Glut der Gefuehle - Roman
Gerüchten nur widersprochen, um deinen Bewunderern einzureden, du würdest bald wieder auf der Bühne stehen, damit er ihnen weiterhin das Geld aus der Tasche ziehen kann.«
India stand auf und ging zum Fenster. Die bebenden Arme vor der Brust verschränkt, starrte sie hinaus. »Haben die Klatschmäuler den Namen meines Liebhabers herausgefunden?«
»Da ist lediglich von einem gewissen Lord M. die Rede, der vor nicht allzu langer Zeit in der Times erwähnt wurde. Mittlerweile hat sich die Liste der Kandidaten verkürzt.
Die meisten Lord M.s mussten aussortiert werden – sehr zu ihrem Leidwesen. Selbstverständlich genossen sie ihren Ruhm in vollen Zügen, während ihr Name mit deinem in Verbindung gebracht wurde.«
»Wie albern... Und wer waren die Gentlemen?«
»Mapple, Macquey-Howell, Matthews, Milsop. Und in letzter Zeit auch Embley.«
Die Stirn gerunzelt, drehte sich India um. »Embley? Oh, ich verstehe! An diese Möglichkeit hatte ich gar nicht gedacht. Sehr clever von ihnen... Em spricht man natürlich so aus wie den Buchstaben M. Gibt es in den gehobenen Londoner Kreisen auch Namen wie Emmerth, Emerson und Emlenton?«
»Mag sein. Ich kenne jedoch niemanden, der so heißt. Aber da wäre noch Montrose, Morris und Milbourne. Als einer der Letzten wurde der Earl von Margrave in die Wettbücher eingetragen. Er ist erst vor kurzem vom Kontinent zurückgekehrt. Bald danach zog er sich auf sein Landgut Marlhaven zurück. Deshalb wurde sein Name am Anfang nicht genannt. Nachdem er seiner Mutter einen Pflichtbesuch abgestattet hat, hält er sich jetzt wieder in London auf. Sicher würde man ihn für deinen Liebhaber halten, wäre er nicht in der Stadt, während du unauffindbar bist.«
India wandte sich wieder zum Fenster und presste die Stirn an die kühle Scheibe. »Hat die Hautevolee wirklich so wenig zu tun?«
»Offensichtlich.«
»Und du? War das der Zweck deines langen Aufenthalts in London? All den Klatschgeschichten zu lauschen? War es unterhaltsam für dich zu wissen, wo ich bin, während du all die Spekulationen vernahmst?«
»Nichts davon hat mich amüsiert«, betonte er.
»Oh, es ist unerträglich...«
»Trotzdem lässt du es geschehen.« Southertons Stimme nahm einen sanfteren Klang an. »Wer ist er, India? Wer war dein Beschützer, jedoch niemals dein Liebhaber? Wer bietet dir ein Dach über dem Kopf, Kleider und all die kleinen Dinge, die du dir wünschst, aber aus eigener Kraft niemals erwerben könntest? Wen fürchtest du? Milbourne? Montrose?«
»Das höre ich mir nicht an«, flüsterte sie und hielt sich die Ohren zu.
»Doch, das wirst du!« South trat hinter sie. Als er ihre Handgelenke umfasste und nach unten zog, wehrte sie sich nicht. »Sag mir seinen Namen!«
Über ihren Rücken rann ein Schauer, den sie nicht zu unterdrücken versuchte. »Das kann ich nicht.«
»Hast du Angst vor ihm?«, fragte Southerton und neigte sich vor.
India schwieg.
»Glaub mir, ich werde dich vor ihm schützen.«
Unglücklich schüttelte sie den Kopf. Dabei streifte ihre Wange seinen Mund. So zart wie Schmetterlingsflügel strichen seine Fingerspitzen einige goldene Haarsträhnen beiseite, und er hauchte einen Kuss auf die empfindsame Haut unterhalb ihres Ohrläppchens.
»Nein«, wisperte sie. Oder hatten ihre Lippen das Wort nur geformt? »Nein|...« In ihren Augen brannten Tränen.
Nach einer Weile richtete der Viscount sich auf, langsam und widerstrebend. Sein Kinn ruhte nun auf ihrem Scheitel. »Existiert er überhaupt, India? Daran zweifle ich allmählich.«
Sie war froh, dass er ihr wehmütiges Lächeln nicht sah, das Bedauern in ihrem Blick nicht las. Niemals durfte er
erfahren, wie schwer es ihr fiel, die Wahrheit für sich zu behalten.
»Willst du mir gar nichts erzählen?«, fragte er.
»Es ist unmöglich...«
Da ließ er ihre Handgelenke los und hob das Kinn. »Nicht einmal deinem Vaterland zuliebe? Das erscheint mir bedenklich.«
Zwischen South und dem Fenstersims gefangen, vermochte India sich kaum umzudrehen. Trotzdem gelang es ihr schließlich. Sie konnte sogar die Hände gegen seine Brust stemmen und ihn mit der ganzen Kraft ihres Zorns wegschieben.
Erstaunt schwankte Southerton, wich jedoch nicht von der Stelle. »Findest du das gerecht?«, mahnte er.
»Nein«, gestand sie und senkte die Arme.
»Möchtest du mir wehtun?«, schlug er ihr vor. »Soll ich dich wieder zu einem Faustschlag herausfordern?«
»So herablassend darfst du mich nicht behandeln!«
»Bitte,
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