Glut der Herzen - Roman
Geschichte erzählen«, setzte er vorsichtig an.
»Vielleicht können Sie sich kürzer fassen, wenn ich Ihnen sage, dass sich in meinem Besitz ein Gegenstand befindet, der meines Wissens Ihnen gehört. Ein Familienerbstück, vermute ich.«
Nun war es an ihm, verblüfft zu sein. Unmöglich, dachte er. Sie kann unmöglich die Lampe haben .
»Wovon reden Sie?«, fragte er schließlich.
»Ich meine ein antikes, vasenförmiges Gebilde, dessen Alter ich auf etwa zweihundert Jahre schätze. Es besteht aus einem goldähnlichen Metall. Der Rand ist mit undurchsichtigen grauen Kristallen besetzt.«
Freudige Hoffnung erfasste ihn. Zum ersten Mal seit Langem gestattete er sich dieses Gefühl.
»Zur Hölle«, entfuhr es ihm leise. »Sie haben die brennende Lampe gefunden.«
»So heißt das Ding? Jetzt da Sie es erwähnen … ja, es erinnert mich an eine antike Öllampe. Aber nicht aus Alabaster wie im alten Ägypten.«
»Woher wissen Sie, dass sie mir gehört?«
»Ich weiß es erst, seit ich Ihnen vor ein paar Minuten begegnete. Es hört sich unmöglich an, doch die Lampe ist von großen Mengen Traumlicht erfüllt. Das in der Lampe
enthaltene Energieschema ist mit Ihrem fast identisch. Ebenso weist der Gegenstand eindeutig Traumspuren eines Mannes Ihrer Blutlinie auf.«
Er konnte sein Glück nicht fassen. Er war heute in der Hoffnung hierhergekommen, sie zu überreden, ihm bei der Suche nach der Lampe zu helfen. Die Möglichkeit, dass sie diese bereits besaß, machte ihn ganz schwindlig und - angesichts seiner Natur nicht überraschend - argwöhnisch.
»Wie lange haben Sie die Lampe schon?«, fragte er ruhig, als triebe ihn nur seine Neugierde.
»Ich war fünfzehn, als sie in meinen Besitz gelangte.«
Ihre kühle Art verriet ihm, dass er auf diese Frage keine vollständige Antwort bekommen würde, vorläufig jedenfalls nicht.
»Wie gelangte sie in Ihren Besitz?«
»Ich glaube nicht, dass dies jetzt von Bedeutung ist«, sagte sie.
Eines nach dem anderen, sagte er sich. Er konnte warten. Der erste Schritt war es, sich zu vergewissern, dass sie die echte brennende Lampe besaß.
»Sie erwähnten, dass die Leuchte unansehnlich ist«, sagte er. »Wenn dem so ist, wundert es mich, dass Sie sie all die Jahre aufbewahrten.«
»Sie war mir ein großes Ärgernis, glauben Sie mir.«
»Warum?« Er merkte, dass er trotz dieser geradezu unglaublichen glücklichen Wendung nach dem Haar in der Suppe suchte.
»Erstens nahm sie mir bei meinen Reisen durch Amerika viel Raum im Koffer weg«, erklärte sie. »Aber das größere
Problem besteht darin, dass die Energie, die sie abgibt, sehr beunruhigend ist, auch für jene, die nicht viel Talent besitzen. Die Lampe gehört mit Sicherheit nicht zu den Stücken, die man gern auf dem Kaminsims stehen hat. Ehrlich gesagt bin ich froh, sie loszuwerden. Und Mrs Trevelyan freut sich ganz sicher mit mir.«
»Wer ist das?«
»Meine Haushälterin. Sie besitzt keine psychischen Fähigkeiten, zumindest nicht in größerem Maße als der Durchschnittsmensch, aber allein die Nähe der Lampe macht sie ängstlich und verursacht ihr Unbehagen. Sie verbannte den Gegenstand auf den Speicher.«
Eine Flut von Fragen überflutete sein Bewusstsein. Er begann mit der drängendsten.
»Warum haben Sie das Ding behalten, wenn Sie es so beunruhigend fanden?«, fragte er.
»Keine Ahnung.« Sie warf einen Blick auf das Gefäß auf dem Sockel. »Aber Sie wissen ja, was es mit paranormalen Artefakten jeglicher Art auf sich hat. Sie besitzen eine gewisse Faszination, zumal für jene von uns, die Talent besitzen. Und wie ich schon sagte, ist es keine Frage, dass die Lampe mit Traumlicht aufgeladen ist. Ich fühle mich zu dieser Art von Energie hingezogen. Daher konnte ich mich von der Lampe nicht trennen.«
Er atmete auf, noch immer bemüht, seine überwältigende Erleichterung zu dämpfen. Es sah aus, als wäre die Lampe gefunden worden und er stünde vor der Frau, die imstande war, sie für ihn nutzbar zu machen. Aber noch immer bestand die sehr reale Möglichkeit, dass Adelaide Pyne vielleicht nicht stark genug war, um die gefährlichen
Energien, mit denen Nicholas das Innere der Lampe aufgeladen hatte, zu manipulieren.
Es gab auch noch andere, ebenso unangenehme, aber plausible Möglichkeiten, selbst wenn es sich zeigte, dass Adelaides Kräfte ausreichten. Sie konnte ihn unabsichtlich oder sogar absichtlich mit der Strahlung der Lampe töten. Oder sie konnte sein Talent, absichtlich oder nicht,
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