Glücksklee
Phantasie auf, und ja, vielleicht neigte sie wirklich gelegentlich zu Überreaktionen. Aber das war ja nicht immer eine schlechte Eigenschaft, und in ihrem Beruf war es häufig sogar nötig. Doch in diesem Fall hatte sie sich nichts zusammenphantasiert. Ihre Freundinnen mieden sie, schlicht und ergreifend, und das würde mit Sicherheit nur noch schlimmer werden.
Brian lächelte, als könnte er ihre Gedanken lesen. «So was darfst du gar nicht denken, Kleines. Gut, was Emer da mit ihrer Geburtstagsparty gemacht hat, war ein bisschen dumm, aber wahrscheinlich hat sie es nicht böse gemeint. Und ich bin sicher, dass ihr euch wieder vertragt.» Er lachte leise, während er sich hinunterbeugte und ihren Nacken liebkoste. «Das ist bestimmt alles bloß ein Missverständnis.»
Doch Jess ließ sich nicht so leicht überzeugen. «Wie könnte ich denn missverstehen, dass sie mich absichtlich angelogen hat? Und dass die beiden mich bei ihrem Einkaufsbummel nicht dabeihaben wollten? Wahrscheinlich haben sie sich dabei auch noch köstlich über mich und meinen doofen Schuhfetischismus amüsiert», fügte sie hinzu. «Sie finden mein Leben seicht und banal, und jetzt gehen sie auf Abstand zu mir. Und das nur, weil wir keine Kinder haben!»
Brian seufzte. «Hast du dir mal überlegt, dass sie vielleicht gar nicht auf Abstand zu dir gehen, sondern deine Nerven schonen wollen? Kinder können einen schließlich zum Wahnsinn treiben.»
Jess sah ihren Mann an. Sie hatte nie in Erwägung gezogen, dass ihre Freundinnen vielleicht versuchten, ihr den Krach oder das Theater zu ersparen. Ihr selbst wurden die Kinder nie zu viel: Sie genoss es einfach, mit ihnen zusammen zu sein.
«Aber sie geben mir das Gefühl, dass … dass wir eben nicht richtig mithalten können.»
«Wenn das so ist, dann sind sie einfach dämlich.» Brian grinste. «Ehrlich, Jess, ich finde, du machst aus einer Mücke einen Elefanten. Emer hat dich nicht zu ihrer Mutti-Party eingeladen – na und? Das kann dir doch egal sein.»
Aber Jess war es eben nicht egal, und da lag das Problem. Ihre Freundschaft bedeutete ihr viel, und sie befürchtete nun mal, dass diese Entfremdung der Anfang vom Ende sein könnte.
«Und jetzt denk doch mal an die Vorteile, die es hat, keine Kinder zu haben», fuhr Brian lachend fort. «Du und ich, wir haben als Paar so viele Freiheiten, während Leute wie Deirdre und Kevin nicht mal auf einen Milch-Shake zu McDonald’s gehen können, ohne dass gleich alles Kopf steht.» Brian küsste sie. «Und außerdem bist du immer noch unglaublich sexy und hast weder Schwangerschaftsstreifen noch Kaiserschnittnarben.» Er kitzelte Jess, und sie spürte, wie allmählich eine Last von ihr abfiel.
Brian hatte recht – sie konnten tun, wozu sie Lust hatten: einfach einen Last-Minute-Flug nach Paris oder New York buchen, ohne große Planung eine Kreuzfahrt um die Welt machen und auf schicken Partys hemmungslos Champagner süffeln.
Nicht dass sie so was öfter machten, aber entscheidend war, dass sie die Möglichkeit dazu hatten …
Jess fühlte sich schon wesentlich besser. Sie schlang die Arme um ihren Mann und küsste ihn. Als sie sich voneinander lösten, betrachtete er sie. «Mir scheint, du hast ein paar schwierige Tage hinter dir. Ich denke, am besten kommst du darüber weg, wenn du heute Abend mit deinem lieben Mann in ein nettes Lokal gehst.» Seine Augen funkelten. «Dann brauchst du dir nur noch zu überlegen, welchen Cocktail du bestellen willst und welches Paar von deinen Jimmy Choos du anziehst.»
Jess lächelte. Der Gedanke, mit Brian auszugehen und alles Vorgefallene zu vergessen, war verlockend. Das würde alles zurechtrücken und sie wieder daran erinnern, was für ein phantastisches Leben sie führte. Sie hatte einen tollen Job, ein traumhaftes Haus, schöne Klamotten und einen liebevollen Ehemann. Sie hatte es richtig gut getroffen und durfte sich von so einer Geschichte nicht unterkriegen lassen. Wahrscheinlich war es wirklich bloß ein Missverständnis gewesen, über das sie später einmal mit ihren Freundinnen lachen würde.
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Kapitel 6
Auf ihrer ganzen Reise nach Dublin machte Ruth sich Sorgen. Während des Fluges von Los Angeles nach New York litt sie unter ihrem Kater, und in ihrem Bauch wühlte eine unterschwellige Panik. Chloe hatte ohne irgendwelche Fragen die Pille danach für sie organisiert und ins Handgepäck gesteckt, zusammen mit einem Schwangerschaftstest, der sie, wie ihre Assistentin
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