Glücksklee
fertig gewesen war und nur von Stress, Sorgen und Koffein gelebt hatte? Oder half es einfach, dass sie in den schützenden Kokon Lakeview zurückgeschlüpft war?
Seit ihrer Rückkehr in ihr Elternhaus hatten Breda und Ollie sie wie eine Prinzessin behandelt und dankenswerterweise mit keinem Wort den Wahnsinn der vergangenen Woche oder das peinliche
Late-Tonight
-Interview erwähnt. Ja, Ruth kam es fast so vor, als sei ihre Heimatstadt gegen Ereignisse in der Außenwelt immun.
Der Empfang nach ihrer Rückkehr und ihre Ernennung zu Lakeviews bedeutendster Persönlichkeit des Jahres waren genau so abgelaufen, wie sie es sich erträumt und erhofft hatte, bis auf die Tatsache, dass sie in dem kleinen Abstellraum kurz die Fassung verloren hatte. Die Party war trotzdem ein Bombenerfolg gewesen. Obwohl die meisten Anwesenden vermutlich den Bericht in der Regenbogenpresse gelesen und mit ziemlicher Sicherheit auch das katastrophale Interview gesehen hatten, waren sie doch alle so anständig und höflich gewesen, keins von beiden zu erwähnen.
Ruth lachte leise in sich hinein: Auf einer Party in Hollywood wäre das undenkbar gewesen. Dort wurden die Menschen im Handumdrehen abgeurteilt, als Außenseiter, Huren oder sogar Bekloppte, schneller als sonst irgendwo auf der Welt. Allein die Tatsache, dass ihr Heimatstädtchen sie ohne Fragen und Nachforschungen wieder zu Hause willkommen geheißen hatte, sprach Bände über den Charakter der Menschen hier in Irland, fand Ruth, und sie war dankbar, dass man ihr ihren Aussetzer in der Heimat nicht nachtrug.
Außerdem war es schön, Freundinnen von früher zu haben, die auf sie achtgaben. Ruth lächelte, als sie an die verrückte Trish dachte, die sich kein bisschen verändert hatte. Zwischen all den Partygästen war Ruth so durcheinander gewesen, dass sie Trish nicht gleich erkannt hatte, aber als die junge Frau dann den Mund geöffnet hatte, war Ruth sofort klar gewesen, wen sie vor sich hatte. An Nina Hughes erinnerte sie sich noch undeutlich aus ihrer Teenagerzeit, bloß ganz flüchtig, denn Nina hatte nur gelegentlich ihren Vater besucht. Trotzdem, Ruth hatte Nina schon jetzt gern, sie war so freundlich und hatte ihr mit kühlem Kopf durch ihren Zusammenbruch geholfen.
Trish und Nina hatten sie heute Morgen ins Café eingeladen. Dieses Café existierte schon, seit Ruth denken konnte. Ella, die Besitzerin, war eine gute Seele. Im Gegensatz zu anderen Lokalbesitzern hatte sie sich nie beschwert, wenn Ruth und ihre Freundinnen eine Stunde nach der anderen in ihrem Café saßen, oft nur bei einem einzigen Glas Cola, das sie sich teilten.
Ellas Café war immer ein warmer, gastfreundlicher Ort gewesen, und Ruth freute sich darauf, die anderen Frauen heute dort zu treffen. Sie konnte sich nicht entsinnen, wann sie zum letzten Mal mit echten Freundinnen, ganz normalen Menschen, einfach Kaffee getrunken hatte. Klar, sie war mit Kollegen oder mit ihrem Agenten in Restaurants und Clubs gewesen, aber da war es gewöhnlich um Geschäftliches oder um Kontaktpflege gegangen.
Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, um ihr Leben zu betrachten. Es stimmte, in Hollywood hatte sie kaum echte Freunde. Die meisten Menschen da drüben behaupteten zwar etwas anderes, aber eigentlich versteckte sich so gut wie jeder hinter einer Maske.
Sie selbst eingeschlossen.
Inzwischen hatte sie mit Chloe telefoniert. Die Geschichte von Troy und Ruth hatte zwar in den ersten Tagen großen Unterhaltungswert gehabt, aber da weder Troy noch Ruth auf die Berichterstattung reagiert hatten, war das Thema langweilig geworden, und die Journalisten hatten sich umgehend auf neue Beute gestürzt. Ruth war darüber geteilter Meinung: Einerseits war sie heilfroh, dass Hollywood sie jetzt nicht mehr als Stadtschlampe bezeichnete, andererseits erhöhte die Publicity, so peinlich sie auch sein mochte, ihren Bekanntheitsgrad – das hatte ihr Agent Erik ihr erklärt.
Trotzdem begrüßte Ruth die Möglichkeit, dem falschen Schein und der Großtuerei zu entkommen. Wenn sie zurück in Hollywood war, würde sie noch Zeit genug haben, ihre Fassade wieder aufzupolieren, aber jetzt wollte sie es genießen, einfach sie selbst zu sein.
Sie krabbelte aus dem Bett und ging ihre Kleider durch, die ihre Mutter freundlicherweise ausgepackt und in den Schrank gehängt hatte. Okay, ihre Mutter war keine Chloe, aber sie hatte die ganze Woche nicht zugelassen, dass Ruth auch nur einen Finger rührte. Ein weiterer guter Grund, noch eine Weile in
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