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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Startplatz gibt es aber nicht?«
    »Nein. Das
ist ein Spiel mit mehreren Unbekannten.«
    Danach entstand
eine lange Gesprächspause, die erst durch einen Anruf auf Katinkas Handy beendet
wurde. Ihr Mann teilte mit, dass es Moritz wieder besser gehe. Morgen werde er die
Kinder ins Auto packen und nachkommen.
    »Gott sei
Dank«, sagte Katinka. »Fahr vorsichtig, Heiner.«
    Wie aufs
Stichwort tauchte am Horizont ein dunkler Buckel auf: der Harz im Gegenlicht. Irgendwo
links ging es zum Kyffhäuser, noch so ein urdeutscher Felsbrocken. Auf den Autobahnschildern
standen Ortsnamen, die ich noch nie gehört hatte. Sie hinterließen auch keinerlei
Spur in meinem Gedächtnis, denn ich hatte gerade an etwas anderem zu knabbern.
    An einer
Frage, die Katinka gar nicht gefallen würde.
    Aber irgendwann
würde ich sie stellen müssen!
    Kurz vor
Nordhausen war es so weit. Ich räusperte mich und sagte: »Was ist eigentlich …«
Noch ein Räuspern. »Was ist eigentlich mit deinem Mann?«
    »Mit Heiner?
Was soll mit ihm sein?«
    »Er ist
Grundschullehrer. In Heidelberg-Ziegelhausen.«
    »Und?«
    Ihre Stimme
klang schon ein wenig belegt. Hätte ich das Thema mal lieber nicht angeschnitten!
Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
    »Er ist
Lehrer, du eine erfolgreiche Athletin. Er bleibt zu Hause bei den Kindern, während
du in ganz Deutschland und im Ausland startest. Bei Olympia läufst du den Marathon,
wirst interviewt, schüttelst dem Bundespräsidenten die Hand …«
    »Kapiere
ich nicht.«
    Ich holte
tief Luft. »Könnte ihm daran gelegen sein, dass du nicht in London startest?«
    »Wie bitte?«,
fuhr sie auf. »Spinnst du jetzt? Was ist denn das für eine bescheuerte Idee?«
    »Eine Frage,
keine Idee.«
    »Dann ist
die Frage eben bescheuert. Ich dachte, du kennst dich ein bisschen aus mit Menschen!
Stattdessen kommst du mir mit so einem hirnrissigen«, auch sie holte jetzt Luft,
»einem absolut hirnrissigen, an den Haaren herbeigezogenen Verdacht!«
    »Ich muss
doch alle denkbaren …«, begann ich, aber weiter kam ich nicht. Sie hatte sich in
Rage geredet.
    »Merkst
du überhaupt, was du da sagst?«, rief sie. »Merkst du das? Als wenn Grundschullehrer
nicht zufrieden mit ihrem Beruf sein könnten! Sitzen die deiner Meinung nach alle
in der Neidecke und wären gern was Besseres?«
    »Nein.«
    »Und wie
das klingt: Er muss zu Hause bei den Kindern bleiben … Der Arme! Manchmal sitze ich deswegen in der Neidecke, verstehst du das? Heiner ist verdammt froh,
dass er nicht an meiner Stelle ist. Er hasst es, in der Öffentlichkeit zu stehen.
Ich hasse es übrigens auch, falls du das noch nicht gemerkt hast! Interviews – ich
könnte kotzen!«
    »Das mag
ja alles stimmen«, sagte ich vorsichtig. »Trotzdem. Ich hatte mal einen Fall, bei
dem ein Mann die beruflichen Erfolge seiner Frau nicht akzeptieren konnte. Am Ende
hat er ihr einen Brandsatz ins Büro gelegt. Und den Vorfall sogar zur Anzeige gebracht.«
    Keine Reaktion.
Katinka hatte beide Hände fest gegen ihre Ohren gepresst. Noch ein paar solcher
Sätze, und sie würde losheulen.
    Seufzend
konzentrierte ich mich auf die Fahrtstrecke. Es ging nun mitten hinein in den Harz,
durch enge Täler, in die kein Sonnenstrahl mehr fiel, an malerisch vom Abendrot
entflammten Felswänden vorbei, über schmale, kurvige Straßen. Noch 30 Kilometer
bis Schierke.
    Eine schöne
Landschaft. Und ein Paradies für Wildschweine, nahm ich an. Mit einer Hand tastete
ich die Spuren meines Unfalls in der Nordheide ab. Bis auf etwas Schorf war alles
verschwunden. Schien ja ein tolles Salbensortiment zu sein, was Katinkas Sponsor
da im Angebot hatte. Morgen würde sie mich wieder zwei Stunden durch den Wald jagen
und es Regeneration nennen.
    »Wann findet
die Geburtstagsfeier deiner Oma statt?«, fragte ich, ohne zu überlegen, und die
Worte zerrissen die Stille wie einen Vorhang aus Papier.
    »Morgen
Mittag«, antwortete sie leise.
    »Zu Hause?«
    »Nein, in
einem Restaurant.«
    »Magst du
sie?«
    Ihr Kopf
fuhr herum, erstaunt sah sie mich an. Hatte wohl nicht mit einer solchen Frage aus
meinem Mund gerechnet.
    Ich übrigens
auch nicht.
    »Ja«, murmelte
sie und streckte sich auf dem Beifahrersitz aus. Nach einer Weile fügte sie noch
ein »sehr« hinzu.
    Kommissar
Fischer fiel mir ein, der Konfirmandinnenonkel. Mochte ich den etwa auch? So wie
Katinka ihre Großmutter? Lieber nicht darüber nachdenken. Er musste in Sachen de
Weert informiert werden, aber das hatte bis morgen Zeit. Immerhin war Ostern,

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