Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Kasulke, Basti und ich – verteilten uns auf die Autos von Vicki und Sebastian und düsten zusammen nach Lichterfelde. Ich saß in Vickis Mini. Meine Koffer fuhren bei Sebastian mit. Bei Oma würde ich meine Sachen morgen auspacken, denn ihre hübsche Zweizimmer-Wohnung wäre nun für eine Zeit lang auch mein Zuhause.
Gemeinsam schnippelten wir in ihrer Küche Gemüse und kochten Reis. Dann brieten wir ein paar Pfannkuchen und füllten sie mit Bananen, Kokosflocken, Limetten und Ahornsirup. Ich aß eine Riesenportion davon. Es war lecker, obwohl das Rezept von Basti war. Nebenbei leerten wir ein paar Flaschen Wein. Eigentlich wollte ich mich gar nicht amüsieren. Nachdem mein grenzenloser Optimismus mich fast in die Gosse getrieben hatte, beschloss ich, ab sofort lieber ein grimmiger Misanthrop zu sein.
Aber es war ein wunderbarer Abend!
Obwohl Basti dabei war, dem ich kein bisschen Aufmerksamkeit schenkte, genoss ich jede Minute. Ich wusste zwar, dass meine Probleme noch lange nicht gelöst waren. Es tat aber gut, nicht allein zu sein. Diese heiteren unbeschwerten Stunden in einem Kreis lieber Menschen werde ich, nachdem ich die letzten Jahre fast jeden Abend ausschließlich mit Lila oder Rob verbracht habe, bestimmt nie mehr vergessen.
»Ich nehme nichts mehr«, sagt Basti. »Ich muss noch fahren.«
»Du hast recht«, stimmt Vicki zu.
Mir fällt auf, dass sie alles nachquatscht, was er sagt. Ich glaube, sie steht auf ihn.
»Ach, ihr Lieben«, sagt Margret jetzt und unterdrückt ein Gähnen. »Kennt ihr den Spruch? Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Ich für meinen Teil bin hundemüde. Vicki, meinst du, du kannst mich und Karl jetzt nach Hause bringen? Luisa, nichts für ungut.«
Im Laufe des Abends haben wir alle miteinander angestoßen. Nur Basti und ich nicht. Habe ich schon erwähnt, dass ich ihn total ignoriert habe? Jedenfalls sind jetzt alle per du, und ich darf meine Meisterin Margret nennen und den Herrn Kasulke Karl.
»Mache ich«, sagt Vicki und steht auf.
Margret sieht auf einmal ganz blass aus. Beim Aufstehen schwankt sie ein bisschen. Das ist bestimmt nicht vom Alkohol, denn sie hat fast nichts getrunken. Vicki stützt sie ganz leicht.
»Kann ich auch wen mitnehmen?«, fragt Basti überflüssigerweise.
Da ist ja wohl keiner mehr, Mister Märchenprinz, oder?
»Nimm doch die Rosa mit«, sagt Oma und mein Herz setzt einen Moment lang aus.
Was sagt sie da? Wohin soll er mich denn mitnehmen? »Oma? Hämmh«, räuspere ich mich.
»Was ist denn, Rosa?«
»Ich habe dir doch gesagt …« Ich schaue sie eindringlich an. Sie muss doch wissen …
»Ja?«
Soll ich jetzt vor allen diese blöde Sache mit Lila erzählen? Ich glaube, meine Großmutter ist betrunken. »Oma, ich muss bei dir wohnen«, schreie ich verzweifelt. »Lila hat mich doch rausgeschmissen. Hast du das schon vergessen?«
So, jetzt ist es raus. Und alle wissen Bescheid. Peinlich! Danke, liebe Oma!
Meine Großmutter setzt sich und schüttelt nachdenklich den Kopf. Alle anderen sind ganz still geworden. Vicki lehnt an der Anrichte. Basti fummelt unter dem Tisch an seinen Schuhen herum. Typische Verlegenheitsgeste.
Habe ich dir nicht gesagt, dass ich Probleme habe, du Doofmann?
»Ach Kind«, sagt Oma und schaut mich gerade an. »Das tut mir wirklich leid.«
Ich atme auf. Endlich verhält sie sich wieder wie eine richtige Großmutter.
»In ein paar Monaten habe ich sicher eine eigene Wohnung«, sage ich aufmunternd.
»Rosa, meine Kleine. Du kannst nicht bei mir wohnen«, sagt Oma leise, aber bestimmt.
Mir fällt die Kinnlade herunter. Im Raum kann man eine Stecknadel fallen hören. Alle starren mich an. Wie bitte?
»Aber ich muss«, sage ich. »Wo soll ich denn sonst hin?«
»Eine Woche kannst du hierbleiben, Kind, aber länger nicht. Es ist viel zu eng hier und ich … Ich kann nicht mehr so lange mit jemandem so eng beieinander leben. Ich bin einfach zu alt für eine WG.«
So ein Unsinn! Wenn das eigene Enkelkind in Not ist, kann man doch wohl mit ihm zusammenwohnen, oder?
»Und außerdem«, fügt sie noch hinzu. »habe ich 25 Jahre bei deinen verrückten Eltern gelebt. Das reicht für den Rest meines Daseins. Das verstehst du doch sicher, oder? Jetzt bin ich einfach gern allein und unabhängig.«
Und ich bin erschüttert.
Sie will mich nicht haben? Mich, ihr eigen Fleisch und Blut? Gibt es nicht irgendein ›Handbuch für gute Großmütter‹, welches ich ihr unter die Nase halten kann und in dem
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