Glückskekssommer: Roman (German Edition)
sie. Ich habe nicht dran gedacht. Kleinkind eben.
Wir schweigen uns an. Er räuspert sich.
»Rosa?«
»Mmh?« Ich bin froh, dass er beschlossen hat, das Schweigen zu brechen.
»Es … Es tut mir leid«, sagt er mit fester Stimme. »Es war blöd von mir, dass ich dich nicht ernst genommen habe. Du …«
»Mir tut es auch leid«, sage ich schnell, bevor mich der Mut verlässt. »Ich habe irgendwie alles falsch gemacht in letzter Zeit. Du kannst gar nichts dafür. Ich habe noch nicht viel auf die Reihe gekriegt in meinem Leben, weißt du? Kein Wunder, dass mich keiner ernst nimmt.«
»Du hast einfach viel Pech gehabt in den letzten Wochen«, sagt er. »Aber das heißt doch nicht, dass du eine Versagerin bist.«
Ich zucke die Schultern. »Ich fühle mich aber so.«
»Ich würde gern mehr mit dir zusammen sein, wenn du Lust hast.«
Hat er das jetzt wirklich gesagt? »Aber, ich war doch …«
»Fangen wir von vorn an?«
Da ist kein bisschen Ironie in der Stimme. Oder vielleicht doch? Ich versuche, seine Gedanken zu lesen. Er schweigt jetzt und wartet.
Ich schaue ihn von der Seite an. Er lächelt sein hübsches Lächeln.
Oh Mann, ich bin sicher, er kann wahnsinnig gut küssen! Mein Herz klopft zum Zerspringen. In meinem Bauch kribbelt es. Soll ich?
Er ist Doktor, hat eine tolle Wohnung, eine Katze … Er kann Spaghetti Carbonara kochen und gefüllte Pfannkuchen machen. Seine Mutter ist eine superberühmte Schauspielerin, und er ist garantiert der Typ Arzt, um den sich die Krankenschwestern und Patientinnen reißen.
Dieser Mann will mich wiedersehen, mich, das konfuseste Weibsbild in ganz Berlin? Ich kriege keine Antwort über die Lippen.
Ein Neuanfang? Sollte ich nicht lieber mein altes Leben reparieren? Ich weiß es nicht.
Um mich abzulenken, lese ich die Straßenschilder. Den Stadtteil, durch den wir jetzt fahren, kenne ich. Schöneberg, Bayrisches Viertel. Schick! Vor einem Stuckaltbau mit riesigen Fenstern halten wir.
Hier wohnt Vicki? Okay, Rosa, stürz dich in die Spree. Sogar der einstige Schulunderdog Vicki hat es zu was gebracht.
Alle kriegen ihr Leben auf die Reihe, nur ich nicht. Basti wird schnell enttäuscht sein, wenn er merkt, dass ich außer meinem süßen Puppengesicht nichts zu bieten habe. Schade!
Das Glücksgefühl, das ich vorhin in Omas Wohnzimmer kurz hatte, verschwindet endgültig. Schon verblasst es, nur eine Erinnerung noch. Ja klar, genau das stand in meinem Glückskeks.
Eine neue Erfahrung wird zu einer wertvollen Erinnerung.
Ja, es war eine gute Erfahrung, dass ich auch ohne Lila und Rob nicht allein sein muss. Aber wie immer ist es nur die halbe Wahrheit. Es war ein schöner Abend. Aber jetzt ist er vorbei, und ich weiß nicht, was ich tun soll.
Sebastian holt jetzt meine Sachen aus seinem Kofferraum und gibt mir Vickis Schlüssel. »Soll ich noch mit hochkommen?«, fragt er und ergänzt, als er meinen Blick sieht, »… die Koffer. Die sind schwer.«
Ich schüttele den Kopf. Heute habe ich endgültig begriffen, dass ich kein verwöhntes Kleinkind mehr bin. Da werde ich wohl ein paar lumpige Gepäckstücke allein die Treppe herauf kriegen.
»Ich schaffe es allein«, sage ich. »Mach’s gut und danke für alles.«
Und das ist die Antwort auf seine Frage.
»Na, dann …«
In seinen schönen braunen Augen lese ich seine Gefühle für mich. Was für Gefühle? Habe ich mich nicht immer, immer, immer getäuscht in den letzten Wochen? Basti denkt, dass ich eine beknackte Prinzessin bin, die er leicht herumkriegen kann. Weiter nichts!
Ich knete wie verrückt an meiner sowieso schon brüchigen Kunstledertasche herum.
Er steigt in sein Auto steigt und fährt los.
Es ist besser so. Das weiß ich.
Warum habe ich dann das Gefühl, dass er ein Stück von meinem Herzen einfach mitnimmt?
Glückskeks 7
Ein unerwartetes Geschenk wird dich erfreuen!
Breites Treppenhaus, weißgrauer Marmorboden mit rotem, sauberem Teppich bespannt.
Auf jeder Etage zwei große, reich verzierte Holztüren, die zu den einzelnen Wohnungen führen. Also Vicki residiert wirklich nobel. Das muss man ihr lassen.
Meine Koffer werde ich einen Moment unten stehen lassen. Jetzt gucke ich zuerst einmal, in welcher Etage sie wohnt. Bestimmt haust sie unter dem Dach, in einem klitzekleinen Stübchen, wo es im Herbst reinregnet und im Winter die Eisblumen am Fenster blühen. Ich schalte das Flurlicht ein, laufe die Treppen hoch und lese auf jedem Stockwerk die Klingelschilder. Die sind
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