Glut der Gefuehle - Roman
India|...«, seufzte er. »Irgendwelche Anhaltspunkte musst du mir liefern – und mit mir zusammenarbeiten.«
Entschlossen ging sie an ihm vorbei, und er hielt sie nicht fest, wofür sie ihm dankbar war. Dann wandte sie sich wieder zu ihm. »Genügt es nicht, dass ich die Entführung ohne Gegenwehr erduldet und niemals versucht habe, aus diesem Cottage zu fliehen? Nicht einmal gestern, nachdem|...« Ihr Blick glitt zum Bett hinüber, und der Satz blieb unvollendet. »Weshalb wirfst du mir vor, ich sei illoyal und würde meinem Land nicht dienen?«
»Wegen des Anschlags auf den Prinzregenten. Weil Kendall und Rutherford ermordet wurden. Und jetzt sind auch noch Gerüchte über eine Verschwörung gegen Mitglieder des Kabinetts aufgekommen. Einige der Minister
gelten als großzügige Förderer deines Theaters – und als besonders enthusiastische Bewunderer deiner Kunst.«
Sie begann am ganzen Körper zu zittern. Nur mühsam hielt sie sich auf den Beinen. »Nein, du glaubst doch nicht ernsthaft...« Die Worte erstarben in ihrer Kehle, und sie schluckte, bevor sie erschüttert hervorbrachte: »Niemals würde ich... Wie kannst du mir zutrauen, ich sei an alldem schuld?«
»Vermute ich das?« Am Ende seiner Weisheit, strich er sich mit allen Fingern durchs dunkle Haar. »Ich weiß es nicht... Du verwirrst mich immer wieder, India Parr.«
Plötzlich knickten ihre Knie ein. Aber South ergriff sie am Ellbogen, führte sie zu dem Stuhl mit der leiterförmigen Lehne und drückte sie darauf. »Du musst den Kopf senken.« Eine Hand an ihrem Nacken, half er ihr, sich vornüberzuneigen, bis ihre Stirn beinahe die Knie berührten. »Damit dein Blut wieder ordentlich fließen kann.«
Dazu müsste ich auf dem Kopf stehen, dachte sie. Doch South hatte in ihrer Welt ohnehin schon das Unterste zuoberst gekehrt.
Seine Anweisungen befolgend, holte sie ganz langsam und tief Atem. Dann erst entfernte er seine Hand von ihrem Nacken, und sie richtete sich auf.
»Besser?«, erkundigte er sich, und sie nickte. »Ich möchte dir helfen, India. Damit beantworte ich auch deine Frage, warum du hierher gebracht wurdest. Weil du Hilfe brauchst und nicht weißt, wie du darum bitten sollst. Oder du glaubst, du würdest keine verdienen.«
»Aber der Oberst...«
»... weiß, dass du bei mir bist.«
»Er ist damit also einverstanden?«
Die Stirn gerunzelt, ging South neben ihrem Stuhl in die Hocke. »Nicht direkt. Vor der Entführung informierte
ich ihn nicht über meine Absichten. Davon erfuhr er erst im Nachhinein.«
»Oh|...«
»Als er hörte, du hättest eine Aufführung versäumt – was über ein Jahr lang nicht geschehen war – und als er mich nicht aufspüren konnte|...« South zuckte die Achseln. »Beim Leichenschmaus für Westphal habe ich alles mit dem Oberst geklärt. Und diesmal gesteht er mir zu, die Wahrheit auf eigene Faust herauszufinden.«
Doch India verstand, was er nicht ausgesprochen hatte. »Weil du ihm keine Wahl lässt.«
Statt zu antworten, hob er wieder die Schultern.
»Du stellst dich demnach gegen ihn?«
Lächelnd schüttelte Southerton den Kopf. »So dramatisch ist es nicht. Ich wende nur andere Methoden an als er. Manchmal ist das sogar der Grund, warum er mir Aufträge erteilt.«
»Das begreife ich nicht.«
»Nun, er möchte sich nicht mit Lakaien umgeben, die willenlos seine Befehle befolgen. Gewisse Ereignisse, das Verhalten der Leute – manchmal beurteilt er Situationen falsch, wenn er sie von seinem Rollstuhl aus betrachtet. Natürlich verfügt er über nützliche Informationen. Aber wie er gerne zugibt, fehlt ihm manchmal der nötige Durchblick, um die Zusammengänge zu erkennen.«
»Und das kannst du?«
»Gelegentlich. Nicht immer. Jedenfalls würde mir der Oberst niemals verbieten, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Wenn ich nicht tun dürfte, was ich für richtig halte, wäre ich kein brauchbarer Mitarbeiter.« South stand auf und ging zum Waschtisch, füllte ein Glas mit Wasser und kehrte damit zu India zurück. »Trink das. Ich glaube, dein Mund ist staubtrocken.«
»Ja, danke|...« Sie ergriff das Glas und nahm einen Schluck. »Glaubt er, ich bin schuldig?«
»Zumindest hofft er, du würdest ihn vom Gegenteil überzeugen.«
Leise und freudlos lachte sie. Dann schaute sie unsicher zu ihm auf. »Also zweifelt er an mir.«
»Hilf mir, deine Unschuld zu beweisen, India!«
Was sollte sie darauf antworten? Gab es jemals eine Zeit, wo ich unschuldig war? Doch, natürlich – das ist
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