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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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da
würde er alles Dienstliche auf den nächsten Werktag verschieben.
    Wir erreichten
ein Nest mit dem hübschen Namen Elend, ein Hinweisschild zeigte nach Sorge, ein
anderes nach Schierke.
    »Keine Gegend
für Depressive«, meinte ich.
    Noch ein
paar Kilometer durch den Wald, dann ging es links ab in den Ort. Moosüberwachsene
Felsbrocken säumten die Straße, alte Fichten bildeten eine dunkle, undurchdringliche
Wand.
    Katinka
wollte mir gerade erklären, wie wir zum Haus ihrer Oma kamen, als mein Handy läutete.
Eine unterdrückte Rufnummer. Ich nahm das Gespräch an.
    »Einen wunderschönen
guten Abend, Herr Koller!«
    Katinka
sah mich fragend an. Ich zuckte die Achseln. Eine Männerstimme, unbekannt.
    »Guten Abend.«
    »Wie war’s
in Leipzig? Was haben Sie bloß mit Herrn de Weert angestellt?«
    »Ich? Na,
hören Sie mal!« Die Stimme sagte mir nichts. Kann sein, dass sie einen leicht Berliner
Tonfall hatte, muss aber nicht. »Ist es meine Schuld, wenn er auf dem letzten Kilometer
schlappmacht?«
    Der Anrufer
lachte. »Da haben Sie recht. Kann ja nicht jeder so gut trainiert sein wie Sie.«
    »Danke.
Übrigens ist der Empfang hier im Wald ziemlich mies. Wie war Ihr Name noch mal?«
    »Hören Sie,
wir möchten Sie zu einem Spiel einladen. Das alte Heiß-kalt-Spiel, nur umgekehrt.
Wir haben ein Osterei für Sie versteckt, und Sie werden es suchen.«
    »Wann? Morgen?«
    »Wie Sie
möchten. Morgen könnte Ihnen allerdings jemand zuvorkommen. Das Ei heißt übrigens
Tietje, und das Spiel läuft so: Je näher Sie dran sind, desto kälter wird es. Bei
minus 110 Grad würde ich sagen: Bingo! Viel Spaß, Herr Koller.«
    Das war’s.
Gespräch beendet. Ich fuhr rechts ran und stellte den Motor ab.
    »Was ist?«,
fragte Katinka alarmiert.
    Ich starrte
sie an. Meine Gedanken rasten. »Diese Kältekammer«, sagte ich. »Die in Kienbaum.
Welche Temperatur hat es da?«
    »Es gibt
drei Kammern. In der kältesten sind es minus 110 Grad.«
    »Dann muss
ich dorthin. Und zwar jetzt.«
     
     
     
     

24
     
    Unser kleiner Smart schien hungrig
zu sein. Das Licht seiner Scheinwerfer fraß sich durch die Nacht. Kilometer um Kilometer
verschlang er mit zufriedenem Brummen – auch, als ich vergeblich versuchte, die
Tachonadel über 150 km/h hinauszujagen. Zwischendurch fütterte ich ihn an einer
Tankstelle. Die Bräsigkeit, mit der die blond gesträhnte Kassiererin das EC-Karten-Portal
bediente, brachte mich zur Weißglut. Fluchend sprang ich in den Wagen und fuhr mit
quietschenden Reifen an.
    Einmal überholten
wir sogar einen 7er-BMW!
    »Gut gemacht,
Kleiner«, lobte ich meinen Liliputaner auf vier Rädern. Vielleicht wurden wir doch
noch Freunde, wir zwei.
    Natürlich
war es verrückt, auf einen einzigen kruden Anruf hin 250 Kilometer über die Autobahn
zu rasen: einmal quer durch Sachsen-Anhalt und südlich an Berlin vorbei. Aber was
wäre die Alternative gewesen? In Kienbaum anrufen und den Nachtdienst bitten, mal
nach dem Rechten zu schauen? Nur falls ein Privatdetektiv in der Kältekammer eingesperrt
sein sollte? Ich hörte die Dame an der Rezeption schon ostlern: »Um wälchs Objäggd
handelt es sich?«
    Nein, dann
lieber eine Nachtfahrt. Ich war hellwach, wie nach dem Genuss von drei Tassen Kaffee.
    Das Handy:
Katinka mit Neuigkeiten.
    »Ich habe
Dr. Karst auf die Mailbox gesprochen.«
    »Karst?
Wieso das?«
    »Soviel
ich weiß, ist er noch in Kienbaum. Er hat dort die ganze Woche Sportler betreut
und wollte erst morgen oder übermorgen abreisen. Vielleicht erwischst du ihn auf
seinem Zimmer. Er hat einen Schlüssel für die Kältekammer.«
    »So?« Ihr
eigenmächtiges Vorgehen missfiel mir. Bevor nicht klar war, worum und um wen es
ging, wollte ich niemanden in diese Angelegenheit hineinziehen. Schon gar nicht
Andreas Karst, den Familienvater. Aber Katinka hatte natürlich recht, über ihn lief
es viel unkomplizierter als über irgendwelche Nachtportiers, die ihre Vorschriften
hatten.
    »Ich weiß
nicht, wo er steckt«, fuhr sie fort. »Aber wenn er die Nachricht abhört, wird er
sich bei dir melden. Ich habe ihm deine Handynummer genannt.«
    »Die hätte
er auch anderweitig ermitteln können«, dachte ich. So wie anonyme Scherzkekse, die
gern seltsame Spiele veranstalteten. Aber das war nicht unser Thema.
    »Gut gemacht«,
sagte ich. »Danke.«
    »Pass auf
dich auf. Was, wenn es eine Falle ist?«
    »Eine Falle?
Wieso das denn?«
    »Weiß nicht.
Vielleicht will sich dieser Tietje rächen. Weil du bei ihm eingestiegen

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