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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
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Tisch wirft … Sieh dir doch an, was du getan hast«, sie deutete auf die Schüssel, die auf dem Boden zerschellt war, nachdem Merit den Inhalt ins Gesichtdes aufdringlichen Gastes geschüttet hatte. Es sah scheußlich aus, wie die Linsen in ihrer braunen, trägen Soße an der geziegelten Seite des Tisches auf den Boden rutschten. Auch auf dem Boden hatte sich der Eintopf verteilt, Merits Kleid war braungesprenkelt, und zur Tür führten Fußspuren aus Linsensoße. Der Mann und sein Kumpan – zwei Hafenarbeiter, ihrem erdigen Nilwassergeruch nach zu urteilen – hatten unter Beschimpfungen das Wirtshaus verlassen, ohne wenigstens ihr Bier zu bezahlen.
    »Ich wische es auf«, murmelte Tani; Merit hörte sie in Richtung des Hinterhofs tapsen. Sie betrachtete den Riss in ihrem Kleid, der fast bis hinunter zum Bauchnabel ging. Einfach zugelangt hatte der Mann, als sie sich vorgebeugt hatte, um die Schale vor ihm abzustellen. Für solche Arbeit war sie nicht geschaffen! Als Tani neben ihr in die Knie ging, tat sie es ihr trotzig gleich, nahm ihr den Lumpen aus der Hand, tauchte ihn in den Eimer und wischte den Eintopf auf.
    Das Zetern der Wirtin beachtete sie nicht. Aber sie war froh, als Nanacht sich mit dem Abfüllen ihres gebrauten Bieres beschäftigte. Aus einem Krug schenkte sich Merit Bier ein. Es schmeckte recht gut, auch wenn Nanacht es nicht durch ein Tuch zu seien pflegte, so dass man immer einen Strohhalm reichen musste, damit einem kein Gerstenkorn in den Mund geriet. Merit füllte einen weiteren Becher. Der Assyrer war, seit er gestern hier zusammengebrochen war, nur dann aufgewacht, wenn sie ihm Wasser an die Lippen gehalten hatte. Aber er konnte ja nicht nur von Wasser leben, und weder auf Brot, Käse oder Linsen hatte er reagiert. Sie steckte ein Schilfröhrchen in den Becher und betrat das Nebengelass. Wie er sich auf das Ziegelregalgewuchtet hatte, lag er noch da, ein Bein angewinkelt und schwitzend. Vorsichtig trat sie näher und klapperte mit dem Rohr.
    »Ich habe hier Bier«, sagte sie leise und hob abwehrend die Schultern, da sie ihm zutraute, plötzlich hochzuschnellen. Er grunzte und öffnete die Augen. Zunächst schien er sich wieder orientieren zu müssen, doch dann klärte sich sein Blick. Ächzend wälzte er sich auf die Seite, stützte sich auf den Ellbogen und nahm den Becher. Er trank, ohne das Rohr zu nutzen. Erschöpft ließ er sich auf den Rücken sacken. Etwas Unverständliches murmelnd, griff er sich zwischen die Beine.
    »Was willst du denn?«, fragte Merit. Sein Gesicht war gerötet und in Schweiß getaucht.
    »Pinkeln …«
    Sie sperrte den Mund auf. An dieses Problem hatte sie noch nicht gedacht. Was jetzt? Sie kniete sich hin und tastete nach den schäbigen Krügen, die Tani ins Regal gestellt hatte. »Hier!«, sagte sie mit Nachdruck und hielt ihm den Krug hin. Er rührte sich nicht, seine Lider waren halb geschlossen. Nein, er dachte nicht daran, es ihr leicht zu machen. Hilflos betrachtete sie seinen Fransenrock.
    »Tani? Tani!«
    »Was ist denn?« Die Dienerin erschien im Eingang. Merit deutete auf seinen Unterleib.
    »Er muss sich erleichtern. Hilf ihm dabei.«
    »Ich? Aber Herrin!«
    »Tani!«
    »Immer verlangst du solche Sachen von mir«, klagte Tani, nahm aber den Krug und schob mit widerwilligem Seufzen den Rock ein Stück hoch. Merit kniff dieAugen zu, lauschte dem plätschernden Geräusch und dem erleichterten Stöhnen des Mannes. Den Krug weit von sich gestreckt, marschierte Tani wieder hinaus.
    »Ich bin durstig«, murmelte er. Merit holte Wasser, gierig leerte er den Becher. Sein Blick wanderte von ihren Augen hinab auf ihre Brust und verharrte dort. Merit sah an sich hinunter. In der Tat wirkte ein halbaufgerissenes Kleid um einiges anstößiger als ein edel plissierter und geordneter Stoff, der absichtlich eine Brust frei ließ. Hastig verschloss sie den Riss mit der Hand.
    Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund; mit einem Mal ruckte er hoch, doch sein Versuch, sein Krankenlager zu verlassen, endete damit, dass er mit einem Fluch wieder auf die Seite sank. Wollte er schon fort? »Du wirst auf der Gasse zusammenbrechen, und was dann?«, fragte sie ihn. »Ich kann natürlich deine Landsleute herholen, aber das willst du ja nicht.«
    »Keinesfalls«, brummte er, wälzte sich auf eine Seite, auf die andere und blieb endlich wieder auf dem Rücken liegen.
    »Hast du Hunger?«
    Er schwieg, schlief vielleicht wieder. Achselzuckend wandte sich Merit ab.

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