Glut der Gefuehle - Roman
bemerken. Aber diese Männer kannten ihn zu gut. Vor allem West würde wissen, was der Freund auf sich genommen hatte, um London möglichst schnell zu erreichen. Denn Marchman hatte ihm geholfen, die erforderlichen Vorbereitungen im Ambermede-Cottage zu treffen.
»Etwa auf halber Strecke.« Ein Lächeln milderte die grimmigen Züge um Southertons Lippen.
Kein bisschen erstaunt über die rätselhafte Antwort, runzelte Northam dennoch die Stirn. »Schon so weit warst du gekommen.«
»Wie lange bleibst du eigentlich in London?«, fragte East.
»Ein bis zwei Tage.«
Eastlyn nickte und senkte die Stimme, damit niemand außerhalb ihres kleinen Kreises lauschen konnte. »Wirst du uns verständigen, wenn es nötig ist?«
»Wenn es nötig ist«, wiederholte South. »Ich will keinen von euch kompromittieren.«
»So ist das also...« Der Marquess hob eine kastanienrote Braue. Mehr musste er nicht hören, um zu erraten, dass South einem Spion eine Falle stellen wollte. Solche Aufträge erteilte der Oberst dem Viscount sehr oft, um dessen spezielle Talente zu nutzen. »Du musst doch keinen Vortrag über die gesamte Regentschaft Henrys III. halten? Falls du in der Klemme sitzen solltest|... Noch einmal würde ich das nicht durchstehen.«
»Ganz meine Meinung«, betonte North. »Das darfst du nicht von uns erwarten, South.«
»Allein schon die Erinnerung krampft mir den Hintern zusammen«, warf West ein. Als seine Freunde belustigte Blicke wechselten, riss er in gespielter Unschuld die Augen auf. »Was ist denn los? Darf ein Duke das Wort Hintern nicht in den Mund nehmen?«
»Ein Duke darf über alles reden, was ihm gefällt«, erwiderte South. »Insbesondere einer, der erst vor kurzem seinen Titel, die Ländereien und das Vermögen eingeheimst hat.«
»Offenbar begegnest du dem Bastard mit einer gewissen Toleranz, nachdem er eben erst einen legitimen Status erzielt hat.«
Ohne auf Wests Äußerung einzugehen, fuhr South fort: »Aber solange du nicht auffallen willst, wäre ein etwas dezenteres Verhalten empfehlenswert.«
»Verdammt«, murmelte West.
Und dann brachen sie alle in Gelächter aus.
Am nächsten Nachmittag wünschte South viel inständiger, er hätte einen Grund zur Belustigung. Er stand neben dem grün geäderten Marmorkamin in Wests Salon und erweckte den Anschein, dass die Konversation, die in seiner Nähe stattfand, ihn brennend interessierte, obwohl er sich nicht daran beteiligte. Verstohlen spähte er zur Wanduhr hinüber. Das hatte er zwar erst vor ein paar Minuten getan, aber es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor.
Mühsam unterdrückte er ein Seufzen. Der Trauergottesdienst für Wests Vater hatte endlos lange gedauert. Da der alte Duke nicht sonderlich beliebt gewesen war, hatten die meisten Trauergäste nur eine lästige Pflicht erfüllt. Nun beobachtete South seinen Freund, der ein eher einseitiges Gespräch mit Lady Benton-Reade führte. Obwohl sich der Erbe noch nicht an seine veränderte Lebenssituation gewöhnt hatte, machte er eine erstaunlich gute Figur.
Schließlich retteten ihn Northam und Elizabeth vor der Dame. South nahm an, sie würden dem neuen Duke erneut ihr Beileid aussprechen, um sich dann zu verabschieden. Norths Miene wirkte sehr frostig. Dafür war zweifellos seine Gemahlin verantwortlich. Obwohl ihr bleiches, ernstes Gesicht dem Anlass angemessen schien, vermutete der Viscount, etwas anderes hätte ihren Kummer verursacht. Rasch schaute er weg, weil er sich wie ein unbefugter Eindringling in ihre Privatsphäre fühlte. Warum hatte er bloß mitgeholfen, die beiden zu vereinen?
Southerton wartete, bis sie den Raum verließen, bevor er sich bei den Gästen in seiner Nähe entschuldigte und den Oberst aufsuchte. Blackwood hatte nicht am Gedenkgottesdienst teilgenommen, war aber in Wests Haus gekommen, um zu kondolieren.
Nach wenigen Augenblicken fand der Viscount ihn in
der Bibliothek. Eine Decke über den Knien, saß der Oberst in seinem Rollstuhl und wirkte genauso blass und gepeinigt wie Elizabeth.
Als South die Tür hinter sich schloss, blickte Blackwood nicht auf. Stattdessen lenkte er den Rollstuhl zum Kaminfeuer und wärmte seine Hände. »Du hast mir etwas zu sagen.« Mit diesen Worten äußerte er keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Du bist ein gottverdammter Schurke!«
Über die verhärmten Züge des Obersts glitt ein mattes Lächeln. »Findest du erst jetzt den Mut, mir das vorzuwerfen?«
South ignorierte den Spott. »Soeben sind Elizabeth und North
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