Glueckstreffer - Roman
die Brücke stürzte ins Wasser.«
Garrett kratzte sich am Kinn. »Erstaunlich. Aber was hat das mit dir zu tun?«
Sophie lächelte flüchtig. »Es war eine Tragödie griechischen Ausmaßes, Garrett. Eine komplette Brücke, die modernste und beste ihrer Zeit – zerstört. Einfach so. Der Grund, weshalb ich hierherkomme … Durch den Einsturz haben die Brückeningenieure natürlich gelernt, wie man Hängebrücken nicht konstruieren sollte. Die Lehren, die sie daraus zogen, haben die Konstruktion sämtlicher Hängebrücken in aller Welt nach 1940 beeinflusst. Und die alte Brücke, die jetzt in neunzig Meter Tiefe auf dem Grund liegt, ist zum größten künstlichen Riff der Welt geworden. Zahllose Meerestiere haben dort eine Heimat gefunden.«
Garrett schlang einen Arm um Sophies Schultern. »Ich glaube, jetzt verstehe ich. Aus einem tragischen Unfall ist doch noch etwas Gutes geworden. Ist es das, was du meinst?«
Sophie nickte.
»Aber weshalb kommst du mit einem Stein vom Grab deiner Eltern hierher?«
»Dafür.« Sophie entzog sich Garretts Umarmung und warf den Stein, so weit sie nur konnte, flach übers Wasser. Er hüpfte sieben-, achtmal über die Oberfläche. An den Auftreffpunkten breiteten sich konzentrische Kreise aus, bis der Stein schließlich unterging.
»Ist vielleicht nicht besonders aufregend, aber mit zehn Jahren habe ich, als sich der Todestag meiner Eltern zum ersten Mal jährte, einen Stein auf ihrem Grab entdeckt. Er sah aus wie ein guter Springkiesel. Damals habe ich Ellen gebeten, mich hierherzufahren, weil mich die Stelle an meinen Vater erinnerte. Jedenfalls habe ich den Stein geworfen und damit den Wunsch verbunden, dass – wie bei der Brücke – aus meiner Familientragödie etwas Positives entstehen solle.« Sophie starrte eine Weile stumm auf die vom Stein leicht gekräuselte Wasseroberfläche. »Ich komme jedes Jahr mit dem immer gleichen Wunsch hierher.«
Garrett nickte verständnisvoll. »Und du wartest noch immer darauf, dass sich dein Wunsch erfüllt?«
Sophie zog eine Grimasse. »Ja.« Sie nahm Garretts Hand, und gemeinsam gingen sie zum Auto zurück, beide jeweils schweigend in ihre Gedanken vertieft.
Kapitel 14
Gibst du einem Menschen, den du liebst,
zu viel von dir preis, wirf den Rest gleich hinterher.
NEUNZEHN TAGE VOR dem Hochzeitstermin erhielt Garrett einen Anruf des Discjockeys, den er engagiert hatte, um beim Hochzeitsempfang aufzulegen. Der Mann, Danny, teilte ihm mit, dass er »aufgrund einer Pechsträhne« für die Hochzeit absagen müsse und dass er zu allem Übel auch die dafür bereits geleistete Vorauszahlung nicht zurückzahlen könne.
»Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?«, rief Garrett heiser. »Bitte sagen Sie mir, dass das ein Witz ist!«
»Tut mir leid, Kumpel, aber mir ist wirklich nicht nach Scherzen zumute.«
Durch all die Hochzeitsvorbereitungen war Garretts wie auch Sophies Nervenkostüm so dünn geworden, dass sich Garrett mit Unannehmlichkeiten dieser Art überhaupt nicht mehr befassen wollte. »Ich soll mir also drei Wochen vor der Hochzeit einen neuen DJ besorgen? Und bin dazu noch fünfhundert Piepen los? Das ist Diebstahl!«
»Kann Sie ja verstehen«, entgegnete Danny mitleidslos. »Falls das ein Trost ist – der Typ, der am Tag nach Ihrer Hochzeit eine Bar Mitzwa feiert, ist sogar einen Tausender los.«
Und damit legte er auf.
Den folgenden Tag verbrachten Sophie und Garrett damit, im Branchenbuch und im Internet nach einem Ersatz für den DJ zu suchen. Es war nicht einfach, einen guten, erfahrenen Discjockey zu finden, der noch Termine freihatte. Als sie schließlich einen gefunden hatten, der am Hochzeitstermin noch verfügbar war, verlangte dieser das Doppelte an Honorar.
Für Garrett klang die Stimme des Mannes verdächtig wie die von DJ Danny. »Angebot und Nachfrage regeln das Geschäft, Kumpel. Ja oder Nein. Ist Ihre Entscheidung.«
Garrett buchte den Mann. Aber seine Begeisterung hielt sich in Grenzen, und er fragte sich unwillkürlich, ob das Ganze nicht einfach nur ein Trick war: Die Vorauszahlung kassieren, absagen, sich dann unter anderem Namen erneut engagieren lassen und das Honorar zu verdoppeln. Doch Sophie erinnerte Garrett daran, dass viel schlimmere Dinge bei einer Hochzeit schiefgehen konnten. »Zum Beispiel, wenn die Braut nicht auftaucht«, neckte sie ihn, woraufhin sich Garrett widerwillig fügte.
Nachdem die Angelegenheit mit dem DJ geregelt war und sie noch einige andere Dinge erledigt hatten,
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