Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise
während Cam Rohan und Poppy auf Sesseln Platz nahmen. Beatrix kauerte auf einem Schemel zu Kevs Füßen. Die Frauen sahen gut aus, dachte Kev … alle drei elegant gekleidet und gepflegt, das dunkle Haar zu aufwendigen Hochsteckfrisuren aufgetürmt, bis auf Beatrix, die zwei einfache Zöpfe trug.
Insbesondere Amelia schien glücklich zu sein, lachte unbeschwert und strahlte vor sichtbarer Zufriedenheit, die nur eine gute Ehe mit sich brachte. Poppy war zu einer wahren Schönheit herangewachsen, mit ihren feinen Gesichtszügen und dem satten kastanienbraunen Haar … eine wärmere, zugänglichere
Version von Wins zarter blonder Vollkommenheit. Beatrix hingegen war kleinlaut und dünn. Außenstehende hätten sie für ein normales, fröhliches Mädchen gehalten. Aber Kev entgingen die kaum merklichen Anzeichen angespannter Besorgnis in ihrem Gesicht nicht.
»Was ist in der Schule passiert?«, fragte Kev unverblümt wie immer.
Beatrix ließ sich nicht zweimal bitten. »O Merripen, es war alles meine Schuld! Die Schule ist schrecklich. Ich hasse sie. Ich habe ein oder zwei Freundinnen gefunden, und es hat mir leidgetan, sie zu verlassen. Aber ich bin mit den Lehrern nicht zurechtgekommen. Im Klassenzimmer habe ich immer das Falsche gesagt, die falschen Fragen gestellt …«
»Anscheinend«, sagte Amelia mit einem Augenzwinkern, »war die hathawaysche Methode des Lernens und Diskutierens nicht gern gesehen.«
»Und ich hatte manchmal Streit«, fuhr Beatrix fort, »weil ein paar Mädchen behaupteten, ihre Eltern hätten ihnen verboten, sich mit mir abzugeben, weil wir Zigeuner in der Familie hätten, und ich womöglich auch eine sei. Ich habe ihnen gesagt, dass ich es zwar nicht bin, dass aber auch dann kein Grund bestünde, sich zu schämen, wenn ich eine wäre. Außerdem habe ich sie als hochnäsig bezeichnet, und daraufhin haben wir uns gekratzt und an den Haaren gezogen.«
Kev fluchte leise und blickte zu Rohan, der wütend aussah. Ihre Anwesenheit in der Familie war eine Belastung für die Hathaway-Schwestern … und dennoch konnten sie nichts dagegen tun.
»Und dann«, sagte Beatrix, »sind meine Probleme auf einmal wieder aufgetaucht.«
Alle verstummten. Kev streckte den Arm aus und legte ihr liebevoll die Hand auf den Kopf. » Chavi «, murmelte er, ein Kosewort der Roma für ein junges Mädchen. Da er nur sehr selten die alte Sprache benutzte, riss Beatrix die Augen auf und sah ihn überrascht an.
Beatrix’ Problem war zum ersten Mal nach Mr Hathaways Tod aufgetreten, und kam in Zeiten der inneren Unruhe und Besorgnis zum Vorschein. Es war ein heftiger Drang, Dinge zu stehlen, normalerweise unbedeutende Kleinigkeiten wie Bleistifte oder Lesezeichen oder eigentümliches Essgeschirr. Manchmal erinnerte sie sich nicht einmal mehr daran, etwas entwendet zu haben. Anschließend plagten sie jedoch qualvolle Schuldgefühle, und es kostete sie große Mühe, die Gegenstände ihrem wahren Besitzer zurückzugeben.
Kev nahm die Hand von ihrem Kopf und sah zu ihr hinab. »Was hast du genommen, kleines Frettchen?«, fragte er sanft.
Sie wirkte verärgert. »Haarspangen, Kämme, Bücher … unwichtiges Zeug. Und dann habe ich versucht, alles wieder an seinen rechtmäßigen Platz zu legen, aber ich konnte mich nicht erinnern, wem was gehörte. Es gab einen riesigen Wirbel, und ich habe gestanden und wurde aufgefordert, die Schule zu verlassen. Und jetzt werde ich nie eine echte Dame werden.«
»Doch, das wirst du«, entgegnete Amelia rasch. »Wir werden eine Gouvernante anstellen, was wir schon von Anfang an hätten tun sollen.«
Beatrix sah sie zweifelnd an. »Ich will keine Gouvernante, die für unsere Familie arbeitet.«
»Oh, wir sind nicht so schlimm …«, setzte Amelia an.
»Natürlich sind wir das«, erklärte Poppy. »Wir sind sonderbar, Amelia. Das habe ich dir schon immer gesagt. Wir waren schon ein eigentümlicher Haufen, bevor du Mr Rohan in die Familie gebracht hast.« Mit einem schnellen Seitenblick auf Cam fügte sie hinzu: »Nichts für ungut, Mr Rohan.«
Seine Augen glitzerten vor Belustigung. »Schon in Ordnung.«
Poppy wandte sich an Kev: »Egal, wie schwierig es sein wird, eine anständige Gouvernante zu finden, so bleibt uns keine andere Wahl. Ich brauche Hilfe. Meine Einführung in die Gesellschaft hat sich zu einer echten Katastrophe entwickelt, Merripen.«
»Es sind doch erst zwei Monate vergangen«, sagte Kev verwirrt. »Wie kann es in einer solch kurzen Zeit zu einer Katastrophe
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