Glueckstreffer - Roman
nördlicher Richtung zu einem kleinen Privatflugplatz in der Nähe des Sea-Tac International Airport, wo sie in eine kleine, von Garrett gecharterte Propellermaschine stiegen.
Nachdem die Maschine zwanzig Minuten über dem Stadtgebiet von Seattle gekreist war, schwenkte sie nach Westen ab. Eine halbe Stunde später landeten sie auf einer schmalen unbefestigten Start- und Landebahn in einer abgelegenen Hügellandschaft nördlich des Mount Rainier. Auf Sophies verwunderte Nachfrage erwiderte Garrett nur: »Hast du keinen Hunger?«
Und so erfuhr Sophie, dass die Start- und Landebahn zu einem Restaurant gehörte. In der Vergangenheit war der Ort eine Unterkunft für Holzfäller gewesen. Als aber das Geschäft mit dem Holz durch immer strengere Umweltauflagen unrentabel geworden war, hatte eine Investmentgesellschaft den gesamten Komplex für wenig Geld aufgekauft und einen Gourmettempel daraus gemacht. Das Restaurant im ländlich-rustikalen Stil wurde hauptsächlich von Privatpiloten frequentiert. Auf diese Weise war der Ort im Lauf der vergangenen zehn Jahre zu einem beliebten Ausflugsziel für die Mitglieder sämtlicher Flugvereine im gesamten pazifischen Nordwesten geworden.
Der Pilot machte es sich mit einer Illustrierten in der Lobby des Restaurants gemütlich, während Sophie und Garrett in Ruhe zu Abend essen wollten.
»Soll das ein Witz sein?«, stöhnte Sophie unterdrückt, als ihr Blick auf die Preise auf der Speisekarte fiel. »Ein Gericht kostet hier so viel, wie ich in einer Woche für Lebensmittel ausgebe!«
»Die Preise müssen dich nicht interessieren«, tadelte Garrett sie. »Das ist meine Sache.« Und dann fügte er hinzu: »Leute, die sich ein eigenes Flugzeug leisten können, lassen sich wohl kaum von den hiesigen Preisen schrecken.«
»Hm. Möglich. Vielleicht schrecken sie die Preise aber auch deshalb nicht, weil sie davon ausgehen müssen, dass ihre Mahlzeit hier mit einiger Wahrscheinlichkeit die letzte ist. Ich meine, kleine Privatmaschinen sind doch sehr absturzgefährdet, oder?«
Garrett grinste. »Ach, Soph. Genau dafür liebe ich dich.«
Das Timing war vielleicht nicht sonderlich glücklich, aber Sophie rutschte es einfach so heraus. »Ich liebe dich auch.«
Beide saßen sich einen Moment lang verblüfft und schweigend gegenüber. Garrett glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen, und Sophie wusste nicht so recht, ob sie das tatsächlich gesagt oder nur geträumt hatte.
Garrett fand als Erster die Sprache wieder. »Das glaube ich jetzt nicht. Hast du gerade …? Ich meine, ist das dein Ernst?«
Ohne den Blick abzuwenden, erwiderte sie ebenso überrascht wie er: »Ich glaube schon.« Sie nagte an ihrer Unterlippe. »Ist … Ist das in Ordnung?«
Garrett lächelte zärtlich und griff über den Tisch nach ihrer Hand. »Es ist perfekt.«
Sophie erwiderte sein Lächeln. Unter Garretts Blicken fühlte sie sich seltsam verletzlich und gleichzeitig so sicher und behütet wie nie zuvor. Er würde ihr nicht wehtun. Es waren Empfindungen, die vollkommen neu für sie waren und die sie zutiefst genoss. So muss es sein , dachte sie.
Den Rest des Abends schwebte sie in einer Glückswolke, wie sie es nie zuvor erlebt hatte, auch wenn sie nicht wirklich wusste, was diesen Abend so besonders machte. Das Einzige, woran sie sich am darauffolgenden Tag noch exakt erinnern konnte, waren die holprige Landung am Rand des Sea-Tac Airport und der zärtliche Gutenachtkuss in Gig Harbor.
»Wir haben endlos geredet, aber ich weiß nicht mehr, was wir eigentlich gesagt haben«, berichtete sie Evalynn am nächsten Abend am Telefon. »Ich war jedenfalls selbst so überwältigt von meinem Geständnis, dass ich für den Rest des Abends an nichts anderes mehr denken konnte, nur noch glücklich war und alles andere völlig nebensächlich fand.«
Zweieinhalb Wochen nach dem Valentinstag besuchte Garrett einen Orthopädenkongress in New Orleans. Sie kannten sich mittlerweile ein halbes Jahr, und es war das erste Mal, dass sie eine Woche lang getrennt waren.
Was Evalynn betraf, so spottete Sophies Benehmen während Garretts Abwesenheit jeder Beschreibung. Die Freundin äußerte während der beiden Abendessen, die sie gemeinsam einnahmen, offen ihren Missmut. »Können wir uns beim Essen nicht mal ganz normal unterhalten?«, klagte sie bereits am zweiten Abend. »Oder gibst du dich wieder einem Dauer-SMS-Flirt mit deinem Doktor hin?«
Sophie hörte ihr kaum zu. »Augenblick«, erwiderte sie. »Er hat mir gerade eine
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