Glut der Versuchung
auf ihren schmalen Rücken zu sehen. Unterdes rang er mit den widersprüchlichsten Gefühlen -Neugier, Groll, Missbilligung. Er war gleichermaßen fasziniert wie beunruhigt.
»Roslyn ist ziemlich schön, nicht wahr?«, flüsterte Eleanor. »Wäre ihre Familie nicht in Ungnade gefallen, würde sie als die begehrteste junge Dame von allen gelten. «
Sie war für-wahr wunderschön, musste Drew zugeben. Ihr Haar war blassgolden, von der Farbe edlen Champagners. Und mit ihrer großen schmalen Gestalt und den edlen Gesichtszügen hatte sie den Liebreiz feinsten Kristalls.
Eleanor nahm sein Schweigen offensichtlich als Zustimmung. »Man sieht es ihr nicht an, aber Roslyn ist außerdem noch die Klügste und Wissbegierigste der drei Schwestern.«
»Wissbegierig?«, wiederholte Drew ungläubig.
»Oh ja! Sie beherrscht sogar Latein. Sie hat beinahe jedes Buch in der Bibliothek ihres verstorbenen Onkels gelesen, und Marcus schickt ihr Bücher aus seiner eigenen Bibliothek in London. Ihre Zartheit täuscht. Lily hingegen ist ein rechter Wildfang. Sie ist die Leidenschaftliche in der Familie. «
Heath kam zu ihnen, gerade rechtzeitig, um Eleanors letzte Bemerkung zu hören. Er beugte sich zu ihnen und murmelte amüsiert: »Marcus hat Recht, Drew. Miss Roslyns Erscheinung ist einer Duchess durchaus würdig.«
»Red keinen Unsinn, alter Narr«, raunte Drew.
Bei aller gegenseitigen Anziehung, wollte Drew nichts mit jungen, heiratsfähigen Damen wie den Loring-Schwestern zu schaffen haben. Einen Großteil seines Lebens schon wurde er von gierigen Müttern und Töchtern belästigt, die nur ein einziges Ziel im Kopf hatten einen wohlhabenden Duke zu zähmen und mittels Eheschließung einzufangen. Die Vorstellung, lebenslang an ein habsüchtiges Frauenzimmer gekettet zu sein, ließ ihn erschaudern.
Roslyn Loring mochte weniger materiell orientiert sein, dennoch hatte er gewiss kein Verlangen, sich einen Strick umlegen zu lassen, indem er sie ehelichte - was fraglos geschehen wäre, hätte er sie in jener Nacht verführt.
Drew war ungeheuer erleichtert, dass er dem Desaster knapp entkommen war. Wegen seines Irrtums in Bezug auf ihre Identität, wäre er beinahe gezwungen gewesen, um ihre Hand anzuhalten.
Ja, hätte Roslyn sich nicht so hartnäckig gesträubt, hätte er glauben können, dass sie ihn absichtlich auf den Balkon lockte. Sie wäre nicht die erste Dame gewesen, die sich seinen Antrag zu sichern versuchte, indem sie ihn in eine kompromittierende Situation brachte.
Doch was auch immer ihr Grund war, den Maskenball zu besuchen, er würde ihn herausfinden.. Falls das Mündel seines Freundes willentlich einen Skandal oder Schlimmeres, echte Gefahr, heraufbeschwor, musste Marcus davon wissen.
Seine Gedanken wurden unterbrochen, als Braut und Bräutigam ihre Plätze vorm Altar einnahmen. Die Menge verstummte, und einen Moment später begann der Vikar mit der Trauung.
»Liebes Brautpaar ... «
Drew lehnte sich zurück und wappnete sich für die öde Zeremonie. Er mochte keine Hochzeiten. Genau genommen verabscheute er sie, weil sie den Auftakt zur Gefangenschaft eines Mannes in der Ehe bildeten. Und diese Hochzeit war ganz besonders bedauerlich, band Marcus sich in ihr doch an eine junge Dame, die er erst seit einer lächerlich kurzen Zeit kannte. Bevor er Arabella begegnete, war Marcus ein eingeschworener Junggeselle gewesen. Dann verliebte er sich Hals über Kopf in sie.
Drew lag viel an seinem Freund, und er hoffte, dass Marcus keine bittere Enttäuschung erlebte, hielt sie jedoch für unvermeidlich.
Während der Vikar redete und redete, wanderte Drews Blick wieder über den Mittelgang zu Roslyn. Kerzengerade saß sie da und folgte der Zeremonie mit ernstem Interesse.
Ein weiteres Mal dachte Drew an jenen Abend zurück, als er sie erstmals gesehen hatte. Er erinnerte sich an ihren Duft; zart und verlockend. Und er erinnerte sich, wie sie sich in seinen Armen angefühlt hatte, wie süß und scheu sie auf seinen ersten Kuss reagierte.
Den zweiten Kuss hatte sie ungleich leidenschaftlicher erwidert, ebenso wie sie seine erotischeren Liebkosungen wonnig aufnahm. Er verstand sich hervorragend darauf, die Reaktionen seiner Geliebten zu deuten, folglich wusste er, dass sie ihm nichts vorspielte.
Und zugegebenermaßen war er selbst auch stärker hingerissen gewesen als sonst. Selten war er so ungestüm, so leidenschaftlich, so verzaubert von einer Frau gewesen. Eigentlich entsann er sich nicht, jemals ein solch
Weitere Kostenlose Bücher