Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
anfängt zu lallen, ist absolut fehl am Platze.
Aber eine Pension namens „ Zur schönen Touristenruh ‘?“
Na, da muss man auch erst einmal drauf kommen…
Nach kurzem und kargem Eincheckritual („Mier nemme hier kaa Kredidkadde, mier wolle nur eschd Geld“), nahm ich die vom Wirt persönlich wärmstens empfohlene „ Kalte Vesperplatte Laubach mit Gürkchen und Silberzwiebeln “ - unter strenger Beobachtung der Stammtischherren, die, seit ich aufgekreuzt war, gar nichts mehr von sich gegeben hatten - mit aufs Fremdenzimmer.
Zusammen mit drei halben Litern Licher Bier. Da hatten die kommentarlosen Stammtischbrüder nur noch die Augen unter ihren dicken, weißen Augenbrauen verdreht… Aber die Brauerei aus dem Vorort hatte bei mir wirklich Eindruck hinterlassen…
Und so eine beruhigende Hopfenkaltschale hatte ich mir als Frischgetrennt e ja wohl mehr als verdient!
In dem völlig abgewohnten Eicherustikal-Fremdenzimmer mit ebenso abgewetztem Schlingenteppichboden lief dann – neben knisternden und flimmernden Schwarzweiß-Fernsehsendungen (es gab nur drei Sender, wie früher) – der ganze bescheuerte Tag in einer Art Endlosschleife vor mir ab: das Knackgemüse, die Besenkammer, die Grapscher-Story und immer wieder Karsten, der Hot Doc.
Das komplette schäbige Kopf-Programm also.
Und zwar in Farbe… Flimmerfrei!
Am nächsten Morgen ließ ich dann fast die komplette „Kalte Vesperplatte“, die über Nacht schon gehörig Raumtemperatur angenommen hatte, zurückgehen (das Zimmer stank mittlerweile bestialisch nach Hausmacher Leberwurst Vogelsberger Art)…
Ich hatte nichts heruntergebracht, außer dem Flüssighopfen, wovon die drei leeren Flaschen zeugten.
Geschlafen hatte ich aber trotzdem keine einzige Minute.
Da hätte ich wohl noch ein paar Halbe mehr zischen müssen.
Doch offensichtlich hatte ich in diesem Vogelsberger Fremdenzimmer über Nacht wertvolle Einsichten gewonnen.
Eine davon lautete: Besenkammern haben in häufigen Fällen unabsehbare Nebenwirkungen. Man sollte dazu aber möglichst keinen Arzt befragen…
Langnasen unerwünscht
Das erste Weihnachten ohne Partner, das erste Silvester alleine. Ich steuerte auf das neue Jahr zu, und aus lauter Frust über meine bescheuerte Gesamtsituation hatte ich mir unzählige Dienste aufbrummen lassen. So musste ich dann notgedrungen bei Wind, Schnee und Eisregen von Groß-Nidda nach Gießen fahren, was wirklich kein Vergnügen war.
Die Mutter Oberin des Vinzenz-Joseph-Klinikums, nicht ganz vom Schlage einer Freifrau von und zu Amselfelder, jedoch in Ansätzen durchaus mit dem Prototypen des gemeinen Haubendrachens vergleichbar, war vor Begeisterung ganz aus dem Häuschen gewesen.
Endlich – im hohen Alter von über vierzig – war noch eines ihrer Schäfchen auf den rechten Weg gelangt und hatte der wahren weiblichen und barmherzigen Berufung den Vorrang gegeben…
Freiwillig an den allerhöchsten Feiertagen arbeiten?
Na, das brachte gehörig Punkte aufs Sympathiekonto…
Doch das heilige Weihnachtsfest im Kreise der Familie, meine beiden Brüder, Thomas und Timo (meine Eltern wollten sich bei den Anfangsbuchstaben nicht ständig umorientieren), waren samt ihrer ganzen „Mischpoke“, insgesamt fünf Patenkinder plus zwei großer Hunde, die mit ihren nassen Pfoten für ausreichend Putzmittelkonsum sorgten, und zwei Schwägerinnen, die die Früchte ihrer Kochkunst feinsäuberlich in Tupper verpackt hatten, angereist.
Es gab Wildgulasch und Rotkraut, Knödel, Spätzle, Salate und irgendeine „Creme Sowieso“, wo mit einer Art Bunsenbrenner herumhantiert wurde. Wohlgemerkt, mitten im Wohnzimmer, um das Ganze auch tischnah zu präsentieren.
Da konnte man über jeden Feiertagsdienst in der Klinik nur dankbar sein. Entschieden zu viel heile Welt und zu viel Trubel für eine frisch getrennte Tante Thea…
Selbst für meine Mutter, die fast achtzig und ziemlich schwerhörig ist, war das bald too much gewesen. Ich ertappte sie tatsächlich ohne Hörgerät, und das am heiligen helllichten Weihnachtstag. Das Geschnatter dieser vielen Familienmitglieder, die sich sonst nur telefonisch und einzeln das Jahr über zu Wort meldeten, war einfach zu viel für uns...
Besonders meine beiden Schwägerinnen lieferten sich eine Art Haus- und Ehefrauen-Krieg. Und das offensichtlich, ohne jegliche Geheimnistuerei. Wer ist die Schönere? Wer sieht jünger aus als die Andere? Wer hat die wenigsten Dellen in den Oberschenkeln, wer ist
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