Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
die Chancen zu öffnen.
|77| Also:
No risk, no fun, no life
. Das Problem: Wir wollen Risk null und Fun hundert. Dabei brauchen wir beides: maximales Risiko und maximale Freude. Wir müssen alles auf eine Karte und unser Leben aufs Spiel setzen. Wenn uns völlig klar wäre, was wir wollen, würden wir das tun. Aber wir sind permanent verwirrt: Zum Ziel führt nämlich niemals die gerade Strecke. Es liegen Steine im Weg. Sie wollen uns prüfen: Willst du das wirklich? Wenn ja, dann räum mich weg! Und am Wegesrand locken die Sonderangebote des Lebens. Sie rufen: Nimm lieber mich!
Vielleicht steht die Leiter am falschen Baum.
Da ist dann ein Mensch, der etwas werden will: Unternehmer zum Beispiel. Nun, das wird schwierig. Es gibt niemanden, der einem den Weg zeigt, es gibt in Deutschland auch keine Ausbildung zum Unternehmer. Er versucht es also zuerst mit dem Verkaufen von Versicherungen. Schließlich braucht er irgendwo Know-how und außerdem Kunden und ein Grundkapital, um sich selbstständig zu machen. Er zieht los. Nur: Da liegen Steine im Weg herum. Es ist schwer. Andere verkaufen besser. Er kommt nicht voran. Zweifel kommen auf. Nun, wer hat auch gesagt, dass es der richtige Weg ist? Vielleicht steht die Leiter am falschen Baum. Sagt er sich. Er hört vom Angebot eines Finanzdienstleisters, das klingt gut. Er kündigt und heuert dort an. Auch da liegen wieder Steine rum. Die nächste Station: Tupperware. Dann Herbalife. Alles wunderbare Unternehmen, aber er rennt von einem Sonderangebot zum nächsten, denn überall gibt es Steine, die es aus dem Weg zu räumen gilt. Gerade aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. Die Angebote sind wirklich billig, aber sie bringen ihn nicht weiter. Das ist so, als würden Sie für ein Sonderangebot im Supermarkt, in dem Sie für 5 Cent billiger einkaufen können, einen Umweg von 20 Kilometern fahren. Sonderangebote sind dazu da, um Leute vom Weg abzubringen und sie zu verführen, mehr zu geben, als zu nehmen. Ich weiß das, ich komme ja schließlich aus dem Einzelhandel.
Es gibt diese berühmte Weisheit von den Dakota-Indianern: Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steige ab!
|78| Diese Geschichte wird derzeit viel vorgetragen und ist in aller Munde – aber sie wird immer falsch verstanden. Sie wird als Ausrede verwendet, um auf ein Sonderangebot des Lebens hereinfallen zu dürfen. Anstatt den Weg, auf dem man ist, zu Ende zu gehen.
Ja, Unternehmer zu werden, ist schwierig. Irgendwann ist das Pferd, auf dem Sie reiten, tot. Aber was genau ist schwierig? Was ist das tote Pferd? Der Weg insgesamt? Oder nur die Wegbiegung? Und woher weiß man eigentlich so genau, ob das Pferd tot ist?
Bei Fort Defiance am Window Rock bemerke ich, dass mein Pferd tot ist. Und dann?
Ich stelle mir vor, ich bin ein Cowboy im Wilden Westen und reite nach Santa Fe. Bei Fort Defiance am Window Rock bemerke ich, dass mein Pferd tot ist. Und dann? Ja, dann will ich doch immer noch nach Santa Fe! Nur weil mein Pferd tot ist, ändere ich doch nicht mein Ziel! Ich tausche das Pferd aus, nicht mein Ziel! Ich senke nicht meine Ansprüche, ich ändere die Strategie.
|79| TRUGSCHLUSS
Warum die Sonderangebote des Lebens zu billig sind
A us meiner Zeit als Lebensmitteleinzelhändler weiß ich, dass es immer eine lange Reihe von Menschen gibt, die bereit ist, einen Umweg von 20 Kilometern zu fahren, um zwei Salatgurken in dem Supermarkt zu kaufen, in dem sie 2 Cent billiger sind als im anderen. Dass 20 Kilometer mit dem Auto mindestens einen Liter Super zu 1,50 Euro verbrennen, ist kein Geheimwissen und auf Nachfrage jedem Gurkenkäufer sofort klar. Trotzdem ist die Anziehungskraft von Sonderangeboten auf weite Teile der potenziellen Kundschaft ganz offensichtlich groß genug, dass sie sich für die Anbieter lohnen – ergo: Für die Käufer eben nicht lohnen.
Im Schererschen Laden, der in Freising ziemlich weit draußen lag, haben wir beispielsweise immer mal wieder eine ganz bestimmte lilafarbene Schokoladensorte reduziert angeboten und dabei bewusst in Kauf genommen, 1 000 Mark draufzulegen. Ein guter Deal! Denn an diesen Tagen ist in Freising dann prompt der Verkehr zusammengebrochen, weil jeder meinte, zum Scherer rausfahren zu müssen, um die billige Schokolade zu kaufen. Das hat uns dann ein paar hundert Kunden mehr gebracht, von denen keiner ausschließlich mit Schokolade heimgefahren ist.
Und abgesehen von den Zusatzkäufen: Keiner von ihnen
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