Glückskekssommer: Roman (German Edition)
einmal.
Mann oh Mann. Bei jedem Handschlag muss ich an Lila denken.
Das Geschenk ist zusätzlich noch in Pappe gewickelt. Als ich die abstreife, bin ich ganz gerührt. Rob hat mir meinen Namen geschenkt.
Rosa – aus einem harten, dünnen Metallstab gebogen, mit schöner altertümlicher Patina und in einer ganz groben und doch irgendwie weichen Schrift. Das A ist eine stilisierte Rose mit einem klitzekleinen Stängel dran. Das Namensschild hat zwei kleine Ketten, an denen man es aufhängen kann. Ich finde, das hat er unglaublich schön gemacht. Woran er dabei wohl gedacht hat? An mich, na klar. Aber ich finde, es ist nicht nur ein simples Schild zum irgendwohin baumeln. Für mich ist es mehr.
Ich habe plötzlich eine Vision: Wenn ich jemals eine eigene Schneiderwerkstatt habe, dann kommt dieses kleine Kunstwerk in mein Schaufenster. Rechts und links davon werden schwarze Schneiderpuppen stehen, die von mir entworfene Kleidung tragen. Der Name mit der kleinen Rose drin wird mein Logo. In jedes Kleidungsstück werde ich es einnähen – schwarzer Grund, dunkelrote Schrift und rosa Rose. ›Einfach Rosa‹. Das wird der Name meines Salons. Meine Mode wird so wie ich – weiblich, freundlich und unkompliziert. Na gut, an Letzterem muss ich noch ein wenig arbeiten, aber das wird schon.
Auf einmal bin ich ganz selig. Rob hat mich mit seinem Geschenk richtig glücklich gemacht. Der Glückskeks kann auch zufrieden mit mir sein, denn so ganz nebenbei habe ich mir ein Ziel gesetzt. Das tut gut! In den letzten Wochen hatte ich immer das Gefühl, dass ich überhaupt nichts bestimmen kann, sondern nur vom Schicksal herumgestoßen werde wie ein Gummiball. Ich merke, dass Ziele setzen mir inneren Frieden schenkt. Die Zeiten, in denen ich ein Spielball war, müssen jetzt vorbei sein. Warum sollte ich dann nicht gleich mehrere gute Vorsätze haben?
Im Moment ist mir das Wichtigste, dass ich langsam finanziell auf die Beine komme. Ich habe so viele Ideen im Kopf. Später möchte ich damit erfolgreich sein und meine eigene Mode herstellen.
Mein zweites Ziel scheint im Moment weit weg und unlogisch zu sein. Aber irgendwann will ich mich mit Lila versöhnen und ein entspanntes Verhältnis zu ihr haben.
Ja und dann Basti. Ich verstehe einfach nicht, warum wir nicht so richtig zusammenkommen, obwohl wir (fast) vom ersten Moment an ineinander verliebt waren. Es liegt wohl an mir. Ich muss ihm endlich zeigen, dass er mir wichtig ist! Sonst wird das nie etwas mit uns.
Nicht zuletzt sind da meine neuen Freundschaften. Ich werde sie hegen und pflegen und nie mehr vergessen, wie wichtig sie sind. Genau wie meine Familie.
Ich finde, das sind erst einmal ausreichend gute Vorsätze.
Zur Erinnerung an die vergangene Stunde, in der ich mich so zufrieden und glücklich gefühlt habe wie lange nicht, klebe ich mir den Glückskekszettel in mein Mode-Kritzel-Buch.
Ich bin glücklich. Und das, obwohl Basti noch immer nicht angerufen hat. Alles wird gut!
Als mein Handy klingelt, gehe ich entspannt und mit seligem Lächeln ran.
Fünf Minuten später haste ich mit Sieben-Meilen-Schritten zur U-Bahn.
*
Warum fährt die blöde Bahn heute so langsam? Quälend und endlos lang ziehen sich die Stationen hin. Ich halte meine Sandalen mit den spitzen 15-Zentimeter-Absätzen in der einen Hand und reibe mir mit der anderen meinen schmerzenden Knöchel.
Die dicke Frau mir gegenüber grinst hämisch. Ich kann hören, was sie denkt.
›Mussde so wat nich anziehn, wenn de nich drin loofen kannst.‹
›Wees ick, aber dat jeht dir nüscht an.‹
Ja, ich kann auch berlinern. Aber das tue ich nur im Notfall. Da die Frau mich nur mit Blicken verhöhnt, habe ich keinen Grund, meine Sprachkenntnisse laut anzuwenden. Außerdem gibt es weitaus Wichtigeres im Leben als schnippische Berlinerinnen und anschwellende Knöchel.
Karls Tochter hat angerufen. Das Telefonat hat mich bewogen, noch einmal aus dem Haus zu gehen. Eigentlich wollte ich es mir gerade mit einem Tee und meinem Malbuch und Stiften im Bett bequem machen. Aber dann hatte ich eine – für ihre Verhältnisse völlig aufgelöste – Angelika an der Strippe. Schluchzend bat sie mich, so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu kommen. Außer dass Karl nicht gestorben war, konnte ich nichts aus ihr herausbringen. Da ich seine Tochter als eher nicht überschäumenden Charakter kennengelernt hatte, musste es also wirklich etwas Wichtiges sein. Ich sprang in Jeans und Pumps und stürmte
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