Glut der Herzen - Roman
Harper stand auf und trat vor. »Sollten Sie in dieser Generation von einem Harper nichts brauchen, wird die Verpflichtung in der Familie weitergereicht. Wir Harpers bleiben nichts schuldig. Falls einer Ihrer Nachfahren unsere Hilfe benötigt, werden wir ihm nach besten Kräften beistehen.«
»Ich werde versuchen, während meiner eigenen Lebenszeit auf Ihr Angebot zurückzukommen«, sagte Griffin bar aller Emotion.
Adelaide spürte ihre Intuition prickeln. Sie ahnte, dass Griffin nicht die Absicht hatte, Nachkommen in die Welt zu setzen. Das erklärte auch, warum er nicht verheiratet war, obwohl er durch und durch Mann war, wie sie in der vergangenen Nacht hatte feststellen können. Sie fragte sich, was ihn zu der Entscheidung bewogen hatte, keine Familie zu gründen.
Immerhin, dachte sie, habe ich selbst eine ähnliche Entscheidung getroffen.
30. KAPITEL
»Eines wissen wir ganz sicher von Norwood Harper.« Griffin rollte eine Landkarte auf dem Tischchen nahe dem Fenster auf. »Er ist ein Dummkopf.«
»Weil er eine seiner Fälschungen an einen verrufenen, skrupellosen Gangsterboss verkaufte, der nicht zögern wird, an ihm ein Exempel zu statuieren?«, fragte Adelaide.
»Du musst zugeben, dass dieses Geschäft nicht eben für seinen gesunden Menschenverstand spricht.«
»Ich denke, der Künstler in ihm gewann die Oberhand«, sagte Adelaide.
Sie stellte zwei Teetassen auf den Tisch und sah zu, wie Griffin einen Kreis auf der Karte zog.
»Machst du das oft?«, fragte sie.
»Mich in Räumlichkeiten zurückziehen, von denen niemand weiß, dass sie mir gehören, während ich mir überlege, wie man am besten die unbekannte Person oder Personen auslöscht, die zwei mit einer Vielzahl höllischer Geräte ausgestattete Talente ausschickte, um mein Haus in die Gewalt zu bekommen?« Griffin blickte von der Karte nicht auf. »So selten, wie möglich, kann ich dir versichern. Es ist sehr unbequem.«
Sie setzte sich ihm gegenüber und ließ den Blick durch den kleinen Raum wandern, Griffin hatte sie nach dem
Treffen mit den Harpers hierher gebracht. Nachdem sie den Buchladen gesehen hatte, der ihm als Büro diente, war sie nicht weiter erstaunt, dass sein Schlupfwinkel aus zwei kleinen Kämmerchen über einem Laden mit heruntergelassenen Jalousien in einer weiteren namenlosen Gasse bestand. Verbrecherbosse legten offenbar in ihren Verstecken keinen Wert auf Luxus und Annehmlichkeiten.
»Ich meinte deine neuen Klienten«, erwiderte sie.
»Ach ja, die Harpers.« Er setzte sich und griff nach einer Teetasse. »Ehrlich gesagt, habe ich wenig Hoffnung, dass Norwood noch am Leben ist.«
»Aber wenn er noch lebt, wirst du versuchen, ihn zu retten.«
Er trank einen Schluck und senkte die Tasse. »Mal sehen, was sich machen lässt. Vielleicht kann man mit Luttrell verhandeln.«
»Warum? Du wirst doch sicher nie eine Gefälligkeit von einer Familie von Fälschern brauchen.«
»Psychisch begabter Fälscher«, rief er ihr in Erinnerung. Er zog die Schultern hoch. »Die Harpers haben echtes Talent für die Arbeit. Könnte ja sein, dass ich eines Tages ihre Fähigkeit brauche.«
»Oder einer deiner Nachkommen braucht einen Gefallen von ihnen«, deutete sie leise an.
Sie hielt den Atem an, wohl wissend, dass sie gegen ein unsichtbares Tor stieß, doch sie konnte nicht widerstehen. Das Verlangen, alle Geheimnisse Griffins aufzudecken, war neuerdings bei ihr zur Besessenheit geworden.
»Nicht sehr wahrscheinlich«, sagte Griffin, der seine Tasse mit einer gewissen Endgültigkeit abstellte.
Sie runzelte die Stirn. »Warum sagst du das?«
»Die Welt, in der ich lebe, ist gefährlich, Adelaide. Ich möchte keine Frau, geschweige denn ein Kind in diese Welt setzen. Einmal versuchte ich es, als ich jünger war und noch romantischere Ansichten über das Leben hatte.«
»Du warst verheiratet?« Sie war verblüfft. Auf diese Tatsache war sie nicht gefasst.
»Mit einundzwanzig verliebte ich mich. Sie war neunzehn, aber schon seit einigen Jahren auf sich gestellt. Sie wusste, wie es auf der Straße zuging, und kannte meine Welt.«
»Wie seid ihr einander begegnet?«
»Rowena hatte ein gewisses Talent, Auren zu deuten, und einen guten Kopf fürs Geschäftliche. Sie verdiente sich ihr Geld als Wahrsagerin. Auf diese Weise erfuhr sie von vielen Geheimnissen. Schon damals jagte ich so wie jetzt ständig Informationen nach. Ich tat ihr also einen Gefallen.«
»Welcher Art war dieser Gefallen?«
»Ich befreite sie von einem Klienten,
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