich die ganze Zeit gesessen habe. Jetzt komme ich mir blöde vor.
    An meinem verzagten Zustand sind die Glückskekse schuld. Wie soll man experimentierfreudig sein, wenn alles, was man anfasst, neuerdings zu Schrott wird?
    Wenn ich mich ein bisschen eingelebt habe, werde ich Vicki davon erzählen. Damit sie versteht, warum ich mich nicht in ihre Wohnung getraut habe. Außerdem werde ich sie fragen, seit wann sie ein kleines V und ein großes H im Namen hat.
    »Komm rein, Rosa!« Sie schnappt sich einen meiner Koffer.
    Ich stehe auf und nehme die beiden anderen Gepäckstücke in die Hand. Ob ich sie wirklich hier auspacken werde? Bei Victoria Liesen? Wenn mir das einer vor zehn Jahren (oder vor drei Tagen) erzählt hätte …
    Vicki tritt jetzt zur Seite und macht eine einladende Handbewegung. »Herzlich willkommen in deinem neuen Zuhause, Rosa!«
    Vor mir liegt der

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