Glut der Versuchung
ihre diesbezüglichen Aussichten ohnehin nicht gefährdet.«
Die beiden Frauen schwiegen eine Welle lächelnd, bevor Fanny fragte: »Tanzt du gar nicht? «
Roslyns Lächeln wurde zu einer angedeuteten Grimasse. »In den neuen Schuhen schmerzen meine Füße. Marcus bestand darauf, uns alle mit einer komplett neuen Garderobe auszustatten, und ich hatte noch keine Gelegenheit, meine Schuhe einzulaufen.«
»Mir fiel auf, dass du seit der Trauung nicht mehr mit dem Duke gesprochen hast.«
Diese Bemerkung entlockte Roslyn ein wehmütiges Seufzen. Sie hatte Fanny eine verkürzte Zusammenfassung dessen gegeben, was auf dem Maskenball geschehen war, bei der sie jedoch ausgelassen hatte, dass es zu mehr als einem Kuss gekommen war. »Nein, habe ich nicht, aber ich mus s es wohl irgendwann. Arden ver langt eine Erklärung und droht, Marcus zu unterrichten. Er glaubt, ich hätte das Vertrauen seines Freundes missbraucht, was nicht ganz richtig ist, da ich, als ich mit dir auf den Ball ging, bereits von Marcus aus der Vormundschaft entlassen war. Mithin war ich nicht als sein Mündel dort. «
»Warum sagst du Arden nicht einfach die Wahrheit? So verwerflich sind deine Motive doch nicht. «
Roslyn lachte. »Ich bezweifle, dass er meinen Wunsch verstünde, Lord Haviland in mich verliebt zu machen. Und je weniger ich mit dem Duke of Arden zu tun habe, desto besser.«
Amüsiert schürzte Fanny die Lippen und nickte zur einen Seite des Ballsaals. »Offenbar teilen nicht alle anwesenden Damen diese Ansicht.«
Roslyn folgte ihrer Geste und sah Arden im Gespräch mit einem halben Dutzend Hochzeitsgästen. Natürlich stand er im Mittelpunkt, und das nicht nur weil er zu den höchsten Adelskreisen gehörte. Seine eindrucksvolle Erscheinung war einfach unübersehbar. Sie und seine atemberaubende, maskuline Ausstrahlung zogen das andere Geschlecht magnetisch an.
»Ja, die Damen drängeln sich um ihn«, pflichtete Roslyn ihrer Freundin bei.
»Und nicht nur die Damen«, entgegnete Fanny. »Alle Jungen Burschen in London versuchen, mit seinen sportlichen Erfolgen mitzuhalten. Zudem respektieren ihn sowohl die Whigs als auch viele der Tories wegen seiner politischen Ansichten. Arden nimmt seinen Sitz im Oberhaus recht ernst.«
Roslyn stutzte. Dass der Duke ein hervorragender Sportler war, verwunderte bei seiner Statur nicht. Doch dass er sich auch für die Regierungsgeschäfte interessierte, überraschte sie.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle nicht, dass er ein ideales Vorbild sein mag, doch mir erscheint er ein bisschen zu arrogant. Am Abend des Maskenballs erwartete er eindeutig von mir, ihm sofort zu Füßen zu fallen.«
»Arrogant vielleicht, aber gut aussehend, gib's zu«, sagte Fanny.
Roslyn gab zu, dass Fanny Recht hatte. Der Duke war unglaublich attraktiv. Sein dunkelblondes Haar erinnerte an die Farbe edlen Bernsteins, und er besaß wohlgeformte, aristokratische Züge.
Aber physische Schönheit hatte Roslyn noch nie beeindruckt. Die Erscheinung eines Menschen sagte wenig über dessen Charakter aus. Sie selbst war viel zu oft schon falsch beurteilt worden, glaubten doch viele Leute, dass sie schön war, würde bedeuten, sie hätte weder Verstand noch klare Prinzipien.
Genau genommen betrachtete Roslyn ihre eigene Schönheit nicht selten als einen Fluch. Und sie vermutete, Arden hegte in Bezug auf sie dieselben Vorurteile wie so viele andere. Mit seiner lässigen Eleganz und dem imposanten Auftreten war er der Inbegriff männlicher Vollkommenheit, auch wenn Roslyn gestehen musste, dass sie sein zynisches Lächeln am meisten von allem reizte.
Und natürlich hatte sie einige seiner übrigen maskulinen Attribute aus nächster Nähe kennengelernt: seinen starken, festen Körper, seine magischen Hände, seinen heißen, sinnlichen Mund ...
Sie richtete sich kerzengerade im Sessel auf. Hatte sie nicht geschworen, die erotischen Bilder für immer aus ihrem Gedächtnis zu verbannen?
Fraglos war sie nicht die einzige Frau heute Abend, die Arden faszinierend fand. Besonders himmelte ihn Miss Sybil Newstead an, eine Schülerin der Akademie, die viel zu unverhohlen flirtete und häufig Probleme machte. Sie sah zu ihm auf und klebte buchstäblich an seinen Lippen. Als das Mädchen jedoch keck die Hand auf seinen Arm legte, lüpfte er eine Braue und blickte so ostentativ auf ihre Finger, dass Sybil sie gleich wieder zurückzog.
Unweigerlich musste Roslyn schmunzeln, weil das Mädchen tiefrot wurde. Es geschah ihr nur recht,
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