Glücksklee
erst in ein paar Monaten, also keine Angst, bis dahin bin ich längst weg.»
Patrick nickte. «Das ist gut.» Damit stand er auf und verließ das Zimmer. Nina fühlte sich wie Dreck.
Empört folgte sie ihm in den Flur.
«Das ist gut? Ist das alles, was du zu sagen hast?», rief sie. Hatte er ihre Mutter auch wie eine Herumtreiberin behandelt? «Ich bin deine Tochter, und ich mache gerade eine schwere Zeit durch. Gut, vielleicht hätte ich es dir sofort sagen sollen, aber die Situation ist einfach hart. Mein Gott, Dad, kannst du das nicht verstehen?»
Unruhig stand Patrick vor ihr. «Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen», antwortete er schließlich. Vor Verblüffung war Nina sprachlos. Nach allem, was sie gerade gesagt hatte, war das seine einzige Sorge? Und seit wann war er so verdammt fromm?
Doch inzwischen rannen ihr, trotz ihres Schwurs, Tränen über die Wangen. «O Mann, jetzt ist mir völlig klar, warum Mum dich verlassen hat – du bist nichts weiter als ein herzloser Scheißkerl!», rief sie.
Bei diesen Worten fuhr Patricks Kopf hoch, fast als hätte sie ihm eine Ohrfeige gegeben. Sofort meldete sich Ninas schlechtes Gewissen. Sie hatte nicht so böse, so gemein sein wollen. Patricks Gesichtsausdruck blieb zwar gelassen, aber er wurde rot. Es war klar, dass sie ihn verletzt hatte.
Sie versuchte ihr Bestes, um es wiedergutzumachen. «Dad … es tut mir leid, ich hätte das nicht sagen dürfen … ich habe es nicht so gemeint.» Nina streckte die Hände aus, ohne zu wissen, ob sie ihn in die Arme nehmen wollte oder ob sie ihn anflehte, nicht wegzugehen.
Aber Patrick schaute sie gar nicht an. Ausdruckslos starrte er vor sich hin. Ein Mundwinkel zuckte, und Nina wünschte sehnsüchtig, sie könnte seine Gedanken lesen. «Dad? Es tut mir wirklich leid. Ich habe das ehrlich nicht so gemeint.»
Allmählich nahm sein Gesicht wieder die normale Färbung an. «Das ist nicht richtig, Nina. Du wirst schon sehen.»
«Was …?» Verdutzt sah sie ihn an. Fühlte er sich so sehr irgendwelchen religiösen Geboten verpflichtet, dass er nicht darüber hinwegsehen konnte? Dass er nicht nachvollziehen konnte, was seine Tochter gerade durchmachte? Nicht sah, dass die Situation verdammt schwierig und verwirrend war? Erneut spürte Nina, wie Wut in ihr aufflammte, und sie musste sich sehr beherrschen, um nicht wieder ausfallend zu werden. Aber nein, diese Genugtuung würde sie ihm nicht verschaffen.
«Schön», sagte sie endlich. «Mach dir keine Sorgen deswegen. Ich bin nicht mehr lange hier. Sobald ich kann, lasse ich dich in Frieden und nehme meine Probleme mit.» Nina legte sich schützend eine Hand auf den Bauch. Sie fühlte sich seltsam schuldig, weil sie ihr Baby als «Problem» bezeichnet hatte.
Patrick schaute sie mit so undurchdringlicher Miene an, dass sie wieder ganz verwirrt war. Es war, als wäre er sehr weit fort, als hätte er plötzlich vergessen, worüber sie gerade sprachen.
«Also?» Verzweifelt hob sie die Hände. «Ist das alles? Darf ich jetzt nach oben gehen?»
«Natürlich darfst du das, Nina.»
«Gut. Und nur zu deiner Information, sobald Mum wiederkommt, bin ich hier weg.»
«Ja, das ist eine gute Idee», sagte Patrick, plötzlich wieder ganz umgänglich.
Ärgerlich und mit einem Gefühl, als hielte dieses Haus sie gefangen, stapfte Nina die Treppe hinauf und in ihr Zimmer. Ganz erschüttert von der Begegnung mit ihrem Vater ließ sie sich auf ihr Bett fallen.
Ohne sich auszuziehen, kroch sie unter die Decke. Sie merkte, dass sie wieder weinte. Diese verdammten Hormone, dachte sie, bei jedem kleinsten Anlass musste sie heulen. Obwohl der Anlass eben gar nicht so klein gewesen war.
Sie griff nach ihrem Handy auf dem Nachttisch und wählte automatisch die Nummer ihrer Mutter.
Die Mailbox ging dran. «Hi, Mum. Ich bin’s, Nina.» Sie unterdrückte ihr Schniefen, denn ihre Mutter sollte nicht hören, dass sie geweint hatte. «Ich weiß, wir haben heute Morgen schon telefoniert, und jetzt seid ihr wahrscheinlich unterwegs, aber …» Nina machte eine Pause und überlegte, was sie eigentlich bezweckte. Auf keinen Fall durfte sie ein Riesentheater machen, sodass ihre Mutter sich um sie sorgte. Doch es war furchtbar schwer, jetzt nicht mit Cathy sprechen zu können. Ihre Mutter war schon immer ihre erste Ansprechpartnerin gewesen. Sie holte tief Luft. «Ach, ich wollte mich einfach melden. Ich hoffe, dass ihr beiden eine richtig schöne Zeit habt.» Sie legte auf, starrte aber
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