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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
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Stück näher gekommen. Es war leise geworden, die Nachmittagshitze hatte die Menschen in ihre Häuser getrieben. Auch Tani schlief. Und er? Merit erhob sich und schlich die Treppe hinunter, eine langsame Stufe nach der anderen. Sie reckte den Hals.
    Ihr Herz setzte aus – er starrte sie an. Rasch beschleunigte sie ihre Schritte, nahm eine Schale auf und marschierte in den Schankraum. Hier schüttelte sie den Kopf über ihr Verhalten. Dass er sie allein mit seinem Blick in die Flucht schlagen konnte – o nein, bei den Göttern! Sie raffte ihre Entschlusskraft zusammen, schöpfte kalten Linseneintopf in die Schale, legte einen Hornlöffel hinein und kehrte zu ihm zurück.
    »Du hast nichts gegessen, seit du hier liegst«, gab sie sich forsch. Ihre Stimme klang kratzig, aber es gelang ihr, sich nicht zu räuspern. »Wenn du überleben willst, musst du aber essen.«
    »Warum willst du, dass ich überlebe?« Er mühte sich auf die Seite. Da sie auf diese Frage immer noch nichts zu antworten wusste, hielt sie ihm schweigend die Schale unter die Nase, tauchte einen Löffel hinein und hob ihn an seinen Mund. »Linsen«, seufzte er. »Diemögen einen Mann deines Landes stärken, aber nicht mich.«
    »Für jemanden, der kaum den Kopf heben kann, bist du recht überheblich.«
    »Und du bist nur frech, weil du weißt, dass ich dir jetzt nicht den Hintern versohlen kann. Bedenke aber, dass ich das vielleicht nachhole.«
    »Was du nur tun kannst, wenn du überlebst. Also iss!«
    Ärgerlich knurrend nahm er Löffel und Schale entgegen. Merit verschränkte die Arme und versuchte so bissig dreinzuschauen, wie es ihr möglich war. Endlich begann er den Linseneintopf in sich hineinzuschaufeln. Danach schnaufte er erschöpft wie nach einem schnellen Lauf. Sie nahm die Schale an sich und reichte ihm Bier, das er ebenso hastig trank. »War da nicht jemand, der an mir herumgestochert hat?«, fragte er unvermittelt. »War das ein Arzt? Was hat er gesagt?«
    »Dass du dich schonen sollst …« Sie stockte, denn er setzte sich mit einem heiseren Aufschrei auf. Seine Finger strichen über den Verband, erspürten die Erhabenheit des Amuletts, ohne dass er dem Aufmerksamkeit schenkte. Er blinzelte benommen. »Und liegen bleiben!«, ergänzte sie.
    »Hat er kein Zicklein geopfert? Und mir das Herz in die Hand gegeben?«
    »Nein, das …« Sie schüttelte sich. »Solche Bräuche gibt es hier nicht. Du wirst auch so genesen.«
    Er stieß sich von dem Regal ab. Seine Knie zitterten, seine Lider flatterten und sanken. Er würde fallen! Merit stellte die Schale so rasch auf dem Regal ab, dass sie zu Boden polterte und sprang. Ihre Hände reckten sich nach ihm. Doch es gelang ihm, stehen zu bleiben. »Wielange soll denn deine Dienerin mit dem Krug an mir herumhantieren? Hilf mir zum Abtritt.«
    Ehe sie es sich versah, hatte er einen Arm um ihre Schultern gelegt. Sie musste die Knie durchdrücken. Wie sollte sie diesem Mann eine Stütze sein? Sie wollte Tani um Hilfe rufen, die auf dem Dach saß und den Riss in ihrem Kleid nähte. Aber er wankte in Richtung des Schankraums und zwang sie, mitzulaufen. Nanacht blickte von der Ecke auf, in der sie mit zwei Gästen saß, und runzelte die Stirn. Auch die beiden assyrischen Krieger sahen hoch. Merit hielt den Atem an. Würden sie den Landsmann erkennen? Schließlich widmeten sie sich wieder dem Knöchelspiel, wobei ihre unbeschäftigten Hände zwischen den entblößten Beinen der Wirtin ruhten.
    Mühselig lenkte Merit ihn hinaus auf den Hof. Sie hasste die stinkende, mit einem Vorhang abgetrennte Ecke, in der man einen mit Sand gefüllten Eimer nutzen musste. Daheim hatte selbst die Dienerschaft dafür einen kühlen Raum und reichlich mit duftenden Essenzen versehenes Wasser zur Verfügung gehabt. Er wankte hinter den Vorhang, und während er beschäftigt war, lief sie mit den Händen unter den Achseln hin und her. Als sie wieder hinsah, kniete er vor dem Wasserloch und schöpfte einen Eimer, den er sich über den Kopf goss. Augenscheinlich war ihm übel, er atmete schwer. »Du musst dich wieder hinlegen«, sagte sie.
    »Mir hängt dieser stickige Raum zum Hals heraus.« Sand aufwirbelnd, kämpfte er sich zurück auf die Füße und schleppte sich an der Hauswand entlang zum Garten. Merit folgte ihm und sah ihn am Stamm des Feigenbaums niedersinken. »Hier ist es erträglicher. Bring mir noch ein Bier.«
    Sie stemmte die Fäuste in die Seiten. »Du hast ja keine Ahnung, mit wem du redest.«
    »Du heißt

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