Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)
ist harmlos.
Und es wirkt. Eine deutsche Olympiasiegerin werden wir so zwar nicht produzieren,
das würde auch auffallen. Aber ein fantastisches Teamergebnis. Mit dem niemand gerechnet
hat.«
»Außer Ihren
Partnern.«
»Das System
ist total ausgeklügelt. Ich würde es Ihnen ja auseinander dröseln, wenn wir die
Zeit hätten. Um so richtig Kohle zu machen, muss man den Einsatz auf die ganze Welt
verteilen. Da setzt man in einer Hinterhofklitsche in Kuala Lumpur halt mal nur
1000 Dollar auf die Mädels. Große Summen machen eh nur misstrauisch. Die Quote bringt’s.
Und weil irgendwelche Idioten gerade wie wild auf das englische Team setzen, steigt
unsere.« Noch ein Schluck Wasser. »Wobei ein Teil der Idioten allerdings gekauft
ist. Das Spiel muss ja in Gang kommen.«
»Haben die
Engländer kein Alice?«, fragte ich und packte das Fässchen wieder beidhändig.
»Unwahrscheinlich.
Aber nicht auszuschließen. Hey, das bringt doch nichts!«
Zack! Das
Türholz splitterte. Irgendwann musste die Fassung des Schlosses aus dem Holz brechen.
Aber ob mein Rammbock so lange hielt?
Ein weiterer
Schlag. Vor lauter Beulen und Dellen wusste ich kaum noch, wo ich das Fässchen halten
sollte. Zack! Jetzt begann es schon an einer Stelle zu brodeln. Am Fass natürlich,
nicht an der Tür! Meine Finger wurden klebrig. Den nächsten Schlag führte ich vorsichtiger
aus und versuchte umso genauer zu zielen. Das Brodeln wurde stärker. Ratlos hielt
ich inne. Von draußen kam kein Geräusch.
»Wenn Sie
das Fass aufkriegen, haben wir wenigstens was zu trinken«, sagte Brose.
Ich trat
gegen die Tür. Nichts. Ich warf mich dagegen. Nichts. Also musste das Fass wieder
dran glauben. Ich holte aus, schlug zu – und bekam eine Ladung Bier ins Gesicht.
Beim Auftreffen des Metalls auf dem Holz musste die Hülle gerissen sein. Brose johlte
vor Vergnügen.
»Scheiße!«,
schrie ich und warf das Fass von mir. Zischend und brodelnd drang sein Inhalt ins
Freie. Brose schnappte sich das völlig deformierte Ding und gönnte sich eine Bierdusche.
Hielt es senkrecht über sich, dass die Flüssigkeit über Gesicht, Haare und in den
Mund strömte. An seiner Schläfe vermischte sie sich mit dem angetrockneten Blut.
»Geil!«,
rief er. »Superaffengeil!«
Seine Lippen
schlossen sich um den Riss, damit nur ja kein Tropfen verloren ginge. Doch es gab
weitere Bruchstellen, aus denen das Bier drang. Schließlich setzte er das Fass ab.
»Sie haben’s
echt drauf«, keuchte er. »Echt wahr. Mit einem Bierfass eine Tür aufmachen, darauf
muss man erst einmal kommen.«
Ich nahm
Anlauf und rammte meine Schulter gegen die Tür. Sie wackelte und ächzte, gab aber
nicht nach. Nur meine Schulter schmerzte. Noch ein Versuch, dann gab ich es auf.
Verdammt, viel hätte nicht gefehlt!
»Zu zweit
schaffen wir’s«, sagte ich. »Wie wäre es, wenn Sie auch mal was täten?«
Brose rülpste.
»Wozu?«, entgegnete er. »Am Ende reizen wir ihn nur. Er hat eine Waffe, da halte
ich mich lieber zurück. Peace, my people.«
Ich lauschte.
Immer noch kein Geräusch draußen. Wahrscheinlich hatte Karst die Flucht ergriffen,
schweißüberströmt, mit irrem Blick. Aber wohin wollte er? Zu seiner Familie? Ich
konnte nur hoffen, dass Katinka den Mut hatte zurückzukehren und uns irgendwann
fand.
»Scheiße!«,
rief ich noch einmal und trat gegen den Kartoffelsack. Dann nahm ich Brose das Fässchen
weg.
»Gut, was?«,
sagte er zufrieden, als er sah, dass ich ebenfalls meinen Durst löschte. Dabei war
es gar kein Durst. Es war die Enttäuschung, der pure Frust, der sich in dem Wunsch
entlud, etwas Superdämliches zu tun. Wenn man schon eingesperrt war, konnte man
sich auch gleich besaufen. Ich trank und trank, bekleckerte mich dabei von oben
bis unten. Und wie das Zeug schmeckte, verrate ich lieber nicht.
»Hey, hey«,
meldete sich Brose. »Sie lassen mir aber schon noch was drin, ja?«
Ich setzte
das Fass ab, wischte mir über den Mund und rülpste ebenfalls. Anschließend ließ
ich mich auf einen freien Getränkekasten plumpsen.
»Die Sache
ist nämlich wirklich kompliziert«, fuhr er fort. »Die Sache mit den Sportwetten,
meine ich. Als Otto Normalverbraucher können Sie nicht einfach eine Million auf
irgendein Ereignis setzen. Erstens nimmt das kein Buchmacher an, und zweitens steht
dann sofort Interpol auf Ihrer Fußmatte. Sie brauchen ein Netzwerk, und das haben
meine Kooperationspartner. Vor allem die Asiaten. So eine richtige Pyramide aus
Helfern haben die über die
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