Glücksklee
Bestes tat, um ihre Fassung wiederzugewinnen. «Dave ist im Moment einfach ein bisschen … überarbeitet, stimmt’s, Schatz?»
«Ja,
Schatz
, genau das ist es, Überarbeitung», antwortete Dave mit eisiger Stimme. «Aber jetzt lasse ich euch beide allein, damit ihr ungestört schwatzen oder shoppen könnt oder was ihr Hausfrauen sonst so den lieben langen Tag macht», fügte er boshaft hinzu. Dabei war Jess doch gar keine Hausfrau, sondern hatte sich heute einen Tag Urlaub genommen.
Dave schnappte sich seine Aktentasche und verließ das Haus. Der Türrahmen bebte, als er die Haustür hinter sich zuknallte.
«Äh – störe ich?», fragte Jess. «Ich weiß, dass ich zu früh bin, aber wir können uns auch ein andermal treffen, wenn … wenn es dir jetzt nicht passt.»
Verständnislos sah Emer sie an. «Was willst du damit sagen? Alles ist gut. Komm rein, Jess. Amy schläft gerade, und mit etwas Glück haben wir noch Zeit für ein Tässchen Tee, bevor sie aufwacht.»
Jess folgte ihrer Freundin in die Küche. «Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Dave wirkte ein bisschen … gestresst.»
Emer wurde so knallrot, dass Jess die Frage sofort bereute. «Überhaupt nicht. Alles prima.»
Doch Jess hörte Emers Worte kaum, denn gerade war ihr aufgefallen, dass auf dem Küchenfußboden, merkwürdig nah an der Wand, Glasscherben lagen.
«Ach, ja, die paar Scherben. Ich habe das Glas beim Abwaschen von der Arbeitsplatte gestoßen», stammelte Emer. Das machte Jess nur noch misstrauischer. Auch wenn ihre Freundin das Gegenteil behauptete – hier war etwas durch und durch faul. Doch Jess wollte Emer nicht zum Reden drängen. Wenn ihre Freundin das Bedürfnis hatte, sich mitzuteilen, würde sie den Zeitpunkt dafür selbst wählen.
Emer fegte rasch die Scherben auf und kochte dann eine Kanne Tee. Dabei plapperte sie ohne Punkt und Komma.
«Und wie geht’s dir?», fragte sie schließlich. «Gibt’s was Neues?»
«Ach, sehr gut. Ich bin endlich mit diesem verdammten G-Force-Projekt fertig, für den Energy-Drink, du weißt schon. Da bin ich wirklich froh, das kann ich dir sagen.» Jess freute sich, dass sie mit jemandem sprechen konnte, der sich mit ihrer Arbeit auskannte.
«Nein, ich meine was anderes.» Emer lächelte und hob eine Augenbraue. Jess errötete, denn nun wurde ihr klar, worauf ihre Freundin anspielte.
«Ach so, noch nichts, aber ich bin voller Hoffnung – wenn auch noch nicht guter Hoffnung!» Sie grinste.
«Es dauert bestimmt nicht mehr so lange, und schon gar nicht, wenn ihr so wild entschlossen seid.»
Im Stillen fragte sich Jess, wie lange es wohl dauern würde, wenn nur sie allein fest entschlossen war, doch diesen Gedanken konnte sie Emer nicht mitteilen.
«Wir müssen wohl einfach abwarten», sagte sie daher diplomatisch. Sie hoffte, dass ihre beste Freundin nicht weiter in sie dringen würde.
«Das ist die richtige Einstellung. Du bist wenigstens nicht so verrückt, wie ich war, als wir angefangen haben. Ich habe mich wie eine Besessene benommen! Ich weiß nicht, wie der arme Dave mich ausgehalten hat, aber als Amy dann kam, war das natürlich alles vergessen.»
«Das kann ich mir vorstellen.»
Aber als Jess an den Streit dachte, den sie vor fünf Minuten mit angehört hatte, bezweifelte sie, dass Emer wirklich die Wahrheit sagte.
Am Abend saß Jess mit einem Glas Wein zu Hause vor dem Fernseher. Sie war niedergeschlagen. Dabei hatte sie trotz der peinlichen Situation mit Dave einen schönen Tag mit Emer verbracht. Sie hatten viel Spaß mit Amy gehabt und darüber gesprochen, wie sehr Jess’ Leben sich verändern würde, sobald sie selbst ein Baby hatte.
«Dann weißt du nicht mehr, was du früher mit deiner Zeit angefangen hast», hatte Emer erklärt, doch Jess hatte überlegt, dass sie sich sehr wohl daran erinnern würde, denn einen großen Teil ihrer Zeit verbrachte sie allein zu Hause, während Brian entweder Überstunden machte oder im Ausland arbeitete.
Das war ein weiteres gutes Argument, eine Familie zu gründen: Sie würde so viel mit dem Kind zu tun haben, dass die Arbeit vielleicht die Einsamkeit vertrieb, die sie in letzter Zeit oft überkam.
Als Jess nach der Fernbedienung griff und durch die Sender zappte, merkte sie, dass sie einen kleinen Schwips hatte. Erst konnte sie nichts Interessantes finden, dann jedoch landete sie bei einem Dokumentarfilmkanal, der eine Sendung mit dem Titel «Mein Überraschungsbaby» zeigte. Es ging um Frauen, die Kinder bekommen
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