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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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innerhalb
derer sich ein Einsatz lohnt, sind eng. Und prompt ging es schief, als es nicht
schief gehen durfte. Als ich mit geliehenem Geld spielte.«
    »Von wem
geliehen?«
    »Von Ben
natürlich. Beziehungsweise irgendwelchen Organisationen, mit denen er in Verbindung
steht.« Er sah zu seinem Studienkollegen hinüber, der es sich neben der Holzkiste
so bequem wie möglich machte. »Es hieß, ich hätte fünf Minuten zu spät auf den Knopf
gedrückt. Aber ich bin sicher, dass ich gelinkt wurde. Denn von nun an hatten sie
mich in der Hand. Ich schuldete ihnen einen Haufen Geld, das ich unmöglich zurückzahlen
konnte.«
    »Aber wer
sind sie ?«, fragte Katinka. Sie sprach leise, weil auch Dr. Karst plötzlich
viel ruhiger geworden war.
    »Das müsst
ihr Ben fragen. Sein Institut arbeitet mit Investoren auf der ganzen Welt zusammen.
Verhandelt habe ich immer nur mit ihm.«
    »Es sind
Spieler«, erklärte Brose. »Professionelle Spieler. Leute, die gern wetten und das
nötige Kleingeld haben. Asiaten, Amis, Russen. Araber nicht, denen steht die Religion
quer. Am schärfsten sind die Mexikaner. Und alle arbeiten sie mit unseren Programmen.
Aber wenn der Erfolg garantiert ist, wird es irgendwann langweilig, ich versteh
das. Dann braucht man neue Projektfelder, neue Ideen.«
    »Und die
wären?«, fragte ich.
    Brose grinste.
Karst zeigte auf den Karton, den Katinka noch immer in der Hand hielt, und sagte:
»Das da. Alice.«
    Stumm wechselten
Katinka und ich Blicke. Dass Gedanken aber auch so zäh sein konnten! Geradezu klebrig.
Endlich fragte ich zögernd: »Sie nennen dieses Zeug Alice?«
    Karst nickte.
    »Nach Ihrer
ältesten Tochter? Warum?«
    »Sollen
wir es beim Herstellernamen nennen?«, lachte Brose. »Den merkt sich doch keiner!«
    Katinka
zog erneut eine Ampulle ans Tageslicht, um die Aufschrift zu lesen. Brose hatte
recht, für Laien wie mich war der Name kaum zu behalten. Irgendwas mit -oxy und
-gen und einigen Zahlen.
    »Und was
ist das?«, fragte Katinka.
    »Eine Substanz,
die deine Genstruktur verändert«, antwortete Karst. »Sie bewirkt, dass dein Körper
unter Belastung zusätzliches Epo produziert. Die Leistungssteigerung soll mehr als
fünf Prozent betragen.«
    »Zehn Prozent«,
rief Brose. »Mindestens!«
    »Das Zeug
hier?«, flüsterte Katinka und hielt die Ampulle in die Höhe.
    Der Arzt
nickte. Es entstand eine Pause, in der Katinka die Ampulle langsam in den Karton
zurücklegte, ohne Karst aus den Augen zu lassen. Der wurde unter ihren Blicken immer
kleiner, er schrumpfte regelrecht, wie er da neben der Kommode stand, ein schwitzendes,
farbloses Nichts.
    »Das glaube
ich nicht«, sagte sie schließlich leise. »Das will und kann ich nicht glauben.«
    Karst stöhnte
auf. »Was sollte ich machen? Sie hatten mich in der Hand. Wenn ich es nicht getan
hätte, hätten sie einen anderen gefunden. So konnte ich wenigstens gewährleisten,
dass alles medizinisch korrekt abläuft.«
    »Medizinisch
korrekt?«, schrie Katinka auf. »Das nennst du korrekt?« Sie sprang auf, bebend,
der Karton entfiel ihrer Hand.
    »Hör zu,
Katinka«, rief Karst panisch, »du hast Alice nicht bekommen. Ich schwöre es dir!
Du bist ja immer so misstrauisch, bei dir ging es nicht. Als ich dir letztes Mal
eine Vitaminspritze vorschlug, hast du abgelehnt, erinnerst du dich?«
    »Du Schwein!«,
brüllte sie. Ich sah, wie ihr die Tränen über die Backen liefen.
    »Und genau
das war das Problem«, mischte sich Brose ein. Es war nicht zu glauben: Der Kerl
klang noch immer so unbeschwert, als sprächen wir gerade über das Wetter oder die
Farbe von Maiglöckchen. »Misstrauische Athleten können wir uns nicht leisten.«
    Katinka
schluckte. »Deshalb also sollte ich nicht nach London fahren. Weil ich mich nicht
so einfach manipulieren ließ.«
    »Du hast
keinen einzigen Tropfen von dem Zeug in dir«, sagte Karst heiser. »Glaub mir. Du
bist …«
    »Halt’s
Maul!«, schrie ihn Katinka an und presste beide Hände gegen die Ohren. In dieser
Haltung stürzte sie zur Terrassentür, stieß sie mit der Schulter auf und rannte
davon.
    »Noch Fragen?«,
murmelte Brose, ihr nachblickend.
    Ich beugte
mich vor und hob den Karton vom Boden auf.
    »Vor diesem
Moment habe ich mich gefürchtet«, hörte ich Karsts heisere Stimme. »Dass es Katinka
erfährt. Sie hat mir immer vertraut.«
    »Hat sie
nicht«, widersprach Brose. »Sonst hätte sie nicht dauernd wissen wollen, was du
ihr spritzt.«
    »Bitte«,
wandte sich Karst beschwörend an mich, »Sie

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