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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Nachbarn würde das tun«, rief Heiner. »Die wissen ganz genau, dass ich Moritz
niemals allein auf dem Spielplatz zurücklassen würde.«
    »Höchstens
für ein paar Minuten«, lächelte der Polizist säuerlich und zog die Mütze ab, um
seinen Scheitel zu justieren. »Jedenfalls hat meine Kollegin recht, wenn sie erst
einmal die naheliegenden Möglichkeiten überprüft, bevor wir hier das ganz große
Geschütz auffahren. Bitte denken Sie noch einmal nach, wer in der Nachbarschaft
Ihren Sohn zu sich genommen haben könnte.«
    »Niemand!«
In Heiners Augen flackerte Panik. »Frau Osterloh hat ein paar Mal auf ihn aufgepasst,
aber die würde doch nie und nimmer …« Verzweifelt schüttelte er den Kopf.
    Ich winkte
die beiden Beamten ein Stück zur Seite. »Sie wissen wahrscheinlich nicht«, sagte
ich mit gesenkter Stimme, »dass Herr Glück und seine Frau seit einigen Wochen bedroht
werden. Es gab da eine Reihe von verdächtigen Vorfällen, Ihre Kollegen in Heidelberg
sind informiert. Verstehen Sie, wir müssen einfach davon ausgehen, dass etwas passiert
ist.«
    »Nanuschka
ist überfahren worden«, tönte ein Stimmchen in meinem Rücken. Ich drehte mich um.
Klein Fiona sah mich aus großen Augen an. »Nicht wahr, sie ist jetzt im Katzenhimmel?«
    »Tja.« Ich
suchte Blickkontakt mit Heiner. Den nächsten Hörtest konnte sich seine Tochter sparen.
»Sieht so aus«, sagte ich und fuhr dem Mädchen übers Haar. »Aber du bekommst sicher
eine neue Katze.«
    Heiner nickte.
    »Gut«, räusperte
sich der Polizist, »dann sagen wir jetzt den Kollegen Bescheid. Trotzdem möchten
wir Sie bitten, Herr Glück, uns die Namen und Adressen von Nachbarn zu nennen, bei
denen Ihr Sohn eventuell untergekommen sein könnte.« Er wandte sich an mich. »Und
Sie sind bitte so freundlich und fahren noch einmal die Straße zum Haus der Glücks
ab.«
    Ich zuckte
die Achseln. »Kann ich machen.«
    »Ich will
eine goldene Katze«, flüsterte Fiona ihrem Vater zu. »Bitte, bitte, eine goldene
mit ganz fluschigem Fell.«
    Während
Heiner den beiden Polizisten widerstrebend die Namen von Nachbarn diktierte, nahm
ich die Stelle in Augenschein, an der Moritz im Kinderwagen geschlafen hatte. Eine
alte Fichte mit dichtem Nadelkleid stand dort, um den Stamm herum war der Boden
noch trocken. Flach war die Stelle auch, der Wagen konnte also nicht aus Versehen
weggerollt und irgendwo im Grünzeug ringsum gelandet sein. Zwischen der Fichte und
dem Eingangstürchen im Zaun lagen dagegen nur ein paar Meter.
    Ich fluchte
leise. Alles sprach für eine Entführung.
    »Okay, ich
fahre dann mal los«, rief ich den drei Erwachsenen zu. »Heiner, mach dir keine Sorgen!
Es wird sich alles klären.«
    Keine Reaktion.
Als Lügner brauchte ich dringend Nachhilfeunterricht.
    Mit einem
flauen Gefühl im Magen schwang ich mich aufs Rad. Wie sollte ich das Katinka erklären?
Da begleitete man die Frau auf Schritt und Tritt, bis in die Lüneburger Heide und
in den Harz – und dann wurde ihr Sohn entführt. Am helllichten Tag einfach geklaut.
Okay, die Straße lag am Ortsrand, und wegen des Regens war niemand unterwegs gewesen.
Nur die Entführer. Was waren das für Leute? Sie mussten uns ständig im Blick haben.
    Der Asphalt
glänzte. Die Schlaglöcher kamen mir noch tiefer vor als sonst. Dort oben war schon
das Haus der Glücks. Verdammt, wenn Katinka jetzt aus dem Fenster schaute, musste
ich ihr erklären, was geschehen war. Warum hatte Heiner nicht besser aufgepasst?
Und wie dreist waren diese Typen, dass sie eine zufällige Gelegenheit derart gnadenlos
ausnutzten?
    Im nächsten
Moment hörte ich auf zu treten.
    Dreist war
es wirklich. Am helllichten Tag. Auf offener Straße. Zu dreist? Was, wenn Heiner
die ganze Geschichte nur erfunden hatte? Gab es denn Zeugen? Es hatte geregnet.
Kein Mensch auf dem Spielplatz. Nur Papa Glück mit seinen beiden Kindern.
    Langsam
fuhr ich weiter. Woher rührten eigentlich solche Gedanken? Warum verdächtigte ich
ausgerechnet den netten Heiner?
    Ich erreichte
das Ende der Straße. Rechts das Haus der Glücks. Und davor … ein Kinderwagen! Die
letzten Meter wurden wieder im Eiltempo zurückgelegt. Ja, es war ein Kinderwagen,
dunkelblau, der Regenschutz hochgeklappt. Mit quietschenden Reifen hielt ich an
und plumpste mit den Augen schier ins Wageninnere. Da lag Moritz und schlief. Friedlich.
    »Meine Fresse!«,
stöhnte ich und schloss die Augen. Einfach der Gerölllawine nachlauschen, die mir
gerade vom Herzen plumpste. Ich hätte nicht

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