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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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es aber auch so anstrengend
sein würde, mit dem Blonden mitzuhalten!
    Keine Antwort.
Er keuchte bloß. Und legte einen Zahn zu.
    »Du entkommst
mir nicht«, rief ich, ebenfalls beschleunigend. Wir überholten und überholten. Wenn
er ein Hindernis links umkurvte, schlängelte ich mich rechts herum. Eine kleine
Dicke mit prallem Trinkgurt zuckte zusammen, als wir beiderseits an ihr vorbeischossen.
    »Keine Chance!«,
blaffte ich, zusehends außer Atem. »Ich bleibe dran, und wenn du bis Leipzig läufst.
Los, sag schon: Warum? Wer steckt dahinter?«
    Nichts.
Gleich hatten wir das Wäldchen erreicht. Er wurde noch einmal schneller. Keine Ahnung,
woher seine Kraft rührte. Er hatte über 20 Kilometer in den Beinen, sah aus wie
eine Leiche auf Abruf – und zog an. Einfach so. War das seine Angst? Die Angst vor
mir, dem furchtbarsten aller Privatermittler?
    »Wer?«,
schrie ich. »Verdammt, ich prügle es aus dir raus!«
    Weiß quollen
seine Augen aus den Höhlen. Seine Gesichtsfarbe hatte längst von Solariumsbraun
zu Grau gewechselt. Aus seiner Lunge drang eine Sinfonie der Schmerzenslaute. Ich
hatte keine Ahnung, wie alt der Typ war, aber in seiner Klasse musste er weit vorn
liegen.
    Der Schatten
der Bäume fiel über uns. Wir überholten zusammen, wir keuchten zusammen, nur zum
Gleichschritt reichte es nicht, weil er längere Beine hatte als ich. Vor uns kam
die Kurve mit dem Holzstapel in Sicht.
    »Halt an
und erzähl’s mir!«, stieß ich hervor. »Sofort!« Ein stechender Schmerz in der Hüftgegend
erinnerte mich daran, dass ich kein Langstreckler war. Die Sache musste ein Ende
finden. Aber von links kam kein einziges Wort.
    Jetzt die
Kurve. Zehn Meter vor uns trippelte ein Grüppchen breithüftiger Damen. Bevor der
Blonde zum Überholen ansetzen konnte, grapschte ich nach seinem Arm und zwang ihn
zum Stehen. Fast wäre er hingefallen. Aus rotgeränderten Augen starrte er mich an.
Seine Brust hob und senkte sich.
    »Raus mit
der Sprache!«
    Ein Läufer
zog vorbei, schaute wohl auch verwundert, sagte aber nichts. Der große Holzstapel
verhinderte, dass uns das nachrückende Feld zu Gesicht bekam. Ich schaute zurück,
und weil gerade niemand um die Kurve kam, holte ich aus und rammte dem Blonden meine
Faust in den Magen.
    Er kippte
um und blieb röchelnd hinter den Holzstämmen liegen.
    Sofort war
ich über ihm, legte meine Hand um seinen Hals. »Los jetzt! Warum soll sie nicht
starten?«
    »Keine Ahnung!«,
winselte er. Sieh an, er konnte ja doch sprechen!
    »Warum?«
    »Ich … weiß
es nicht.« Dieser Blick! Jetzt stellte er sich aber an, der Typ! Krümmte sich unter
meinem Zugriff, stöhnte und wimmerte. »Lass mich … ich muss mich setzen.«
    »Kann man
helfen?«, rief es hinter mir. Ein bärtiger Läufer schaute besorgt zu uns herüber.
    Ich ließ
los und winkte ab. »Danke, wird schon wieder. Kleiner Schwächeanfall. Wir laufen
gleich weiter.«
    »Alles klar.«
    Weg war
er, der Samariter der Seenlandschaft. Zitternd setzte sich mein Opfer auf und tastete
nach seinem Herz. Sein Atem ging stoßweise.
    »Du kommst
hier nicht weg, bevor du mir nicht alles gesagt hast, was du weißt«, drohte ich
und packte ihn erneut am Hals. »Also?«
    »Ich bin
… angesprochen worden«, röchelte er. »Als Bote. Nur als Bote. Keine Ahnung, worum
es geht.«
    »Du lügst!«
    »Ehrlich
… Sie sagten mir … sagten mir, was ich dir ausrichten soll.«
    »Wer ist
das: sie?«
    »Zwei Männer.
Bei uns im Klub. Ich kannte sie nicht.«
    Wieder musste
ich einen übereifrigen Mitläufer, der Hilfe leisten wollte, abwimmeln. Hinter dem
Holzstapel waren wir den Blicken der Meisten entzogen, aber wenn einer im richtigen
Moment nach links schaute, sah er eine Szene, die Anlass zur Besorgnis gab: meinen
gebeugten Rücken, einen Mann am Boden, ein verfärbtes Antlitz.
    Jetzt war
es nicht mehr grau, sondern fleckig weiß. »Ich glaube dir nicht!«, schnauzte ich
ihn an.
    »Einer«,
flüsterte er und klammerte sich an mich, »einer von denen war … war in Karlsruhe.
Ich …« Er ließ mich los, um wie vorhin an sein Herz zu greifen. »Ich …« Mehr kam
nicht. Er verdrehte die Augen und kippte nach hinten. Welke Blätter raschelten,
als er den Boden berührte.
    »He!« Ich
schüttelte ihn. Der simulierte doch! »Das hier glaube ich dir erst recht nicht!«
    Keine Reaktion.
Nicht die geringste! Wenn er simulierte, dann verdammt gut.
    »Alles klar
bei euch?« Schon wieder einer von der Altruistenfront! Gleich kamen sie in Scharen
angewalzt, um

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