Glut der Versuchung
nicht erklären, warum Roslyn ein solch heftiges Begehren in ihm weckte, aber er hatte nicht vor, sich von seinem Verlangen nach ihr überwältigen zu lassen.
»Du wärst wahnsinnig, diese Grenze zu überschreiten«, murmelte Drew vor sich hin.
Rastlos wanderte er durch die Bibliothek. Leider blieben seine Gedanken bei Roslyn. Sie war höchst gefährlich für ihn, und das nicht nur, weil er sich ungewöhnlich stark zu ihr hingezogen fühlte. Nein, ihr gelang es überdies viel zu leicht, seine Schutzmauern zu durchbrechen. In Gegenwart vornehmer junger Damen war er nie entspannt, ausgenommen Marcus' Schwester Eleanor. Bei allen anderen blieb er stets distanziert und auf der Hut, falls sie ihn in die Ehefalle locken wollten. Und dennoch schien es ihm vollkommen natürlich, bei Roslyn ganz er selbst zu sein.
Dem nachzugeben war ausgeschlossen. Roslyn stand nicht nur unter Marcus' Schutz, ermahnte Drew sich, sondern er hatte ihr auch noch seine Hilfe versprochen, die Zuneigung eines anderen Mannes zu gewinnen.
Plötzlich runzelte er die Stirn, als ihn eine idiotische Anwandlung von Eifersucht überkam. Er hatte keinerlei Recht, eifersüchtig zu sein. Und eigentlich wollte er ihr helfen, Haviland schnellstmöglich zu ihrem Verehrer zu machen, damit sie endlich aufhörte, ihm durch den Kopf zu spuken und, schlimmer noch, durch seine Fantasie.
Es könnte allerdings noch etwas dauern, denn Haviland schien in ihr vor allem eine freundliche Nachbarin zu sehen, weniger eine potenzielle Braut. Auch Roslyns Gefühle für ihn waren noch nicht vollständig erblüht, wie sie gestanden hatte. Zudem hatte Drew sie gestern aufmerksam mit dem Earl beobachtet und bemerkt, dass sie zwar ausgesprochen liebenswürdig gewesen waren, es indes kaum Anzeichen gab, dass sie mehr als Freunde wären. Und dabei hoffte sie doch auf so viel mehr.
Er fragte sich, wie viel Erfolg sie in diesem Moment haben mochte, und schritt unwillkürlich zum Fenster.
Im Geiste schalt er sich, dass es ihn überhaupt kümmerte und blickte hinab auf die Fensterbank, in der Roslyn bei seiner Ankunft gesessen hatte. Als er den dicken Wälzer aufnahm, in dem sie gelesen hatte, zuckten seine Mundwinkel ... Band VII von William Cobbetts Geschichte des englischen Parlaments.
Amüsiert und bewundernd zugleich, schüttelte Drew den Kopf. Roslyns zarte Schönheit bildete einen höchst faszinierenden Kontrast zu ihrem gelehrten Verstand.
Drew hatte Intellekt und Bildung stets zu schätzen gewusst. An der Universität war er ein eifriger Student gewesen, und die Bibliothek in seinem Londoner Stadthaus war noch weit umfangreicher als diese hier. Folglich konnte er gar nicht anders, als erfreut zu sein, einer Frau zu begegnen, deren Wissenshunger ebenso groß war wie seiner.
Als ihm wieder einfiel, dass Roslyn bedauerte, nie Griechisch gelernt zu haben, musste er grinsen. Sie war ganz gewiss kein schönes Spatzenhirn. Vielmehr war sie außerordentlich belesen, gebildet und von einer wachen Intelligenz, die selbst für einen Mann seines Kalibers eine Herausforderung darstellte.
Er selbst hatte bereits alle zwölf bisher erschienen Bände von Cobbetts Parlamentsgeschichte gelesen und die künftigen beim Verleger vorbestellt. Trotzdem setzte er sich jetzt mit Band VII in die Fensterbank, wo er sich die Zeit bis zu Roslyns Rückkehr mit Lesen vertreiben wollte.
Vielleicht hätte sie als Junge geboren werden sollen, sinnierte Drew, immer noch amüsiert, aber es wäre ein Jammer gewesen, solch beachtliche Schönheit an einen Mann zu verschwenden. Eine Schönheit, die sie nicht einmal schätzte.
Achtes Kapitel
Warum fühle ich mich so ärgerlich zu einem Mann hingezogen, während ich doch einen ganz anderen will?
Roslyn an Fanny
Eine Stunde später kehrte Roslyn zurück, verstimmt und maßlos enttäuscht von sich selbst. Lieber wäre sie dem Duke jetzt nicht unter die Augen getreten, aber er wartete wie versprochen in der Bibliothek auf sie.
»Und, wie gestaltete sich Ihre Verführung? «, fragte er, als sie hereinkam.
»Nicht so gut, wie ich gehofft hatte.« Sie ging quer durch den Raum und sank in einen der Sessel.
Arden verließ seinen Platz in der Fensterbank und setzte sich ihr gegenüber aufs Sofa. »Ist das alles, was Sie zu berichten gedenken? Haben Sie versucht, unseren Rat zu nutzen? «
Roslyn lächelte gequält. »Oh ja, das habe ich. Aber ich war viel zu unsicher, um damit Erfolg zu haben. «
Der Duke sah sie interessiert an. »Dann gelang
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