Glut der Versuchung
«
»Zum einen sieht er mich nicht als Spatzenhirn oder Objekt seiner Begierde. Und zum anderen mag ich ihn sehr. Er ist klug und freundlich, und er teilt meinen Sinn für Humor. Außerdem hat er Kinder gern und behandelt seine alte Großmutter sehr liebevoll. Dass er sich nicht blind jedem gesellschaftlichen Diktat unterwirft, kann für mich überaus günstig sein. Angesichts seiner rebellischen Züge dürfte er eher gewillt sein als die meisten anderen Adligen, eine Frau zu seiner Countess zu machen, die von einem Familienskandal belastet ist.«
»Dann sind es nicht bloß sein Vermögen und sein Titel, die Sie ansprechen?«
Roslyn schüttelte energisch den Kopf. »Nicht Vermögen und Titel machen einen Mann bewundernswert, Durchlaucht. Lord Haviland gab eine aufregende Karriere auf, um seine familiären Pflichten zu erfüllen. Ich bewundere seine Bereitschaft, die Verantwortung über seine persönlichen Wünsche zu stellen.«
»Erwarten Sie von mir, Ihnen zu glauben, dass Sie keinerlei Interesse an seinem Vermögen haben?«
Sie sah den Duke verärgert an, der offenbar wild entschlossen war, das Schlechteste von ihr zu denken. »Glauben Sie, was immer Sie wollen, aber für mich ist Vermögen keine Voraussetzung für Glück, zumindest nicht, solange man hinreichend Einkommen hat, um zu leben.« Sie lächelte verbittert. »Vor vier Jahren standen wir vor diesem Problem. Damals erwog ich, eine Vernunftehe einzugehen, damit ich meine Schwestern unterstütze . Wir waren mittellos, entehrt und vollkommen abhängig von unserem Stiefonkel. Daher war ich bereit zu heiraten-, um meinen Schwestern eine unglückliche Ehe zu ersparen. Aber dann kam Arabella die Idee mit unserer Akademie, und Lady Freemantle bot uns ihre finanzielle Unterstützung an. Sie beauftragte uns, die Gebäude und die Lehrpläne zu entwerfen, und seit wir sieben Monate später eröffneten, sind wir unabhängig und frei, unsere Zukunft selbst zu bestimmen.«
»Und jetzt hat Marcus großzügig für Sie gesorgt. Soweit ich es verstehe, bräuchten Sie gar nicht zu heiraten, wenn Sie nicht wollen. «
»Aber ich will heiraten. Ich möchte keine alte Jungfer werden, sondern wünsche mir eine Familie ... Kinder.«
Ardens Mundwinkel zuckten. »Wie unendlich langweilig das klingt.«
Roslyn lächelte. »Mag sein, doch ich bin sicher, dass ich es genießen werde. «
» Leidenschaft ist keine Voraussetzung in Ihrer Ehe? «
Sie fühlte, wie sie errötete. »Leidenschaft wäre erfreulich, ist jedoch nicht wesentlich. Was ich mir wünsche, ist Treue. « Als er sie verständnislos ansah, erklärte sie: »Sie haben vielleicht von den unzähligen Mätressen meines Vaters gehört. Seine Affären haben meine Mutter sehr unglücklich gemacht und sie so verletzt und erniedrigt, dass sie sich am Ende selbst einen Liebhaber nahm. Ich könnte solche Affären und Treuebrüche in meiner Ehe niemals ertragen. Ein Ehemann, der mich liebt, wird weniger geneigt sein, sich außerhalb des Ehebettes vergnügen zu wollen.«
»Und Sie denken, Sie können Haviland dazu bringen, sich in Sie zu verlieben? «
»Ich hoffe es. Andernfalls heirate ich ihn nicht.«
Drew schaute sie eine Weile an, ihr ernstes Gesicht, die großen blauen Augen. Ja, sie sprach wirklich aus Überzeugung, stellte er fest. Vielleicht war Roslyn Loring doch nicht so berechnend wie er vermutet hatte. Sie hatte schlicht einen logischen, vernünftigen Plan entworfen, wie sie erreichte, was sie wollte.
»Offenbar haben Sie gründlich darüber nachgedacht«, sagte er.
»Habe ich«, bestätigte Roslyn, deren wunderschöne Züge sich merklich entspannten.
Drew wandte rasch den Blick ab und leerte sein Weinglas. Ihm war unbegreiflich, warum er ständig das Bild einer verletzlichen Roslyn im Kopf hatte, war sie doch allem Anschein nach eine der selbstbewussteren Frauen. Womöglich lag es an dem, was Marcus ihm von den aufdringlichen Bewunderern erzählte, die sie abwehren musste. Ihre außergewöhnliche Schönheit, gemeinsam mit ihrem mangelnden Vermögen und der Gleichgültigkeit ihres früheren Vormunds hatten sie zwangsläufig zum begehrten Objekt für Wüstlinge und Schurken gemacht.
Was er bisher über sie wusste, weckte die widersprüchlichsten Empfindungen in ihm. Er stand auf und durchquerte den Salon, um ihre Gläser nachzufüllen. Als er zurückkam, reichte er Roslyn ihres, blieb jedoch stehen.
Sie dankte ihm und sah ihn lächelnd an. »Sie werden Lady Freemantle ihre durchschaubaren Listen hoffentlich
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