Glühende Leidenschaft
als sie den Fuß der Treppe erreichte, stellten sich die leisen Geräusche als Geplauder heraus. Und Lachen? Es klang fast wie ein Fest im Korridor. Vielleicht wurde sie nun verrückt!
Als sie um die Ecke lugte, sah sie eine Parade von Bediensteten, mit Besen, Bürsten und Eimern bewaffnet, die durch eine Tür und eine schmale Stiege hinunter marschierten. Ein Mädchen trug Scherben des gefleckten Kamels, ein anderes Teile dieser hässlichen Uhr. Clarence, der hinkende Lakai, schleppte ein verdrehtes, kaputtes, pinkfarbenes Gestell, als sei es eine Trophäe. »Fünf Guineen aus der Gemeinschaftskasse für das da, Leute! Ich habe schon nicht mehr daran geglaubt.«
Meg schreckte zurück. Sie waren alle verrückt! Was hatte sie nur getan, ihre Familie hierherzubringen?
»Möchte gerne wissen, was ihn diesmal so in Fahrt gebracht hat«, sagte eine sich entfernende Stimme.
» Was, das wissen wir doch alle«, entgegnete die Frauenstimme. »Dummes Ding. Nur nicht, warum.«
Die Tür schloss sich, die Stimmen verschwanden.
Mit weichen Knien setzte sich Meg an den Fuß der Treppe. Würde sie hier leben müssen, wo jeder darauf spekulierte, was sie machte, und sie für töricht hielt, weil sie es nicht überstürzte, mit ihm ins Bett zu kommen? Und mit einem Ehemann, der jedes Mal, wenn er wütend wurde, einen Zerstörungsanfall bekam?
Die Antwort war natürlich: Ja. Wie es das alte Sprichwort sagte, sie hatte sich ihr Bett gemacht, und nun musste sie darin liegen. Das Einzige, was sie tun konnte, war zu versuchen, ein paar Steine unter der Matratze herauszuholen.
Sie schlang die Arme um sich wegen der Kälte und überdachte ihre Probleme.
Das größte war die Kluft zwischen dem Grafen und seiner Großmutter. Sie musste einen Weg finden, die beiden zu versöhnen. Die Herzogin schien ja wirklich ein kleiner Drachen zu sein, und familiäre Verletzungen konnten sich lange hinziehen, aber schließlich war sie nur eine alte Frau. Sie konnte ihrem Enkel nichts anhaben.
Bei diesem Gedanken verzog Meg wehmütig das Gesicht. Die Herzogin hatte versucht, ihn mit diesem wandelnden Nasentröpfchen zu verheiraten. Das war genau so etwas, was Eltern und Großeltern eben gern taten – sie versuchten, die Jungen in eine Ehe zu drängen, und zwar durchaus nicht immer auf kluge Weise. Aber das war kein Grund für einen nie endenden Hass.
Einen solchen Hass konnte nichts begründen, höchstens ein Mord.
Oder Vergewaltigung. Oder angedrohte Vergewaltigung. Sie hasste Sir Arthur. Aber sie verstieg sich nicht schon beim bloßen Gedanken an ihn in wilde Hassgefühle.
Meg zwang sich, zu überlegen, ob der Graf wirklich so wirr war. So irrational.
Das Wort, das ihr im Kopf herumspukte, war wahnsinnig.
Das konnte seine Obsession vielleicht erklären.
Und welche Aussichten bot das für die Zukunft?
13
Meg saß da, im spärlichen Licht einer Wandlaterne im Korridor, und ließ sich die Ereignisse der letzten Tage durch den Kopf gehen. Sie blieb dort sitzen, weil sie zu viel Angst davor hatte – sie war ehrlich mit sich selbst –, in ihr Schlafzimmer zu gehen, wo er sie womöglich finden würde. Aber die meiste Zeit hatte er sich ja nicht wie ein Verrückter benommen. Trotz seiner Frotzeleien hatte sie bislang nie Angst vor ihm gehabt.
Vielleicht war er nur in diesem einen Punkt irrational, wie jemand, der Angst vor Spinnen hatte, oder einer, den die Farbe Blau krank machte. Er hatte gesagt, er könne nur etwas hassen, das mit seiner Großmutter zu tun habe, aber weshalb er offenbar dachte, zwischen ihr und der Herzoginwitwe gebe es eine Verbindung, das konnte sie sich nicht erklären.
Sie war eindeutig in eine dieser tragischen Familienfehden hineingeraten, über die man in Büchern lesen konnte. Wahrscheinlich sprachen der Graf und seine Großmutter schon seit Jahren nicht mehr vernünftig miteinander. Familienstreitigkeiten gerieten eben leicht außer Kontrolle; man brauchte da nur an ihre Mutter und ihre Tante Maira zu denken.
Vielleicht sollte sie ein Treffen zwischen Saxonhurst und der Herzoginwitwe arrangieren. Zum Tee. An einem ruhigen, neutralen Ort …
Meg saß noch immer am Fuß der Treppe, das Kinn auf die Hände gestützt und ihr Vorgehen überlegend, als ihr eine Kerzenflamme ins Gesicht leuchtete.
Sie fuhr hoch und erkannte Mr Chancellor. »Ach, da sind Sie!«
Sofort wieder Entsetzen in sich spürend, richtete sie sich auf. »Falls er Sie geschickt hat, um mich zu holen – ich komme nicht mit.«
Er bekam große
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