Glut der Herzen - Roman
schuldet mir einen Gefallen«, gab er zurück.
»Wie der arme Mensch, der in meiner Bank arbeitet.«
»Pierce hätte Sie nie verraten, falls Ihnen das Kummer bereitet. Er war nur einverstanden, Ihnen das Treffen vorzuschlagen, doch er stellte klar, dass es allein Ihre Entscheidung wäre, die Einladung anzunehmen oder nicht. Die spannendere Frage ist vielleicht, warum Sie einverstanden waren zu kommen.«
»Machen Sie sich nicht lächerlich«, sagte sie. »Mir blieb kaum eine andere Wahl. Wenn Sie Mr Pierce dazu bringen konnten, mich zu verraten, war es doch klar, dass Sie mich bald finden würden.«
Er gab keine Antwort. Ihre Folgerung war richtig. Er hätte sie aufgespürt, wenn Pierce nicht eingewilligt hätte, das Treffen zu arrangieren.
»Was genau ist Ihr Problem, Sir?«, fragte Adelaide. »Da Sie im Bordellgeschäft nicht mitmischen, wie ich weiß, haben Sie von meinem sozialen Engagement nichts zu befürchten.«
»Wieso sind Sie so sicher, dass ich keine Bordelle betreibe?«
Sie vollführte eine wegwerfende Handbewegung. »Die Mädchen, die ins Heim kommen, bringen jede Menge Gossenklatsch mit. Sie sammeln mehr Informationen, als ihre Freier und die Bordellbetreiber ahnen. Sie wissen genau, wer an dem Handel mit Fleisch beteiligt ist und wer nicht. Über Sie, Sir, sind viele Gerüchte im Umlauf, aber
keines bringt Sie mit diesem schmutzigen Geschäft in Verbindung.«
»Wie tröstlich, dass ich von Ihnen keine Überfälle zu befürchten habe«, entgegnete er höflich.
»Machen Sie sich über mich lustig, Sir?«
»Nein, Mrs Pyne. Ich fürchte um Ihr Leben. Es liegt auf der Hand, dass Sie es momentan auf Luttrells Freudenhäuser abgesehen haben. Er ist skrupellos und kennt kein Gewissen. Reue ist ihm fremd. Gier und Machtstreben sind seine Triebfedern.«
»Diese hervorragenden Eigenschaften werden gemeinhin bei einem Verbrecherboss vorausgesetzt«, sagte sie kühl. »Behaupten Sie, aus anderem Holz geschnitzt zu sein?«
»Ich dachte, wir hätten eben geklärt, dass ich mein Geld nicht mit Bordellen verdiene.«
Er gab sich Mühe, seinen Ärger nicht hörbar werden zu lassen. Würde ihre Begegnung länger dauern, würde er einen wirksamen Weg finden, sie wenigstens vorübergehend zum Schweigen zu bringen.
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte Adelaide. »Ich weiß sehr wohl, dass Sie sich charakterlich von Luttrell sehr unterscheiden. Er ist ein wahres Ungeheuer. Das Unglück, das er verschuldet, sehe ich immer dann, wenn ich ein Mädchen aus einem seiner Etablissements heraushole.«
»Sie sind bei zwei Überfällen auf seine Häuser ungeschoren davongekommen, doch ich bezweifle sehr, ob es Ihnen beim dritten Mal glückt.«
»Soll das eine Drohung sein, Sir? Wollen Sie damit sagen, dass Sie Luttrell meine Identität verraten werden, wenn ich mich weigern sollte, Ihnen zu helfen?«
Zorn flammte in ihm auf. Nun gab es keinen logischen Grund, warum sie ihm hätte trauen, geschweige denn seine Charaktereigenschaften schätzen sollen. Dennoch war es ihm unangenehm, dass sie ihm Erpressung zutraute.
»Ich bemühe mich, Sie zur Einsicht zu bringen, Mrs Pyne«, sagte er um Geduld bemüht. »Ich kam rasch dahinter, dass Sie nun Luttrells Bordelle aufs Korn nehmen werden. Sie können sicher sein, dass er bald zu demselben Schluss gelangen wird, wenn das nicht schon der Fall ist. Das Konzept ist deutlich erkennbar.«
»Wie ist das möglich? Drei der fünf Überfälle galten unabhängigen Bordellen.«
»Die ersten drei Überfälle waren Probeläufe Ihrer Strategie. Und als Sie bereit zu sein glaubten, schlugen Sie bei Ihrem eigentlichen Zielobjekt zu. Jetzt haben Sie vom Erfolg gekostet und wollen Luttrells Unternehmen endgültig sabotieren.«
»Warum sollte ich mich auf ihn konzentrieren?«
»Vermutlich weil er die jüngsten Frauen beschäftigt und die verderbteste Klientel bedient. Treffen Sie seine Hurenhäuser, bringen Sie auch einige sehr hoch gestellte Männer Londons in Verlegenheit. Indem Sie an Luttrell und seinen Kunden ein Exempel statuieren, hoffen Sie, andere, kleinere Bordelleigner einzuschüchtern.«
Sie seufzte. »Mein Plan ist so leicht zu durchschauen?«
Er zog die Schultern hoch. »Für mich schon. Ich wüsste nicht, warum Luttrell nicht auch dahinterkommen sollte. Er ist ja nicht dumm. Außerdem bin ich überzeugt, dass er selbst über ein beträchtliches Talent verfügt. Sie müssen
damit rechnen, dass seine Intuition mindestens so gut ist wie meine.«
Sie schwieg lange.
»Wie gut
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