Glücksspiel der Liebe
Doch wir alle nahmen die Sache sehr ernst. Wenn auch keine von uns je erwartete, einmal ihren Lebensunterhalt selbst verdienen zu müssen.« Sie lächelte etwas schief. »Meine Freundinnen wären ebenso schockiert wie Sie, wenn sie von diesem Buch erfahren würden.«
»Das werden sie nicht. Niemand wird jemals davon erfahren«, erklärte er mit Bestimmtheit. Er hatte zwar erst heute Vormittag Judith davon erzählt, aber Judith war verschwiegen wie ein Grab. »Es ist unabdinglich, dass wir anonym bleiben. Außerdem,« — er grinste — »wenn sieben junge Damen etwas geheim halten können, können wir das sicherlich auch.«
Einen langen Augenblick betrachtete sie ihn. »Ich weiß Ihre Bemühungen in dieser Sache wirklich zu schätzen.«
»Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite.«
»Warum tun Sie das?«
»Ist das eine offizielle Frage?«
Sie lachte. »Ja, ich denke schon.«
»Es scheint mir das Mindeste zu sein, was ich für eine Freundin in Ihrer Lage tun kann.«
»Sind wir denn bereits Freunde?«
»Ein wenig, hoffe ich. Um ehrlich zu sein, Miss Fairchild, hat mich noch nie eine Frau — abgesehen von meinen Schwestern — in einer so ernsten Angelegenheit um Hilfe gebeten.« Er sah ihr direkt in die Augen. »Ich bedaure, dass ich nicht ebenso ehrlich war wie Sie. Entschuldigungen allein scheinen mir nicht ausreichend, meinen Irrtum wieder gutzumachen. Daher fühle ich mich verpflichtet, Ihnen behilflich zu sein, ihr trauriges Schicksal abzuwenden. Sie baten mich um Hilfe und ich verweigerte sie. Bisher hielt ich mich immer für einen Ehrenmann und ich bin nicht stolz auf mein Verhalten.«
»Ich verstehe. Und wenn mein Schicksal nicht abzuwenden ist? Wenn wir die nötigen finanziellen Mittel nicht erwirtschaften können? Wenn ich keine andere Möglichkeit sehe, als den von meinem Vater bestimmten Mann zu heiraten?«
»Das wird nicht geschehen«, entgegnete er mit Nachdruck.
»Das alles hier wirkt auf mich so unwirklich. Ich hege große Zweifel am Erfolg dieses Plans, wohingegen Sie vollkommen zuversichtlich sind.«
»Das bin ich.« Er nickte. Es war leicht, Zuversicht auszustrahlen, da er genau wusste, woher die finanziellen Mittel kämen. »Seien Sie ganz beruhigt, Miss Fairchild, diese Unternehmung wird Ihre Rettung sein.«
»Dann darf ich mich also glücklich schätzen, einen Freund wie Sie gefunden zu haben.« Sie lächelte und sein Magen verkrampfte sich.
»Ich bin der Glückliche.« Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sich tatsächlich glücklich schätzte.
»Weil Sie endlich ein Werk von sich gedruckt sehen werden, wenn auch nur anonym?«
»Ganz genau«, nuschelte er undeutlich. Es konnte ja wohl kaum einen anderen Grund geben sich zu fühlen, als hätte man gerade den Hauptgewinn in einer Lotterie gezogen? Als läge ihm die ganze Welt zu Füßen? »So ist es.«
»Das dachte ich mir. Sehr gut.« Fiona holte tief Luft. »Er sollte sie jetzt nehmen, wie es ihm gebührt.«
»O ja.« Sein Blick wanderte hinab zu ihren Lippen.
»Und dann?«
Ihre Worte umschlangen ihn, ohne nachzudenken beugte er sich nahe zu ihr. »Und dann?«
»Was passiert als nächstes?« Ihre Stimme war weich und ach, so verlockend.
»Als nächstes?« Er war nah genug, um sie zu küssen. Ein harmloser Kuss zur Besiegelung einer Freundschaft wäre doch wohl erlaubt?
»Der nächste Satz, mein lieber Lord Helmsley. Wir sollten uns wieder an die Arbeit machen.« Ihre Mundwinkel bogen sich kaum merklich zu einem zufriedenen Lächeln nach oben. Demonstrativ wandte sie sich von ihm ab und las vor. »Er sollte sie nehmen. Auf der Stelle. Wie es ihm gebührte.«
Genau das sollte er tun. Jonathon verbannte den sündigen Gedanken aus seinem Kopf und stand auf. »Also gut, weiter im Text.« Er machte ein paar Schritte, dann blieb er stehen, sah sie an und lächelte.
»Denn er wusste, wie alle Götter solcherlei Dinge wussten, dass sie es ebenso wünschte wie er.«
Achtes Kapitel
Am nächsten Morgen, nicht annähernd so früh wie am Tag zuvor, doch immer noch früher, als einem Lieb sein kann, aber gelegentlich kann man sich das eben nicht aussuchen...
»Nichts hebt die Stimmung junger Damen wie ein neues Kleid.« Tante Edwina umkreiste den Hocker, auf dem Fiona stand, und inspizierte die um ihre Nichte drapierten Stofflagen. Sie war völlig aus dem Häuschen, seit Lady Chesters Einladung gestern Nachmittag eingetroffen war, und hatte unverzüglich ihre Lieblingsschneiderin einbestellt.
Prüfend rieb sie ein
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