Glückskekssommer: Roman (German Edition)
konnte, dass ich seit ein paar Wochen zur gutmenschelnden Seelsorgerin mutiert war. So gesehen war sein Schritt mutig. Die alte Rosa hätte nämlich einen handfesten hysterischen Anfall gekriegt und ihm ziemlich heimgeleuchtet. Er musste ja mächtig verzweifelt sein, um ausgerechnet mich um Rat zu fragen!
»Du kannst deine Fehler nur allein wieder gutmachen«, säuselte ich. Ich meinte es aber ernst.
»Aber du kannst bei Lila …«
»Ich kann und will dir nicht helfen«, sagte ich ehrlich. »Aber wenn es dich tröstet, dann verrate ich dir, dass deine Chancen bei Lila gar nicht so schlecht stehen.« Sie wartete ja darauf, dass er zurückkäme. Und anscheinend hatte sie dieses Mal recht.
Aber das wollte ich ihm nicht sagen. Er sollte es nicht zu leicht haben. Wenn er Lila zurückhaben wollte, dann musste er sich gefälligst mal ein wenig anstrengen.
»Ich liebe sie nämlich. Irgendwie.«
»Das, Rob, solltest du ihr sagen und nicht mir. Alles Gute!«
Damit legten wir auf.
Ich saß auf meinem Bett und hoffte, dass der liebe Gott auf seinem Wolkenthron das gerade mit angesehen hatte. Nach der Aktion hatte ich auf dem Gute-Taten-Konto auf jeden Fall ein paar Gutschriften gesammelt. Und etwas Spielraum auf der Sündenseite. Nicht, dass ich ihn nutzen wollte, aber schaden konnte der jedenfalls auch nicht – nur so für den Fall aller Fälle. Außerdem könnte Gott jetzt zum Dank mal Basti erscheinen (vielleicht in Gestalt eines Telekom-Mitarbeiters) und ihm verklickern, dass er gefälligst zum Handy greifen und mich anrufen soll.
*
Gott hat nicht zugesehen. Vielleicht war es gerade bewölkt oder seine Augen sind nach all den Jahren nicht mehr so gut. Oder er hat das Menschenkind Rosa einfach vergessen.
Sebastian hat jedenfalls nicht angerufen. Zur Strafe für den alten Herrn da oben werde ich jetzt eben weiter an Glückskekssprüche glauben. Tja, weggegangen. Platz vergangen. Scheint sich’s ja leisten zu können, der liebe Gott.
Zu Hause in meinem Nachthemdtäschchen steckt der Orakelzettel, den ich gestern abgezweigt habe. Die anderen sind, samt Kekskrümeln und Verpackungen, im Mülleimer gelandet. Am liebsten würde ich jetzt Feierabend machen und sofort nachlesen. Aber ich bin erst eine Stunde auf der Arbeit. Also heißt es warten und durchhalten.
Margret und Jola wundern sich, dass ich heute so schweigsam bin. Verbissen konzentriere ich mich auf meine Arbeit, nur um ja nicht nachdenken zu müssen. Aber das klappt nicht. Tausend Fragen wirbeln durch meinen Kopf und auf keine einzige fällt mir eine sinnvolle Antwort ein. Da kann wirklich nur noch ein Glückskeks helfen.
*
Setzen Sie sich ein Ziel! Selbstvertrauen zeigt Ihnen den Weg.
Seufzend sitze ich auf meinem Bett und frage mich, ob ich mit diesem Tipp wirklich etwas anfangen kann. In einem sind sich alle meine Sprüche jedenfalls einig. Ich bekomme von ihnen nichts geschenkt. Wenn ich jemals wieder mit Lila rede, dann reibe ich ihr das auf jeden Fall unter die Nase. Von wegen, mir wird alles auf dem Silbertablett serviert. Haha. Ich habe in den letzten Wochen hart gearbeitet und damit meine ich nicht in der Werkstatt (das auch, ja!), sondern an mir.
Leider ist mir immer noch wichtig, was Lila über mich denkt. Sie soll wissen, dass ich meinen Kaffee jetzt selbst koche und dass ich neben Dosenravioli nun auch türkische Röllchen zubereiten kann.
Ist das mein Ziel? Lila sagen, dass ich mich verändert habe? Ergibt keinen Sinn mehr, nach all dem, was ich ihr beim letzten Treffen um die Ohren gehauen habe. Oder?
Ich wüsste etwas, was mir noch wichtiger wäre – nämlich Basti.
Er ruft nicht an. Sein Handy ist immer noch ausgeschaltet. Unterdessen habe ich ihn gefühlte tausend Mal angerufen. Und jetzt werde ich es wieder tun. Irgendwann muss er doch mal rangehen.
Ich hole mein Handy aus der Handtasche und fische gleich noch Robs Geschenk mit heraus. Lächelnd betrachte ich es. Eigentlich war es süß, dass er hier angerufen hat, damit ich ein gutes Wort bei Lila für ihn einlege. Ich habe zwar keine Ahnung, was er sich davon versprochen hat. Aber nach den Erfahrungen der letzten Wochen würde ich auch nicht mehr behaupten, dass Männer besonders logisch sind. Sie sind rätselhaft und unberechenbar und … einfach unwiderstehlich.
Nun bin ich neugierig, was in dem Päckchen ist. Ich reiße die Verpackung auf.
Das kann Lila nicht ausstehen. Sie schnippelt den Tesafilm vorsichtig auf und verwendet das Papier noch
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