Glücksklee
lebenslange Verpflichtung, und darauf sollten wir uns erst einlassen, wenn wir beide sicher sind, dass wir es jetzt wirklich wollen. Ehrlich gesagt, ich bin nicht überzeugt, dass wir schon so weit sind.»
«Aber warum denn nicht?», hatte Jess gefragt. «Wir lieben uns sehr, wir haben ein tolles Leben, gute Jobs – das sind doch ideale Voraussetzungen, um eine Familie zu gründen.»
«Genau. Wir haben ein tolles Leben. Ich bin gar nicht so sicher, ob ich gewillt bin, mein Vergnügen und meine Freiheit gegen spätabendliches Füttern und schmutzige Windeln einzutauschen. Und ich glaube auch nicht, dass du schon dazu bereit bist – du willst es dir bloß nicht eingestehen.»
Jess fand seine pessimistische Sichtweise schrecklich, aber am schlimmsten für sie war, dass er sie mit Gerede über Partys und Reisen vom Thema abzulenken versuchte – dabei hatte sie ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich für solche Dinge nicht mehr interessierte. Sie war jetzt erwachsen, und es gab mehr im Leben als Shopping und Urlaub.
Doch wenn Brian es schaffte, sie mit auf eine Party zu locken, vergaß sie seltsamerweise alles, was mit Babys zu tun hatte, und stürzte sich mitten hinein ins Vergnügen. Jess fragte sich, was das über sie aussagte. War sie wirklich so hohlköpfig, dass sie sich derartig leicht ablenken ließ?
Mit diesen neuen Fragen im Sinn machte Jess sich auf den Weg nach Lakeview, um wieder einmal Emer zu besuchen. Ihre Freundschaft war dank des neuen gemeinsamen Interesses an allem, was mit Babys zu tun hatte, vollkommen wiederhergestellt. Und Jess genoss nicht nur das Zusammensein mit Emer, sondern auch den Umgang mit ihrer kleinen Tochter. Es war eine gute Übung, und Emer brachte ihrer Freundin nur zu gerne alles bei, was man über Kinderbetreuung wissen musste.
Als Jess bei ihrer Freundin ankam, konnte sie sich kaum an die Autofahrt erinnern, so war sie in Gedanken versunken gewesen. Sie stieg aus und ging zur vorderen Veranda. Eigentlich war sie ein bisschen früh dran – hoffentlich machte das Emer nichts aus. Doch als sie gerade klingeln wollte, meinte sie, von drinnen laute Stimmen zu vernehmen.
Jess blickte sich um. Sah jemand, dass sie hier vor der Haustür stand? Sollte sie lieber wieder ins Auto steigen und noch ein bisschen herumfahren? Auf keinen Fall wollte sie ungelegen kommen und stören. Von drinnen hörte sie Emer sagen: «Genau das ist es, Dave – du bist nie da! Ich habe nie Hilfe!»
«Was redest du denn da? Du warst doch diejenige, die Kinder und ein riesiges Haus auf dem Land wollte. War dir denn nicht klar, dass das seinen Preis hat?»
«Ja, aber so viele Überstunden? Ich fühle mich schon fast wie eine alleinerziehende Mutter!»
«Und was denkst du, wovon wir den ganzen Kram hier bezahlen sollen?», gab Dave zurück. Jess wurde blass. Plötzlich verstand sie, warum ihre Freundin kürzlich so spitzzüngige Bemerkungen über ihre Kleider und ihre Ausgaben gemacht hatte. Nicht, dass Emer ihr die Sachen nicht gönnte, aber bei ihr war das Geld offenbar so knapp, dass ihre Ehe darunter litt.
Nun hatte Jess erst recht ein schlechtes Gewissen, weil sie in letzter Zeit so großzügig Geld ausgegeben hatte. Auf Emer mussten ihre Berichte darüber natürlich so wirken, als würde sie ihr das unter die Nase reiben. Aber Jess hatte ja keine Ahnung gehabt, dass …
«Ich habe dir doch von Anfang an gesagt, dass ich gar nicht so scharf auf …», hörte sie Daves Stimme. Worauf war Dave nicht so scharf gewesen? Auf den Umzug nach Lakeview? Oder auf ein Kind?
Doch Jess blieb keine Zeit, um darüber nachzudenken, denn auf der anderen Seite der Tür näherten sich laute Schritte. Ach du liebe Zeit!
Wenn ihr nicht sofort etwas einfiel, würde jemand die Tür öffnen und sie hier dumm rumstehen sehen. Hastig tastete sie nach dem Klingelknopf und drückte aus Versehen gleich zweimal hintereinander.
«Herrgott noch mal – wo brennt’s denn?» Die Tür wurde aufgerissen, und Dave stand im Anzug vor ihr. Sein Gesicht war rot vor Zorn, und Jess fühlte sich winzig klein vor Schreck. Wenn er und Emer nun merkten, dass sie jedes Wort mitangehört hatte?
«Oh, hallo, Dave! Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass du zu Hause bist», sagte sie mit gekünsteltem Lächeln.
Er prustete verächtlich. «Ja, bestimmt liegt meine liebe Frau dir dauernd damit in den Ohren.»
«Wie bitte?»
«Hör nicht auf ihn», meinte Emer, die jetzt im Flur erschien. Jess sah, dass ihre Freundin ihr
Weitere Kostenlose Bücher