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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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ihr
augenscheinlich wenig Freude bereitete.
    Später,
wir waren bereits auf dem Rückweg, begann es leicht zu regnen. Und plötzlich meldete
sich mein Handy. Im Frühlingswald mit seinen Naturgeräuschen, dem Rascheln welker
Blätter auf dem Boden, dem Knacken der Äste und dem sanften Tröpfeln des Regens,
nahm sich der Klingelton fast unwirklich aus. Auf Wunsch Eichelscheids und Harboths
trug ich das Telefon bei jeder Ausfahrt bei mir. Zum Einsatz war es allerdings noch
nie gekommen. Ich nestelte es aus meiner Rückentasche und nahm das Gespräch an.
    »Hier Heiner«,
hörte ich Katinkas Mann in ungewohnter Hast. »Bitte sag ihr nicht, wer dran ist.
Ich brauche dich. Dringend.«
    »Was gibt’s
denn?« Der Weg führte bergab, deshalb war ich Katinka wenige Meter voraus.
    »Moritz
ist verschwunden. Ich war mit den beiden auf dem Spielplatz und habe ihn für ein
paar Minuten aus den Augen gelassen. Er lag im Kinderwagen und schlief. Als ich
zurückkam, war er fort.«
    »Die Gurken?«,
rief ich. »Mensch, Christine, die liegen doch auf dem Balkon!«
    »Katinka
darf es nicht erfahren. Ich mache mir solche Vorwürfe. Vielleicht klärt sich ja
alles auf, aber im Moment bin ich ratlos. Kannst du kommen?«
    »Ja, klar.
Sobald wir hier fertig sind.«
    »Und soll
ich die Polizei rufen? Was meinst du?«
    »Mach das.
Auf jeden Fall.«
    »Okay. Aber
komm du bitte auch. Ihr müsstet ja demnächst zu Hause sein, oder?«
    »Wohin soll
ich denn fahren … ich meine, um das Brot zu besorgen?«
    »Du kennst
doch den Spielplatz, zu dem wir immer gehen. Ein Stück unsere Straße runter.«
    »Dann bis
nachher. Tschüs, Christine!«
    Ich steckte
das Handy wieder ein. Katinka hatte aufgeschlossen.
    »Frauen«,
zwinkerte ich ihr zu. Sie lächelte schwach.
    Die letzten
Minuten unseres Laufs zogen sich. Zäh wie ein Riesenkaugummi. Ich war Katinka immer
einen Meter voraus, doch sie blieb stur bei ihrem Tempo. Eine Serpentine und noch
eine. Verdammter Odenwald! Verstohlen linste ich zur Uhr. Am Ende bekam Katinka
noch Lust auf eine Extraschleife!
    »Heute bin
ich froh, wenn ich zu Hause bin«, sagte ich und brachte ein herzzerreißendes Gähnen
zustande. »Ist nicht mein Tag.«
    Katinka
schwieg.
    Endlich
waren wir am Ziel. Das Haus der Glücks lag verlassen da, hinter dem Gartentürchen
stand Fionas rotes Bobbycar und wartete auf seinen Einsatz. Katinka wischte sich
über das feuchte Gesicht und sagte: »Bis Dienstag. Komm gut nach Hause, Max.«
    »Mach ich.
Gehe nur noch schnell das Brot besorgen.«
    Zack, fort
war ich. So knapp hatten wir uns schon lange nicht mehr voneinander verabschiedet.
Ein paar Meter radelte ich in normalem Tempo, um dann Fahrt aufzunehmen und den
Spielplatz nach nicht einmal einer Minute zu erreichen. Neben der Umzäunung parkte
ein Streifenwagen. Heiner winkte mir aufgeregt zu.
    Ich stellte
mein Rad ab und ging zu ihm. Zusammen mit seiner Tochter und den beiden Polizisten,
einem Mann und einer Frau, hatte er sich unter das winzige Vordach eines Toilettenhäuschens
gestellt, obwohl es nicht mehr regnete. Heiner war blass, auch die kleine Fiona
schaute eingeschüchtert. Der Polizist meinte eben, man solle die Mutter informieren,
vielleicht wisse die etwas über den Verbleib des Kindes.
    »Weiß sie
nicht«, sagte ich. »Ich war zwei Stunden mit ihr im Wald.«
    »Im Wald?«,
echote der Typ und konnte sich nicht verkneifen, die Brauen so hoch zu heben wie
nur möglich. »Mit der Mutter?«
    »Ja, im
Wald. Was ist passiert, Heiner? Wieso hast du Moritz aus den Augen gelassen?«
    »Fiona musste
mal«, rechtfertigte er sich. Dabei war meine Frage gar nicht als Vorwurf gedacht.
»Ich bin mit ihr auf die Toilette, und das dauerte halt ein paar Minuten. Moritz
schlief. Der Wagen stand dort drüben unterm Baum, mit hochgeklapptem Regenschutz.
Auf der Straße war kein Mensch zu sehen. Wer rechnet auch damit, dass sich hier
Kindesentführer herumtreiben könnten?«
    »Na, so
weit sind wir noch nicht«, meldete sich die Polizistin zu Wort. »Überlegen Sie mal,
ob nicht einer Ihrer Nachbarn Ihren Sohn mitgenommen haben könnte. Möglicherweise
kam jemand vorbei, sah den Wagen im Regen stehen, erkannte Moritz und dachte sich,
den bringe ich schnell nach Hause.«
    »Da war
aber nichts«, sagte ich. »Ich komme ja von den Glücks. Kein Kinderwagen vorm Haus,
keiner unterwegs.«
    »Dann hat
ihn vielleicht jemand mit zu sich genommen, bis der Regen nachlässt.«
    Ich sah
zum Himmel. »Es regnet doch gar nicht mehr.«
    »Keiner
unserer

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