Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
morgens verknitterter? Und wer verquollener?
Wer kann noch ungeschminkt an den Müllkasten gehen, ohne dass die Nachbarn sich ernsthaft erschrecken? Wer hat die besten Haushaltstipps am Start und kann den gepflegtesten Garten präsentieren – unkrautfrei und das alles ohne Chemie? Wer kennt sich mit Ernährungs- und Medizin-News am besten aus?
Wer hat trotz der Doppelbelastung noch ausreichend Zeit für Freundinnen, Sport und Kultur und ist somit auf dem Laufenden, was den Zeitgeist betrifft? Wer hat definitiv weniger negativen Stress?
Wer hat die talentiertesten Kinder auf die Welt gepresst , die – abgesehen davon, dass sie von Anfang an durchgeschlafen und kaum geschrien haben, mit knapp drei Jahren schon Englisch sprechen konnten und das „wie von ganz alleine“?
Und dann die Frage aller Fragen: Wer hat den allerbesten Ehemann unter Gottes Himmel abgekriegt?
Unerträglich !!! Und sie machten nicht einmal einen klitzekleinen Hehl aus ihrer Hausfrauen-Olympiade…
Dagegen war jede amerikanische Soap eine Wohltat fürs Trommelfell und „Two and a Half Men“ absolut Grimme-Preis-verdächtig.
Nachdem die trauten Familien – GOTT SEI DANK – am zweiten Feiertag wieder abgereist waren, hat Mutter ihr Hörgerät wieder nur noch nachts entfernt. Wie immer.
Aber dann kam Silvester. Da hat sie es dann wieder herausgenommen. Sie wollte einfach nur schlafen, es interessierte sie nichts vom ganzen Jahreswechsel, weder das Feuerwerk, noch das Fernsehprogramm.
So saß ich dann – an diesem Tag hatte ich unglücklicherweise keinen Dienst ergattern können – im wahrsten Sinne des Wortes mutterseelenallein vor der Glotze. Wahrscheinlich war das der erste Jahreswechsel seit meiner Teenie-Zeit, den ich mit mir selbst verbringen musste. Mit mir und diesem Fürsten. Wie hieß er noch gleich? Ach, ja. Metternich!
G laube ich zumindest…
Wahrscheinlich nur eine vage Erinnerung.
Zur Übertragung des Neujahrskonzertes aus Wien war ich dann aber wieder unter den Lebenden. Ich ging also hoch zu meiner Mutter, die im Obergeschoss residierte, und wir kochten Sauerkraut mit Rippchen. Ein mehr als opulentes Katerfrühstück für mich – für Mutter jedoch nichts weiter als ein herzhafter Jahresanfang.
Prosit Neujahr! Auf ein GUTES NEUES…
Nun hatte ich auch noch drei ganze Tage frei und hing wie immer vor dem Fernseher oder dem Laptop ab. Aber über die Feiertage schrieb kaum jemand von meinen verbliebenen Freunden. Die befreundeten Pärchen aus dem Karsten-Dunstkreis hatten sich nach unserer Trennung rasend schnell verdünnisiert.
Außer ein paar Floskeln (Wir bleiben in Kontakt, gell?) war nichts geblieben von all den vielen Jahren der engen Freundschaft, wo man ziemlich viel Freizeit und sogar Urlaube miteinander verbrachte hatte. Alle Geburtstagsfeiern, alle Hochzeiten, Wohnungsein- und -ausweihungen wurden zusammen zelebriert. Doch nun war ich abgeschrieben. Überflüssig.
Kein Hahn krähte mehr nach mir von der Gießener Clique.
Irina Semjionowa hieß das blutjunge und nicht weniger knackige Austauschmodell von Schwesternschülerin mit vollständigem Namen, zumindest hatte mir das meine Kollegin, die reizende Frau Graf, gesteckt.
Sie war wohl der letzte Mensch im Klinikum, der noch eine gewisse Restsolidarität mit mir pflegte.
„Kopp hoch, es komme auch widder annere Zeide!“ , im hessischen Dialekt klang das wie Tipps gegen Liebeskummer von Lia Wöhr persönlich. Einfach herzerwärmend.
Frau Graf, die gute Seele, h atte das auch bestimmt ganz ehrlich und gut gemeint, aber richtig trösten konnte es mich nicht.
Alle – AUSSER MIR – hatten eine Familie, manchmal sogar noch eine zweite oder dritte in petto, eigene oder angeschleppte Kinder, eigene oder mitgeschleppte Freunde (Freunde???) oder zumindest Tiere an ihrer Seite. Das waren meist wirklich ihre eigenen, vermutete ich.
Und ich? Was hatte ich schon? Einen Teilzeitjob als Em pfangssekretärin auf der Orthopädie des JVK Gießen. Ansonsten die Freitags-Mischpoke, meine einzigen „eigenen Freunde“, die nichts mit dem leitenden „Oberarsch“ Dr. Karsten Breidenbach zu tun hatten, mich aber immer dann störten, wenn ich mal in Ruhe eine der Talkshows sehen wollte, was noch das Interessanteste war, das im Fernsehen so lief. Die Sissi-Filme, die über die Feiertage mal wieder ran mussten, mal ganz außen vor gelassen. Die laufen ja immer außer Konkurrenz.
Das nennt man wohl Deutsches Kulturgut.
Unantastbar!
Es war wohl
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