Glühende Leidenschaft
konnte seine Wirkung auf sie nicht leugnen, und auch die Panik nicht, die er in ihr hervorrief.
Er war zu viel, zu viel Mann für die kleine, mausgraue Meg Gillingham.
Aber sie hatte nun einmal keine Wahl.
5
Schließlich wandte er sich ihr zu und musterte sie. Offenbar hatte er beschlossen, dass sie nun genügend Zeit gehabt habe, sich zu fassen, denn er half ihr auf. Er glaubte, sie werde sich nicht mehr weigern, und behielt damit recht. Es war einfach nur eine Sache der Notwendigkeit und nicht etwa Zuneigung. Ihre Familie benötigte verzweifelt seine Hilfe.
Meg wünschte sich wirklich, er hätte sich als ein unansehnlicher Exzentriker herausgestellt. Dann wäre sie mit ihrem Schicksal wesentlich zufriedener gewesen.
Augenblicke später standen sie vor dem Geistlichen. Der dünne, weißhaarige Reverend Bilston betrachtete Meg besorgt. Er kannte sie schon fast ihr ganzes Leben lang und hatte erst vor drei Monaten ihre Eltern beerdigt. »Haben Sie sich wieder ganz erholt, Meg? Es ist keine Eile vonnöten, wissen Sie. Die Genehmigung ist auch morgen oder nächste Woche noch gültig. Wenn Sie irgendeine Ungewissheit spüren …«
Sie blickte auf den Grafen und erkannte, dass er sie nicht mehr unter Druck setzen würde. Er hatte die Würfel geworfen und beobachtete jetzt nur mehr, wie sie fallen würden.
Laura, Laura, Laura.
Durch diese Beschwörungsformel bestärkt, lächelte Meg dem Vikar ins Gesicht. »Das war nur eine kleine Nervenschwäche, Reverend. Jetzt bin ich voll und ganz bereit.«
Nach einer kleinen, sorgenvollen Pause begann Reverend Bilston mit der Messe. Für Meg war die Zeit der Fragen nun vorüber; sie gab alle Antworten so, wie es erwartet wurde, und ließ sich von dem Verlauf der Ereignisse, für den sie sich entschieden hatte, tragen. Schließlich hatte sich nichts verändert, außer dass der Graf kein bemitleidenswertes Geschöpf war, und das zu bedauern wäre nun wirklich eigenartig gewesen …
Dann drehte Graf Saxonhurst sie zu sich.
Sie waren Mann und Frau!
»Nun, nun«, sagte er beruhigend, als er ihren Anflug von Panik bemerkte. »Das Schlimmste ist schon vorbei. Vielen Dank, Lady Saxonhurst.« Und er küsste ihre Hand nahe bei dem Ring, den er ihr auf den Finger geschoben hatte.
Meg war plötzlich unglaublich dankbar dafür, dass er sie nicht auf den Mund geküsst hatte. Aber lieber Gott im Himmel, wenn sie nicht bereit war, sich küssen zu lassen, wie sollte sie dann die kommende Nacht überstehen?
Er beobachtete sie einen Moment und lächelte dann. »Ich bin sicher, diese Zweifel und Befürchtungen sind absolut normal, aber versuche, deine Fantasie ein wenig im Zaum zu halten, meine Liebe. Und nun lass uns das Register unterschreiben, dann haben wir es hinter uns.«
Sobald die Formalitäten erledigt waren, wandte sich der Graf Megs Familie zu. »Willkommen! Wisst ihr, ich habe keine Geschwister, und deshalb freue ich mich umso mehr über eine bereits komplette Familie.«
»Warten Sie, bis Sie sie kennenlernen, Mylord«, warnte Meg ihn.
Dieser kleine Scherz brachte ihr einen Blick voller Überraschung und Anerkennung von ihm ein. Es fühlte sich seltsam an, wie eine züngelnde Flamme.
Wärmend, aber gefährlich.
Hastig drehte sie sich um und nahm die guten Wünsche der Umstehenden entgegen.
Jeremy wirkte noch immer zurückhaltend, Laura hingegen glühte vor Begeisterung und umarmte Meg stürmisch. »Das ist alles unglaublich herrlich!«, sagte sie überschwänglich.
Der Graf trotzte ihr einen Kuss auf die Wange ab und übergab sie dann der Obhut seines Sekretärs. »Owain, kümmere dich besonders um meine neue Schwester.«
Owain Chancellor mit seinen braunen Haaren und dem eckigen Gesicht war ein sehr angenehm und sehr normal aussehender Gentleman. Meg wünschte sich, in seiner Obhut zu sein und nicht in der ihres gut aussehenden Ehemanns.
Dann fiel ihr auf, dass die Zwillinge den Grafen mit dem ihnen eigenen, neugierigen Blick beäugten. Guter Gott.
»Haben Sie Roben?«, fragte Rachel.
»Meine gräflichen Roben? Ja. Und eine Adelskrone. Deine Schwester bekommt das auch.«
»Ich auch?«, wollte Richard wissen.
»Nur, wenn du sie dir verdienst. Was ich allerdings nicht musste.«
»Haben Sie den König getroffen?«, fragte Rachel weiter.
»In letzter Zeit nicht. Er ist zu krank, um Besucher zu empfangen.«
»Aber den Prinzen haben Sie bestimmt kennengelernt«, meinte Richard. »Ist er wirklich und wahrhaftig so fett?«
»Ja, sehr. Aber gehen wir doch erst mal los.
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