Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
Vom Netzwerk:
bringt.«
    »Okay.«
Sie bückte sich, hob einen Stein auf und warf ihn flach über den See. Wir hörten
ihn dreimal auf der Wasseroberfläche auftitschen, dann verschluckte ihn die Dunkelheit.
    Die Sache
mit den Fotos funktionierte allerdings nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Das Übertragungskabel für mein Handy lag nutzlos in Heidelberg herum, und ein Lesegerät
für den Chip war nirgendwo aufzutreiben. Wir hatten schließlich Samstag. Ein Samstag
in der Mark Brandenburg, Lichtjahre von der Metropole Berlin entfernt. Für einen
Moment war ich versucht, Tietje in seiner Verachtung der Provinz beizupflichten.
Anstatt die Aufnahmen großformatig auszudrucken, musste Katinka sie sich am Handy
anschauen. Und erkannte nichts und niemanden. Weder den Unbekannten von der Dartscheibe
noch sonst etwas. Tietjes Wohnzimmer war bloß ein Wohnzimmer, und als ich einige
der Notizen auf der Pinnwand mithilfe meiner Erinnerung rekonstruierte, schüttelte
sie bloß den Kopf.
    »Bei uns
hängen die Öffnungszeiten der Hallenbäder auch in der Küche. Was soll das bezwecken?«
    Sie hatte
recht, es war sinnlos. Tietje hatte Privates und Berufliches derart säuberlich getrennt,
dass ich genauso gut bei seinem Nachbarn hätte einbrechen können. Ich rief Kommissar
Fischer an, erreichte ihn aber weder im Büro noch zu Hause.
    Mittags
saßen wir zusammen mit Dr. Karst am Tisch. Katinka brachte das Gespräch auf Romy
Feierabend, doch da wusste er nicht mehr als sie.
    »Romy wechselt
ihre Ärzte wie andere ihre Socken«, meinte er. »Das ist nicht gern gesehen im DLV,
aber sie kann es sich leisten. Deshalb bin ich überfragt, was ihre Fitness angeht.«
    »Von anderen
Gründen weißt du also nichts? Streit mit dem Bundestrainer vielleicht?«
    Er verneinte.
»Das Einzige, was ich sagen kann, ist: Sie hat einen cleveren Manager.« Es entstand
eine Pause, in der er ein Stück von seinem Putenschnitzel absäbelte, aufspießte
und in den Mund steckte. Erst als er den Bissen vollständig hinuntergeschluckt hatte,
fuhr er fort: »Ich habe gehört, dass sie ein lukratives Angebot für einen Marathon
im Spätsommer hat. Mit Streckenrekordprämie. Da passt Olympia nicht ins Programm.«
    »Aber die
Ehre!«, platzte ich heraus. »Das Privileg, für Deutschland zu starten!«
    Na, da zwinkerten
die Grübchen des Andreas Karst aber! »Für die Ehre ist diese Dame hier zuständig«,
grinste er.
    Katinka
schwieg.
    Der Rest
unseres Kienbaum-Aufenthalts verlief ereignislos. Ich gönnte mir einen zweiten Besuch
in der Unterdruckkammer, um die Besichtigung der Gegenstromanlage nachzuholen. Ansonsten
lungerte ich am See und im Wald herum und zerbrach mir den Kopf über Tietjes Auftrag.
Das Wetter verschlechterte sich. Katinka und ihre Gruppe hatten gerade mit dem Intervalltraining
begonnen, als die ersten Regenschauer über die Mark fegten. Die schnellen Einheiten
wurden noch absolviert, dann ging es in die Halle. Bloß keine Erkältung – da waren
Leichtathleten fast so empfindlich wie Opernsänger. Den Sonntag verbrachte ich größtenteils
in meinem Zimmer, starrte aus dem Fenster und versuchte vergeblich, Kommissar Fischer
ans Telefon zu bekommen. Wo steckte der Kerl bloß? Machte wahrscheinlich einen Wochenendausflug
in die Pfalz. Bei herrlichstem Sonnenschein!
    Vielleicht
sollte ich mir auch eine Dartscheibe zulegen. Das beruhigt.
    »Kienbaum-Koller«,
erklärte Katinka am Abend. »Ganz normal. Wenn du hier nichts zu tun hast, drehst
du durch. Sei froh, dass wir nur drei Tage hier sind. Andreas bleibt noch die ganze
Woche hier, der Arme.«
    »Der hat
ja auch was zu tun, nehme ich an.«
    »Und er
hat Familie.«
    Die hatte
ich nicht, schon verstanden. Nur eine Exfrau, mit der ich gleichzeitig getrennt
und zusammen lebte. So knuddelige Kinderlein wie der tolle Andreas und die noch
tollere Katinka konnte ich nicht ins Feld führen. Als der Arzt vorschlug, mir die
Kältekammer zu zeigen, lehnte ich daher erneut ab. Danke, langweilen kann ich mich
allein. Als der Regen einmal nachließ, unternahm ich eine kleine Ausfahrt. Viermal
strampelte ich den 5-km-Rundkurs in irrwitzigem Tempo und gänzlich sinnentleert
ab: Max im Hamsterrad.
    »Kienbaum-Koller!«,
stieß ich nach jeder Runde zwischen den Zähnen hervor. Nomen est omen!
    Als wir
am Montag endlich abreisen durften, schlug ich drei Kreuze. Ja, ich wurde bei der
Fahrt in den Süden so guter Laune, dass ich beschloss, Ralf Tietje eine Karte zu
schreiben. Mit dem Heidelberger Schloss darauf und

Weitere Kostenlose Bücher